Wirtschaft

Aussichten trüben sich ein Schwellenländer bremsen Weltwirtschaft

IWF-Chefökonom Olivier Blanchard (m) und seine Kollegen Thomas Helbling (l) und Jörg Decressin (r).

IWF-Chefökonom Olivier Blanchard (m) und seine Kollegen Thomas Helbling (l) und Jörg Decressin (r).

(Foto: REUTERS)

Der IWF revidiert seine Wachstumsprognosen teils kräftig. Während es für Deutschland, Frankreich und Großbritannien aufwärts geht, streicht er die Erwartungen für die Schwellenländer zusammen. Auch für die USA waren die bisherigen Annahmen zu optimistisch.

Vor dem Hintergrund niedrigerer Wachstumsannahmen für die USA und einige Schwellenländer senkt der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognosen für die Weltwirtschaft. "Das Weltwirtschaftswachstum läuft nicht auf hohen Touren, die Antriebskräfte wechseln und es überwiegen die Abwärtsrisiken", heißt es im aktuellen Ausblick. Die in Washington ansässige Organisation rechnet damit, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 2,9 und im kommenden Jahr um 3,6 Prozent zulegen wird. Das sind 0,3 beziehungsweise 0,2 Prozentpunkte weniger als bisher angenommen.

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Zwar dürfte das Wachstum der Schwellenländer weiterhin höher sein als das der Industrieländer, aber nicht mehr so hoch wie bisher. Kurzfristig wird die Entwicklung der Weltwirtschaft nach Einschätzung des IWF vor allem von der geldpolitischen Wende in den USA und der zunehmenden Überzeugung geprägt sein, dass Chinas Wirtschaft auf Dauer nicht so stark wie in den vergangenen Jahren wachsen kann.

Aussichten für Deutschland angehoben

Unverändert ließ der IWF dagegen die Prognosen für die Industrieländer mit 1,2 und 2,0 Prozent Wachstum. Grund dafür sind für allem die höheren Erwartungen für Deutschland, Großbritannien und Frankreich. So wird für das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) nun ein Plus von 0,5 und 1,4 Prozent angenommen. Für Frankreich wurden die Prognosen auf 0,2 und 1,0 Prozent geändert.

Insgesamt sieht der IWF in Europa Anzeichen für eine Konjunkturerholung in den Kernländern, die jedoch nicht das Ergebnis eines Politikwechsels, sondern eher eines Stimmungswechsels sei. Der könnte zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden, wenn Verbraucher und Unternehmen ihre Ausgaben erhöhen sollten.

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Die Euro-Zone sollte 2013 mit 0,4 Prozent etwas weniger schrumpfen als bislang vermutet. Im nächsten Jahr rechnet der Fonds dann aber mit einem Plus von einem Prozent. Dennoch gehen vom Euroraum weiter Risiken für die globale Konjunktur aus. "Die Eurozone muss eine stärkere Währungsunion entwickeln und ihr Finanzsystem aufräumen", hieß es.

Südeuropa hat weiter zu kämpfen

"Die Länder der südlichen Peripherie haben weiterhin zu kämpfen. Fortschritte bei der Wettbewerbsfähigkeit und den Exporten sind noch nicht stark genug, um die immer noch sehr niedrige Binnennachfrage auszugleichen", heißt es im Weltwirtschaftsausblick zu Südeuropa. Unsicherheit sieht der IWF im Norden wie im Süden bezüglich der Bankbilanzen, die aber im Zuge der versprochenen Bilanzprüfung verringert werden sollte.

Spanien (minus 1,3 Prozent) und Italien (minus 1,8 Prozent)  verharren dieses Jahr in der Rezession - im kommenden Jahr steht aber eine Rückkehr zu schwachem Wachstum an. Auch in Griechenland soll die Wirtschaftsleistung nach einem Rückgang um 4,2 Prozent in diesem Jahr der IWF-Prognose zufolge 2014 leicht um 0,6 Prozent zulegen.

Deutliche Abstufung für Indien

Dagegen senkt der Währungsfonds die Voraussagen für die USA leicht auf 1,6 und 2,6 Prozent. Gestützt werde das US-Wachstum vom privaten Verbrauch, der allerdings von einer "exzessiven fiskalischen Konsolidierung" belastet werde. "Das Zwangssparen ist kein guter Weg der Konsolidierung, und der Konflikt über die Anhebung des Schuldenlimits könnte erneut zu Unsicherheit und niedrigerem Wachstum führen", warnte IWF-Chefökonom Blanchard. Die Prognosen für Japan wurden nahezu bestätigt.

Deutlich pessimistischer ist der IWF für die Schwellen- und Entwicklungsländer, deren Wachstum 2013 und 2014 er nun bei 4,5 und 5,1 Prozent sieht. Die Prognosen für China stutzt der IWF auf 7,6 und 7,3 Prozent. Besonders schwer erwischte es Indien, für das die Experten nur noch 3,8 und 5,1 Prozent Wachstum sehen.

"Der Fokus liegt derzeit auf den Schwellenländern, die unter einer Kombination aus schwächerem Wachstum und schlechteren Finanzierungsbedingungen leiden, die vom Schwenk in der US-Geldpolitik ausgelöst worden ist", schreibt IWF-Chefökonom Olivier Blanchard in seinem Vorwort zum Weltwirtschaftsausblick.

Währungsabzug als Gefahr

Laut IWF haben in den 2000er Jahren ungewöhnlich gute weltwirtschaftliche Rahmenbedingungen, zum Beispiel hohe Rohstoffpreise und eine rasche Finanzmarktentwicklung, das Wachstumspotenzial in vielen Schwellenländern erhöht. In einigen Ländern wurde das Wachstum zusätzlich zyklisch gestützt.

Aber nun stabilisieren sich die Rohstoffpreise und die Finanzierungsbedingungen werden ungünstiger. Das mindert die Wachstumsmöglichkeiten. Länder mit hohen Haushaltsdefiziten müssen laut IWF ihre Finanzen in Ordnung bringen und Länder mit einer anhaltend überhöhten Inflation die Refinanzierungsbedingungen straffen und ein glaubwürdigen geldpolitisches Regime einführen.

Länder mit einem zyklischen Wachstumsproblem, zu denen der IWF China und Indien zählt, wären besonders stark von einem Abzug westlichen Kapitals betroffen, der für den Fall einer geldpolitischen Normalisierung in den Industrieländern zu erwarten ist.

Die Organisation geht bei ihren Prognosen davon aus, dass die US-Notenbank die geldpolitische Wende tatsächlich einleiten wird, auch wenn sie zuletzt etwas zurückgerudert ist. Der Exit stellt die Fed aus Sicht des IWF zwar vor keine größeren konzeptionellen oder technischen Schwierigkeiten, doch hält er die Kommunikationsaufgabe der Fed für "neu und delikat". "Der Politikwechsel der Fed dürfte zu einer größeren Schwankung bei den langfristigen Zinsen führen."

Eines der großen Risiken ist dem Fonds zufolge der Ausgang des US-Haushaltsstreits. Schon jetzt sei die Unsicherheit wegen der aktuellen Etatsperre größer geworden und drücke auf das Wachstum.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/AFP

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