Wirtschaft

Nach schweren Vorwürfen Schlecker reagiert

(Foto: AP)

Die Drogeriekette Schlecker will Konsequenzen aus der Kritik ziehen, wonach das Unternehmen Stammbeschäftigte massenhaft durch Leiharbeiter ersetze. Das Unternehmen kündigt eine Beendigung der Kooperation mit der umstrittenen Leiharbeitsfirma Meniar an.

Das Unternehmen aus dem baden-württembergischen Ehingen erklärte, es habe die Diskussion um die Beschäftigung von Leiharbeitern der Firma Meniar bisher zwar nicht nachvollziehen können. Um die Diskussion aber zu beenden, habe Schlecker beschlossen, "mit sofortiger Wirkung keine neuen Arbeitnehmerüberlassungsverträge mit der Firma Meniar mehr abzuschließen". Für weitere Auskünfte war das Unternehmen zunächst nicht erreichbar.

Schlecker steht seit dem Wochenende heftig in der Kritik. Laut Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen muss geprüft werden, ob bei Schlecker Missbrauch betrieben oder Gesetze umgangen werden. Schlecker weist Verdi-Vorwürfe zurück, Niedriglöhne zu bezahlen. Bei Schlecker müssen man "sehr genau hinschauen", ob gegen Vorschriften zur Leiharbeit verstoßen werde. "Wenn das der Fall ist, werden wir diese Schlupflöcher schließen." Die CDU-Politikerin betonte zugleich, bereits jetzt gebe es Mechanismen, um einen Missbrauch der Regelungen zur Zeitarbeit zu verhindern. So müsse jede Leiharbeitsfirma von der Bundesagentur für Arbeit eine Lizenz erhalten.

Verdi wirft dem Drogeriediscounter vor, kleinere Filialen zu schließen, den Angestellten zu kündigen und für neu eröffnete sogenannte XL-Märkte Personal fast ausschließlich über eine Leiharbeitsfirma zu deutlich schlechteren Bedingungen einzustellen. Anstelle des im Einzelhandel geltenden Tariflohns von 12,70 Euro erhielten die neu Eingestellten nur 6,78 Euro, sagte Verdi-Funktionär Achim Neumann. Zudem würden weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld gezahlt, auch der Urlaubsanspruch falle deutlich geringer aus.

Allein im vergangenen Jahr seien 1000 kleinere Schlecker-Filialen geschlossen und im gleichen Zeitraum bis zu 300 XL-Märkte eröffnet worden, sagte Neumann. Für diese Märkte habe die Zeitarbeitsfirma Meniar mit Sitz in Zwickau etwa 4300 Beschäftigte an Schlecker vermittelt.

Systematische Tarifflucht

Ein solches "In-sich-Geschäft" sei nicht im Sinne des Gesetzgebers, sagte von der Leyen. Ihre Sprecherin sagte in Berlin, es gelte zunächst, die Sachverhalte zu überprüfen. Von Schlecker sei eine Stellungnahme angefordert worden, diese liege aber noch nicht vor.

Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl Josef Laumann (CDU) warf dem Unternehmen in einem Brief an die Schlecker-Mitarbeiter systematische Tarifflucht vor, die "das soziale Gefüge in Schieflage" bringe. Leiharbeit sei dazu da, betriebliche Auftragsspitzen abzufangen oder im Falle von Urlaub oder Krankheit Vertretungen bereitzustellen. Sie dürfe nicht dazu missbraucht werden, "um mit ihrer Hilfe Stammbelegschaften zu ersetzen".

Die die Bundesagentur für Arbeit (BA) forderte die Politik zum Handeln auf. "Schlecker hat offenbar Stammbelegschaft entlassen, um sie dann in einer eigens gegründeten Zeitarbeitsfirma zu niedrigeren Löhnen wieder einzustellen", sagte eine Sprecherin der Nürnberger Behörde. "Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbietet so etwas nicht. Hier sind politische Entscheidungen nötig."

BZA distanziert sich

Darüber hinaus gebe es bei Schlecker ein zweites Problem: "Der Tarifpartner, mit dem der Tarifvertrag abgeschlossen wurde, ist eine christliche Gewerkschaft. Da ist derzeit ein Rechtsverfahren anhängig, ob diese Gewerkschaft überhaupt tariffähig ist", erläuterte die BA-Sprecherin. Solange in der inzwischen zweiten Instanz keine Entscheidung gefallen sei, habe die BA keine Handhabe, eine erteilte Genehmigung zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung zurückzuziehen.

Der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) hatte sich bereits von der Geschäftspolitik Schleckers distanziert. "Solch ein Geschäftsgebahren entspricht nicht dem ursprünglichen Sinn der Zeitarbeit und schadet unserem Image", sagte BZA-Hauptgeschäftsführer Ludger Hinsen der "Berliner Zeitung".

Schlecker wies die Vorwürfe in einer Erklärung zurück und bezichtigte Verdi einer "Desinformations- und Diffamierungskampagne". Die in den XL-Märkten Beschäftigten würden "in vielen Fällen" Stundenlöhne von "bis zu 13 Euro und mehr" erhalten. Von Niedriglöhnen oder gar Lohndumping könne daher keine Rede sein. Zudem sollten die XL-Märkte die herkömmlichen Schlecker-Geschäfte nicht ersetzen, sondern ergänzen. Bei der Zusammenarbeit mit Meniar gebe es "keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen irgendwelcher rechtlich beanstandenswerter Sachverhalte".

Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa

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