Zentralbank legt Deckel drauf Schweiz stoppt Franken-Rally
06.09.2011, 10:34 UhrWeil der Höhenflug des Franken eine Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft wird, greift die Notenbank ein. Sie deckelt die Kursentwicklung ihrer Währung bei 1,20 Franken je Euro und hilft im Zweifel mit massiven Euro-Käufen nach. Damit zieht die Notenbank nach mehreren zaghafterern Stützungsversuchen die Notbremse. Die Märkte reagieren deutlich.
Wegen des anhaltenden Höhenflugs des Franken hat die Schweizer Nationalbank SNB einen Mindest-Wechselkurs zum Euro festgelegt. Ab sofort werde die Nationalbank einen Kurs von unter 1,20 Franken für einen Euro nicht mehr tolerieren, teilten die Währungshüter mit. Die gegenwärtige massive Überbewertung des Frankens stelle "eine akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft dar" und berge das "Risiko einer deflationären Entwicklung", erklärte die Nationalbank. Sie werde den Mindestkurs konsequent durchsetzen.
"Das ist der Schritt, über den lange spekuliert wurde. Die Ausgabe eines Kursziels von 1,20 Franken ist eine klare Aussage und der ultimative Schritt der SNB", sagte Mario Mattera, Analyst vom Bankhaus Metzler. "Ich bin relativ zuversichtlich, dass die Nationalbank das durchsetzen kann", sagte Ökonom Martin Neff von der Credit Suisse.
Der Devisenmarkt reagierte prompt auf die Ankündigung: Der Schweizer Franken ging auf Talfahrt. Zum Euro sackte die alpenländische Währung in schneller Bewegung um rund 10 Prozent auf 1,21 Franken ab. Zum Dollar gab der Franken um knapp acht Prozent auf rund 85 Rappen nach.
Interventionen im Alleingang
Die SNB hat die Festlegung auf ein Wechselkursziel nach Angaben der Europäischen Zentralbank auf eigene Faust entschieden. Die EZB teilte mit, sie nehme die Entscheidung der SNB zur Kenntnis. Die Schweizer Notenbank habe diesen Schritt in "eigener Verantwortung" unternommen.
Manche Devisenhändler reagierten skeptisch auf die mangelnde Absprache. Sie sprachen von einem Zeichen "absoluter Hilflosigkeit" und stellen in Zweifel, dass die Notenbank dies über längeren Zeitraum durchhalten kann. "Ich verstehe nicht, wie man so einen drastischen Schritt im Alleingang machen kann", sagte ein Händler. Wenigstens eine konzertierte Aktion mit anderen überbewerteten Währungen wäre sinnvoll gewesen. "Zumindest Japan wäre hier Ansprechpartner Nummer Eins gewesen", so der Händler.
Fluchtwährung
Der Wert des Schweizer Franken ist seit Beginn des Jahres angesichts der Sorge um den Euro und den Dollar erheblich gestiegen. Der Franken wird wegen seiner Stabilität als Anlage geschätzt und legte seit Jahresbeginn um neun Prozent gegenüber dem Euro und um 14 Prozent gegenüber dem Dollar zu.
Ein starker Franken verteuert Produkte und Dienstleistungen aus der Schweiz auf dem Weltmarkt und macht das Land damit weniger konkurrenzfähig. Die Exporte sanken im Juli bereits. Nach einer Studie des Dachverbands der Schweizer Wirtschaft fürchten 20 Prozent der Exportunternehmen wegen des Höhenflugs des Franken um ihre Existenz. Auch der Tourismus bekam den harten Franken über sinkende Besucher aus dem Ausland zu spüren.
Schon einmal erfolgreich
Die Zentralbank der Schweiz kämpft seit geraumer Zeit gegen die Franken-Rally, bislang jedoch am Geldmarkt. Dort pumpte sie in insgesamt drei Etappen Liquidität in massivem Umfang in das Geldsystem. Zuletzt stellte sie den Geschäftsbanken 200 Mrd. Franken zur Verfügung, was mehr als einem Drittel der Schweizer Wirtschaftsleistung entspricht.
Doch auch mit direkten Interventionen zur Deckelung des Franken hat die Schweizer Notenbank bereits Erfahrung. Als 1978 der Franken gegenüber der D-Mark massiv aufwertete, griffen die Eidgenossen bereits schon einmal ein und legten den Höchstkurs ihrer Währung auf 80 Rappen je D-Mark fest. Damals glückten die Eingriffe und der Markt beruhigte sich rasch wieder. Übrig blieb in Folge einer deutlich ausgeweiteten Geldmenge jedoch eine sprunghaft gestiegene Geldentwertung. Statt ein Prozent Steigerung stieg das Preisniveau drei Jahre später um 6,5 Prozent.
Quelle: ntv.de, nne/AFP/DJ