Illegale Absprachen Schlappe für Siemens
03.03.2011, 14:24 UhrSiemens erleidet eine schwere Niederlage. EU-Richter weisen eine Klage des Unternehmens gegen ein 400-Millionen-Euro-Bußgeld ab. Nun bleibt nur noch der Gang vor den EU-Gerichtshof.
Siemens hat erfolglos gegen ein EU-Bußgeld von knapp 400 Mio. Euro geklagt. Eine von den Brüsseler Wettbewerbshütern verhängte Strafe wegen illegaler Preis- und Marktabsprachen ist gerechtfertigt, urteilten Richter des EU-Gerichts erster Instanz. Lediglich Bußgelder gegen andere Kartellteilnehmer müssen nach unten korrigiert werden, um die Verhältnismäßigkeit der Strafen zu gewährleisten.
Die Wettbewerbshüter der Europäischen Kommission hatten 2007 insgesamt 750,7 Mio. Euro Strafgelder gegen ein Kartell von Unternehmen aus der Elektrobranche verhängt. Darunter waren neben dem Münchner Siemens-Konzern auch Alstom, Areva und Schneider aus Frankreich sowie Hitachi, Mitsubishi und Toshiba aus Japan. Den Deutschen wurde mit 396,6 Mio. Euro der Löwenanteil aufgebrummt. Siemens spielte nach Einschätzung der EU-Kommission eine Schlüsselrolle in dem Kartell. Negativ auf die Höhe der Strafe wirkte sich zudem der Marktanteil und die Größe des Unternehmens aus.
Ob Siemens gegen das Urteil der ersten Instanz vorgeht, war zunächst unklar. Gegen die Entscheidung des EU-Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten ein auf Verfahrensfragen beschränktes Rechtsmittel beim EU-Gerichtshof eingelegt werden.
Bei den Absprachen ging es um sogenannte gasisolierte Schaltanlagen. Mit ihnen werden Energieflüsse in Stromnetzen kontrolliert. Brüssel warf den Unternehmen vor, über einen Zeitraum von mehr als 16 Jahren illegal Absprachen zum Nachteil der Kunden getroffen zu haben. Dabei ging es konkret um Angebotsmauscheleien bei Ausschreibungen, Preisabsprachen, Projekt- und Marktaufteilung sowie den Austausch geschäftlich wertvoller und vertraulicher Informationen.
Das Kartell bestand von 1988 bis 2004. Es umfasste de facto die gesamte weltweite Branche mit Ausnahme der USA. Der internationale Maschinenbaukonzern ABB hatte die Verstöße in Brüssel gebeichtet und blieb deshalb von Anfang an als Kronzeuge von einem Bußgeld von 215 Mio. Euro verschont.
Leicht reduziert wurden von den EU-Richtern am Donnerstag unter anderem die Strafen gegen den französischen Alstom-Konzern und Gesellschaften der Areva-Gruppe. Im Vergleich zu Siemens war ihre "Anführer-Rolle" nach Einschätzung der Justiz weniger bedeutend. Alstom muss beispielsweise zusammen mit Areva T&D nur 48,1 statt 53,6 Mio. Euro zahlen. Eine zusätzliche Einzelgeldbuße gegen Alstom wurde von 11,5 auf 10,3 Mio. Euro reduziert.
Das Bußgeld für Siemens war 2007 das bis dato höchste in der EU-Geschichte für ein einzelnes Unternehmen für einen einzigen Kartellverstoß gewesen. In einem jüngeren Kartellverfahren stellte sich Siemens geschickter an. Weil die Münchner bei der EU-Kommission als "Kronzeuge" auftraten, entgingen sie 2009 einem EU-Bußgeld von 33,4 Mio. Euro wegen illegaler Firmenabsprachen bei Transformatoren.
Quelle: ntv.de, dpa