Wirtschaft

Nicht jeder Pleitefirma wird geholfen Kein Geld für Schlecker

In 2000 Schlecker-Filialen stehen die Bänder ab dem 24. März still.

In 2000 Schlecker-Filialen stehen die Bänder ab dem 24. März still.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach Bekanntwerden der Liste von Filialen, die dicht machen, kocht die Stimmung bei Schlecker erst richtig hoch. Verdi ruft die Beschäftigten zu Solidaritäts-Kundgebungen auf. Die Mitarbeiter hoffen auf eine Transfergesellschaft. Aber dafür fehlt das Geld. Weder Bund noch Länder fühlen sich zuständig. Der Streit um Staatshilfen ist völlig festgefahren.

Mitarbeiter kämpfen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Sie fühlen sich von der Politik alleine gelassen.

Mitarbeiter kämpfen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Sie fühlen sich von der Politik alleine gelassen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Diskussion um Staatshilfen für die Drogeriekette Schlecker wird heftiger, Bund und Ländern schieben sich gegenseitig den "Schwarzen Peter" zu. Die Frage, wer für Finanzierungsfragen von Pleite-Unternehmen eigentlich zuständig ist, scheint völlig unklar. Gleichzeitig tickt die Uhr. Für die 12.000 von der Kündigung bedrohten Schlecker-Mitarbeiter soll möglichst schnell eine Perspektive in Form einer Auffanggesellschaft geschaffen werden. Auch der Bund würde die Lösung begrüßen. Doch dafür braucht Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz kurzfristig 70 Mio. Euro. Und da sperrt sich Berlin. Für eine Bankenfinanzierung reicht die Zeit nach Angaben des Insolvenzverwalteres nicht. Deshalb benötige er dringend Hilfe in Form eines KfW-Kredites oder einer Bürgschaft.

Dafür stehen die Vorzeichen allerdings nicht gut. Am Morgen erklärte der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs (CDU), einer Hilfe des Bundes für die  Mitarbeiter erneut eine klare Absage. "Es ist keine Aufgabe des Bundes, Unternehmen zu retten", sagte der Vertreter des Wirtschaftsflügels der Union in der ARD.

Hilfen für die Beschäftigten könnten allenfalls von der Bundesagentur für Arbeit kommen - falls  dies überhaupt nötig sei, denn in vielen Regionen herrsche Vollbeschäftigung. "Die Chancen für die guten, qualifizierten Mitarbeiterinnen von Schlecker sind gut."

Fuchs argumentierte, das Geld des Bundes komme aus Steuermitteln und damit vor allem von mittelständischen Unternehmen - denen der Staat im Krisenfall auch nicht helfen könne. "Es kann nicht sein,  dass ein großes Unternehmen Hilfe bekommt und ein kleines  Unternehmen nicht." Fuchs sagte, der Staat könne nicht "in jedem  Falle, in dem ein Unternehmen in Insolvenz geht, helfen". "Das müssten wir sonst für jedes Unternehmen machen und das geht nicht", so Fuchs weiter.

KfW nicht zuständig

Das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin hatte am Tag der Veröffentlichung der Schließliste bereits klargestellt, dass insolvente Firmen wie Schlecker als "Unternehmen in Schwierigkeiten" nicht antragsberechtigt seien für Programmkredite der Staatsbank KfW. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass das Bundesland zuständig sei, in dem das Unternehmen seinen Sitz hätte – in dem Fall Baden-Württemberg.

Zudem gebe es Förderinstitute der Länder, die gegebenenfalls Kredite bereitstellen könnten entsprechend der EU-Beihilferegeln. Hilfe durch den Bund komme nur dann in Betracht, wenn die Bundesländer finanziell überfordert seien, schrieb Wirtschaftsstaatssekretär Bernhard Heitzer (CDU) an den baden-württembergischen Finanzminister Nils Schmid und an die Stuttgarter Arbeitsministerin Katrin Altpeter (beide SPD). Baden-Württemberg ist da jedoch anderer Auffassung. Finanzminister Schmid sieht den Bund in der Pflicht, da das Land allein dies nicht schaffen werde.

Schlecker ist nicht Opel

Vor allem ältere Mitarbeiter hoffen auf die Auffanggesellschaft.

Vor allem ältere Mitarbeiter hoffen auf die Auffanggesellschaft.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit Blick auf frühere Hilfen an Opel während der Krise machte das Bundeswirtschaftsministerium deutlich, dass die Ausgangslage nicht vergleichbar sei. Die damalige vorübergehende Absicherung Opels habe auf EU-Sonderregelungen während der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 basiert. Damals waren Absicherungen auch für Großunternehmen aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" zulässig, insbesondere bei erheblichen Auswirkungen auf die Zulieferindustrie. Diesen Fonds gibt es nicht mehr. Opel hatte seinerzeit nur einen staatlichen Überbrückungskredit erhalten.

Schlecker schließt nach jetzigem Stand rund 2010 Filialen seiner 5400 Filialen. Die Schließliste mit den betroffenen Zweigstellen wurde am Vortag veröffentlicht. Wie  viele der 25.000 Mitarbeiter genau gehen müssen, ist bislang allerdings noch unklar. Bislang war von knapp 12.000 Beschäftigten die Rede, die ihren Arbeitsplatz verlieren könnten.

Plan B zur Transfergesellschaft ist es, solvente Investoren zu finden. Der Insolvenzverwalter berichtete von einer "zweistelligen Zahl von Interessenten, die auch schon umfangreiche Unterlagen bekommen haben". Die ersten Gespräche seien gut gewesen.

Schlecker-Mitarbeiter protestieren

Die Gewerkschaft Verdi rief die Mitarbeiter von Schlecker derweil auf, für den Erhalt ihrer Jobs zu demonstrieren. Offenbar sei bei den Verantwortlichen noch nicht angekommen, dass eine Auffanggesellschaft auch das Restunternehmen stärken könne, sagte Verdi-Sprecher Andreas Splanemann. Andernfalls sehe er eine Welle von Kündigungsschutzklagen auf Schlecker zurollen.

Es sind bundesweit Betriebsversammlungen und Kundgebungen geplant. Möglicherweise werden deshalb Märkte verspätet oder gar nicht öffnen.

Die vollständige PDF-Liste der von der Schließung betroffenen Schlecker-Filialen finden Sie hier.

Quelle: ntv.de, ddi/AFP/dpa/rts

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