Wirtschaft

Gläubiger entscheiden in einer Woche Schlecker erhält Galgenfrist

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(Foto: dapd)

Das Zittern bei tausenden Schlecker-Beschäftigten geht weiter: Bis zum 1. Juni muss Insolvenzverwalter Geiwitz einen aussichtsreichen Investor präsentieren, sonst wird der Betrieb eingestellt. Die bisherigen Angebote reichen den Gläubigern nicht aus, darunter auch das von Karstadt-Retter Berggruen. Investoren schrecken vor allem tausende Klagen ehemaliger Mitarbeiter..

Die insolvente Drogeriekette Schlecker hat von den Gläubigern eine letzte Galgenfrist von einer Woche bekommen. Liegt Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz bis zum 1. Juni kein tragfähiges Fortführungskonzept vor, ist endgültig Schluss. Bis dahin haben die verbliebenen zwei Investoren Zeit, ein "belastbares und für die Gläubiger akzeptables" Angebot zu unterbreiten, wie Geiwitz nach einer Sitzung des Gläubigerausschusses sagte. "Wenn es nicht so ist, sind wir leider gezwungen, den Betrieb von Anton Schlecker stillzulegen." Die Situation bei Schlecker sei wegen der operativen Verluste "sehr ernst".

Bislang seien die Angebote der Bewerber für Schlecker sowohl beim Kaufpreis als auch beim Übernahmekonzept für die Gläubiger nicht überzeugend gewesen. "Wenn sich nichts ändert, bin ich nicht zuversichtlich - aber es kann sich noch was ändern", sagte Geiwitz. Wenn die Rettung über einen Investor bis nächsten Freitagvormittag nicht gelinge, werde bereits im Juni mit Ausverkäufen begonnen. Die nach aktuellen Zahlen noch rund 14.300 Schlecker-Mitarbeiter würden dann Ende Juni oder Anfang Juli gekündigt.

Nach Geiwitz Worten werden sich die Verluste von Schlecker in diesem Jahr auf 25 Mio. Euro belaufen, im vergangenen Jahr seien es noch 200 Mio. Euro gewesen. Für das kommende Jahr sei derzeit mit 20 Mio. Euro zu rechnen, sofern die Arbeitnehmer an ihren Zusagen für den Gehaltsverzicht festhielten.

Hoffen auf Mr. Karstadt

Die Hoffnungen auf eine Rettung von Schlecker ruhen nun unter anderem auf Investor Nicolas Berggruen, der nach der Übernahme von Karstadt auch für die Schlecker-Mitarbeiter zum Retter werden könnte. "Wir stehen in Kontakt mit dem Insolvenzverwalter", sagte ein Sprecher Berggruens. Neben Berggruen wird in Medienberichten auch der US-Finanzinvestor Cerberus als Interessent genannt, der zuletzt in Deutschland mehrere Immobilienpakete erworben hat. Für eine Stellungnahme war Cerberus nicht zu erreichen. Mehrere mögliche Käufer für die zusammengebrochene Kette mit zuletzt noch rund 3200 Filialen in Deutschland haben bereits einen Rückzieher gemacht, hatte es zuletzt im Umfeld des Insolvenzverwalters geheißen.

Einem Bericht der "Stuttgarter Nachrichten" zufolge ist Berggruen an dem gesamten Schlecker-Konzern interessiert und bietet zwischen 100 und 150 Mio. Euro. Belastet wird die Suche nach einem Käufer für das gesamte Unternehmen aus Sicht des Insolvenzverwalters unter anderem von mehr als 4000 Kündigungsschutzklagen ehemaliger Mitarbeiter. Der Insolvenzverwalter hatte rund 10.000 Beschäftigte vor die Tür gesetzt, derzeit arbeiten noch rund 16.000 Menschen für die einst größte Drogeriekette in Deutschland.

Die Gewerkschaft Verdi begrüßte die Gespräche mit Berggruen. "Wir sind im Sinne der Zukunft der Schlecker-Beschäftigten offen für Investoren, die den Erhalt der Arbeitsplätze im Blick haben und werden vorliegende Fortführungskonzepte sorgfältig prüfen und bewerten", sagte Verdi-Sprecherin Christiane Scheller.

Käufer für "Ihr Platz"

Ursprünglich wollte Rechtsanwalt Geiwitz bis Pfingsten eine Lösung für Schlecker präsentieren. Immerhin hat er für die ebenfalls zahlungsunfähige Tochter "Ihr Platz" seinen Angaben zufolge einen separaten Käufer gefunden. Für den Verkauf brauche er noch die Zustimmung der Gremien. Den Namen des möglichen Käufers wollte der Insolvenzverwalter nicht nennen. Medienberichten zufolge war die Münchner Unternehmensbeteiligung Dubag bereit für eine Übernahme von "Ihr Platz". Der bisher wenig bekannte Finanzinvestor habe zugesichert, alle 480 noch bestehenden Filialen ohne weiteren Personalabbau weiterzuführen. Eine Bestätigung dafür war bisher nicht zu erhalten. "Ihr Platz" habe eine positive Zukunftsperspektive, sagte Geiwitz. Hier gebe es nur 15 Kündigungsschutzklagen, bei Schlecker dagegen 4400.

Auch die Gewerkschaft Verdi, die mit Gehaltsverzicht der Beschäftigten das Überleben der Drogeriekette sichern will, will bei der Investoren-Auswahl für das 1950 aus der Taufe gehobene Familienunternehmen ein Wort mitreden. Die Arbeitnehmervertretung hat im Gegenzug zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen Einbußen bei der Bezahlung der Mitarbeiter von rund 10,5 Prozent über drei Jahre angeboten und lässt derzeit ihre Mitarbeiter darüber abstimmen. Der Insolvenzverwalter hatte Einschnitte von rund 15 Prozent verlangt, um Schlecker sanieren zu können. Aus Sicht der Gewerkschaft wird eine Sanierung und ein Verkauf ohne ihre Beteiligung nicht gelingen, da Verdi einen neuen Tarifvertrag absegnen müsse.

Der sogenannte vorläufige Gläubigerausschuss ist eine Vertretung aller Schlecker-Gläubiger. Er kam am Freitag in Ulm hinter verschlossenen Türen zusammen. Zum Ausschuss gehören die Kreditversicherung Euler Hermes, die Lieferantengruppe Markant Finanz AG und die Agentur für Arbeit in Ulm. Auch je ein Vertreter von Gewerkschaft und Arbeitnehmerschaft sind dabei. Am 1. Juni wird er erneut zusammenkommen für eine Entscheidung, die am 5. Juni bei der Gläubigerversammlung in Ulm festgeklopft wird.

Quelle: ntv.de, nne/dpa/rts

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