Starke Zahlen zur Hauptversammlung Siemens kündigt Jobabbau an
26.01.2010, 11:03 UhrNach weiteren Bremsspuren durch die Wirtschaftskrise bereitet der Elektrokonzern Siemens seine Beschäftigten auf personelle Einschnitte vor. Wo immer es möglich sei, werde man zwar weiter Nachfrage-Täler über Instrumente wie Kurzarbeit abfedern, sagte Siemens-Chef Peter Löscher vor Beginn der Hauptversammlung in München. In Geschäften, in denen es dauerhafte Veränderungen der Märkte und des Wettbewerbs gebe, seien aber "Anpassungsmaßnahmen unumgänglich". An diesem Donnerstag will die Unternehmensleitung die Betriebsräte im Wirtschaftsausschuss über geplante Schritte informieren.
"Es sind punktuelle Maßnahmen, und es sind geschäftsspezifische Maßnahmen, die wir hier im Blick haben", sagte Löscher, ohne die Zahl der betroffenen Mitarbeiter oder sonstige Details zu nennen. Bei strukturellen Veränderungen der Geschäfte gehe es aber beileibe nicht immer um einen Stellenabbau. Beispiel sei der Industrie-Sektor, in dem man die Aktivitäten der Niederspannungs-Energieverteilung in der Division Building Technologies gebündelt habe. Damit könne Siemens jetzt Synergien in Technik, Vertrieb und Produktion besser nutzen, sagte Löscher.
Gelungener Start ins Jahr
Im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres 2009/10 (30. September) kämpfte Siemens weiter mit den Folgen der Wirtschaftskrise. Die Umsätze des Konzerns gaben im Jahresvergleich um 12 Prozent auf knapp 17,4 Mrd. Euro nach. Der Auftragseingang schrumpfte um 15 Prozent auf knapp 19 Mrd. Euro. Unter dem Strich kletterte der Gewinn dagegen vor allem dank der Kostensenkungen in Vertrieb und Verwaltung um fast ein Viertel auf gut 1,5 Mrd. Euro.
Die einzelnen Geschäftsfelder schnitten unterschiedlich ab. Im Industrie-Sektor litten vor allem das Geschäft mit Großanlagen für die Industrie und die Antriebstechnologie unter der Nachfrageschwäche. Aber auch der Energiesektor musste mit einem Minus beim Auftragseingang um 19 Prozent und einem zehnprozentigen Umsatzrückgang kräftig Federn lassen. Deutlich besser schlug sich der Sektor Medizintechnik: Hier lag der Bestelleingang lediglich um ein Prozent unter dem Vorjahresniveau, die Erlöse gaben um vier Prozent nach.
Konservativer Ausblick
Die weltweite Wirtschaftskrise sieht Löscher noch nicht überwunden. "Zwar gibt es Signale für eine allmähliche Erholung der Weltkonjunktur. Aber es wird noch längere Zeit dauern, bis diese Erholung uns auf das alte Niveau zurückführt und nachhaltig greift, gerade in den Industrieländern", sagte der Konzernchef. Den Ausblick für das laufende Geschäftsjahr bekräftigte er. Von dem für das Gesamtjahr angepeilten operativen Ergebnis von 6,0 bis 6,5 Mrd. Euro hat Siemens allerdings im ersten Quartal bereits fast 2,3 Mrd. Euro eingefahren und damit mehr als ein Drittel. Vor diesem Hintergrund kündigte Löscher an, das Ergebnisziel nach dem ersten Halbjahr auf den Prüfstand zu stellen. "Mit einem guten ersten Quartal ist die Erreichung der Prognose einfacher geworden", sagte Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser.
Der Bestelleingang war 2008/09 angesichts der Wirtschaftskrise zwar prozentual zweistellig zurückgegangen, doch wirke der starke Auftragsbestand stabilisierend, erklärte das Unternehmen. Der Umsatz von zuletzt 76,7 Mrd. Euro dürfte deshalb in diesem Jahr organisch lediglich um einen mittleren einstelligen Prozentsatz nachgeben.
Streitpunkt Vergütungsmodell
Siemens gab die Zahlen im Vorfeld der heute stattfindenden Hauptversammlung heraus. Dort dürfte dabei vor allem das Vergütungssystem für Top-Manager für Diskussionsstoff sorgen. Dieses stellt der Konzern erstmals in seiner Geschichte zur Abstimmung.
Vorab hatten neben der IG Metall beispielsweise auch die Siemens-Belegschaftsaktionäre Kritik an dem Vergütungsmodell geäußert. Sie bemängeln, dass die Bezahlung der Führungsspitze nicht langfristig genug ausgerichtet sei. Das Votum ist zwar nicht bindend, besitzt aber nach Einschätzung von Aktionärsschützern große Symbolwirkung.
Auch der milliardenschwere Schmiergeld-Skandal wird bei dem Aktionärstreffen erneut zur Sprache kommen. Erst am Montag hatte der Konzern wegen des Skandals die beiden früheren Vorstandsmitglieder Heinz-Joachim Neubürger und Thomas Ganswindt auf zusammen 20 Mio. Euro Schadenersatz verklagt.
Mit den beiden Ex-Managern hatte sich der Konzern nicht einigen können. Dagegen erklärte sich die übrige frühere Führungsspitze um den einstigen Konzernchef Heinrich von Pierer nach langen Verhandlungen zu Zahlungen in Millionenhöhe bereit.
Quelle: ntv.de, ddi/dpa/rts