Wirtschaft

Ökonomen-Barometer Schöne Aussichten

Trotz eines leichten Dämpfers bei der aktuellen Lage rechnen Ökonomen weiterhin mit einer positiven Wirtschaftsentwicklung. Das zeigt das jüngste Ökonomen-Barometer von Euro am Sonntag und n-tv. Uneinig sind Wirtschaftswissenschaftler jedoch in ihrer Einschätzung der dicken Liquiditätsspritzen der EZB.

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Deutschlands führende Volkswirte sehen die Konjunktur weiter positiv. Das geht aus dem aktuellen Ökonomen-Barometer von Euro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv hervor. Danach sank die Einschätzung der aktuellen Lage im März zwar um gut drei Prozent auf 58 Punkte. Der Prognosewert für die erwartete wirtschaftliche Entwicklung auf Sicht von zwölf Monaten blieb mit rund 59 Punkten jedoch auf unverändert hohem Niveau.

Werte des Barometers um die 60 Punkte entsprachen in der Vergangenheit einer Wachstumsrate von rund 1,5 Prozent. Noch im November hatte der Erwartungswert des Ökonomen-Barometers mit einem Stand von 44 Punkten auf ein Nullwachstum hingedeutet. Seither haben sich die Aussichten stark aufgehellt.

Auch andere Experten blicken inzwischen deutlich zuversichtlicher auf die Konjunktur. Erst am Mittwoch hatte das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) seine Prognose angehoben. Danach erwarten die Ökonomen für das laufende Jahr ein Wachstum von 1,3 Prozent und für 2013 von 2,2 Prozent. Im Dezember hatte das IWH für die deutsche Wirtschaft noch ein Wachstum von 0,3 Prozent im laufenden sowie von 1,6 Prozent für 2013 vorhergesagt.

Für Zuversicht sorgt vor allem der private Konsum. Er profitiert von der sinkenden Arbeitslosigkeit sowie steigenden Löhnen. Zudem legte die Industrieproduktion im Januar wieder zu. Auch die ärgsten Risiken aus der Schulden- und Vertrauenskrise in Europa scheinen zunächst gebannt. Ende Februar hatte die Europäische Zentralbank den Markt mit weiterem Zentralbankgeld geflutet. Insgesamt haben sich die Banken der Eurozone mit 530 Mrd. Euro vollgesogen. Bereits im Dezember hatte die EZB den Kreditinstituten 489 Mrd. Euro bereitgestellt.

Umstrittene Geldschwemme

Unter Ökonomen ist die Geldschwemme der EZB indes umstritten. So glauben rund 53 Prozent der befragten Experten, dass die EZB-Politik nicht geeignet ist, die Konjunktur zu stützen. 41 Prozent sind der gegenteiligen Ansicht. "Die Konjunkturprobleme in einigen Euro-Ländern sind struktureller Natur, die sich nicht durch zusätzliche Liquidität beseitigen lassen", erklärte etwa Prof. Horst Schellhaaß von der Uni Köln. Auch Prof. Martin Kocher von der Ludwig-Maximilians-Universität München sieht die Entwicklung skeptisch: Die Konjunktur werde trotz der riesigen Liquiditätsschwemme "nur in geringem Ausmaß angekurbelt", sagte er.

Klarer fiel unter den Ökonomen das Urteil in der Frage aus, ob die EZB-Mittel das Banken- und Finanzsystem stabilisieren können. Dem stimmten immerhin 63 Prozent zu, 30 Prozent glauben auch dies nicht. Die Finanzspritze wirke "einer Kreditklemme entgegen und ist damit hilfreich", sagte der Chefvolkswirt von Sal. Oppenheim Norbert Braems. Allerdings sei die finanzielle Rettungsaktion der EZB nur kurzfristig der richtige Weg, erklärte Prof. Oliver Holtemöller vom IWH. Mittelfristig müsse die europäische Schuldenkrise gelöst werden, da sie die Bankbilanzen belaste, erklärte Holtemölle.

Für das Ökonomen-Barometer wurden zwischen 7. und 14. März rund 600 Volkswirte in Banken, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsverbänden befragt.

Für das Ökonomen-Barometer wurden zwischen 7. und 14. März rund 600 Volkswirte in Banken, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsverbänden befragt.

Dagegen übte Prof. Ulrich Blum von der Uni Halle-Wittenberg heftige Kritik am EZB-Kurs. Die jüngsten Finanzspritzen verzögerten "nur die Anpassung an die klare Erkentntnis, dass vor dem Hintergrund des Misstrauens unter den Banken ein wettbewerbliches Aussortieren" nötig sei. "Zombie-Banken werden nicht benötigt." Ähnlich argumentierte auch Prof. Franz Peter Lang von der TU Braunschweig. Mit den Geldspritzen der EZB würden "lediglich die Versager gestützt und seriöse Institute mit unnötigen Sonderprofiten versorgt." Der krisenanfällige Zustand werde hierdurch "nur unnötig verlängert", erklärte Lang.

Als größtes Risiko der wachsenden Geldmenge sehen die befragten Volkswirte jedoch die steigende Inflationsgefahr. So befürchten immerhin zwei von drei Volkswirten, die EZB-Hilfen könnten den Preisauftrieb verstärken. "Die Geldspritze geht weit über das hinaus, was im Interesse der Konjunkturstabilisierung angemessen ist und erhöht das Inflationsrisiko", warnte etwa Alfred Boss vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW). Prof. Blum erklärte, es werde der EZB "zunehmend schlechter gelingen, das Geld zu neutralisieren und die Inflationserwartungen steigen".

Quelle: ntv.de

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