Notenbank kämpft weiter Schweiz will Franken schwächen
17.08.2011, 15:55 UhrDer Schweizerischen Nationalbank geht die jüngste leichte Schwächung des Frankens nicht weit genug. Sie wird deshalb die Liquidität auf dem Geldmarkt nochmals deutlich erhöhen. An den Devisenmärkten stellt sich jedoch kurioserweise nicht die gewünschte Wirkung ein, im Gegenteil.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) zieht im Kampf gegen die Frankenstärke die Schraube weiter an und pumpt erneut massiv Liquidität in den Geldmarkt - vorerst allerdings mit fraglichem Erfolg. Euro und Dollar verbilligten sich gegenüber dem Franken markant, nachdem er am Morgen auf den tiefsten Stand seit Beginn der Börsenturbulenzen Anfang August gesunken war.
Trotz der jüngsten Abwertung hält die Notenbank die Schweizer Währung nach wie vor für massiv überbewertet und erleichterte deshalb am Mittwoch zum dritten Mal in diesem Monat die Geldbeschaffung für die Banken.
Exportorientierte Schweizer Unternehmen leiden derzeit extrem unter der Stärke der heimischen Währung. Der Franken war in den vergangenen Monaten im Vergleich zum Euro im Aufwind, weil er als "sicherer Hafen" für Anleger in Krisenzeiten gilt.
Markt hat mehr erwartet
Die bisher getroffenen Maßnahmen gegen die Frankenstärke zeigten bisher tatsächlich Wirkung, in den vergangenen Tagen fiel der Franken zu anderen wichtigen Währungen merklich. Doch am Mittwoch reagierte der Devisenmarkt nicht wie erhofft.
Händler verwiesen darauf, dass am Markt noch stärkere Maßnahmen erwartet worden seien. "Der Markt hat sich auf wesentlich radikalere Maßnahmen seitens der SNB eingestellt, beispielsweise einen festen Wechselkurs", sagte Lena Komileva von Brown Brothers Harriman. "Jetzt haben sie noch einmal das gleiche getan. Das reicht in einem Umfeld mit Investoren auf der Suche nach einem sicheren Hafen nicht aus."
Ein Euro war im Verlauf für 1,1296 Franken zu haben und für einen Dollar wurden 0,7846 Franken bezahlt. Vor der SNB-Ankündigungen hatte die Gemeinschaftswährung bei Kursen um 1,15 Franken notiert und der Greenback bei 0,80 Franken. "Wie man der Reaktion im Euro-Franken entnehmen kann, ist der Markt sehr enttäuscht von der fehlenden Intervention der SNB", sagte Mark Mitchell von Informa Global Markets.
Bindung an den Euro?
Nach einem Interview von SNB-Direktoriumsmitgliedern hatte sich in den vergangenen Tagen die Erwartungshaltung aufgebaut, dass die Notenbank eine vorübergehende Anbindung des Frankens an den Euro anstreben könnte. Auch die stimmenstärkste politische Partei, die nationalkonservative SVP, hatte angesichts der für die Wirtschaft des Landes bedrohlichen Frankenstärke eine Kehrtwende in dieser Frage vollzogen: Deren Vordenker Christoph Blocher sprach von einem Währungskrieg, in dem alle Mittel eingesetzt werden müssten. Eine Währungskopplung würde der unter dem starken Franken stöhnenden Exportindustrie und dem Tourismus das Leben leichter machen, auch wenn die SNB dafür immense Buchverluste riskieren müsste. Um ein einmal gesetztes Kursziel zu verteidigen, muss die SNB am Devisenmarkt möglicherweise mit Hunderten von Milliarden Franken intervenieren.
Die Notenbank bekräftigte, dass sie weitergehende Schritte nicht ausschließe. Am Markt gab es Gerüchte, dass sie gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) gegen die Franken-Aufwertung vorgehen könnte.
Der starke Franken drückt auch auf das Preisgefüge in der Schweiz. In den grenznahen Regionen kaufen die Konsumenten lieber im Euroraum, obwohl dort auch der Schweizer Einzelhandel vereinzelt bereits seine Waren zum Eurokurs anbietet. Der größte Einzelhändler der Schweiz, die Migros, senkt ab Montag die Preise von über 500 Markenartikeln - als Reaktion auf den starken Franken. Erste Verhandlungen mit Lieferanten seien erfolgreich verlaufen, erklärte der Großverteiler. Die Nummer Zwei des Landes, Coop, hat unterdessen Waren aus den Regalen genommen, weil er sich mit den Lieferanten nicht auf Preissenkungen hat einigen können.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa