Letztes Aufbäumen einer Branche? Solar mit Sonderkonjunktur
10.05.2012, 15:46 Uhr
Deutschlands Solarbranche kämpft mit härterer Konkurrenz, sinkender Förderung und schrumpfender Nachfrage.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bevor das Licht ausght, wird noch einmal richtig gefeiert. Dieses Credo scheint auch die deutsche Solarbranche zu beherzigen. Zwar kämpfen die Unternehmen mit wachsender Konkurrenz aus China, weniger Fördermitteln und einer Marktbereinigung. Dennoch können manche Konzerne Umsatz- und Gewinnexplosionen vermelden.
Lichtblick oder gar Silberstreif? Eine kleine Sonderkonjunktur vor neuen Solar-Förderkürzungen hat Unternehmen wie Solarworld und SMA Solar zu einem positiven Jahrsauftakt verholfen. Der erbitterte Preiskampf in der Branche setzt sich jedoch fort. Mit Blick auf den Sommer sind die Konzerne nicht mehr so optimistisch. Das Nachfragehoch dürfte nur ein Strohfeuer sein. Mit Spannung wartet die Industrie zudem auf die Entscheidung des Bundesrats an diesem Freitag über die neuen Förderkürzungen. Aufgrund des Widerstands einiger Bundesländer bahnt sich ein vorläufiger Stopp der Pläne an.
Für das Bonner Photovoltaik-Unternehmen Solarworld brachten die angestrebten Kürzungen der Einspeisevergütung für Sonnenstrom im 1. Quartal Vorteile. Vor allem in Deutschland entschieden sich viele Investoren für Solar-Neuinstallationen, um noch in den Genuss der höheren Einspeisesätze zu kommen. Das operative Ergebnis stieg um 13 Prozent auf 31,5 Mio. Euro. Unter dem Strich ging der Gewinn zwar um gut 40 Prozent auf 7,2 Mio. Euro zurück - da aber viele Marktbeobachter mit einem Verlust gerechnet hatten, setzte sich die Solarworld-Aktie mit Abstand an die Spitze des TecDax.
Solarworld will unabhängiger sein von den politisch begründeten Schwankungen auf dem Heimatmarkt und künftig nur noch ein Viertel seiner Umsätze in Deutschland erzielen. Im Gesamtjahr will Konzernchef Frank Asbeck wieder ein positives operatives Ergebnis schaffen, nach einem Verlust im vergangenen Jahr. Um die Kosten weiter zu senken, setzt Solarworld bei der Technik an: Bei gleichem Materialeinsatz soll die Leistung um jeweils mehr als zehn Prozent gesteigert werden. Asbeck selber nennt das Ziel ambitioniert.
SMA-Ausblick enttäuscht
Auch der Solartechnikhersteller SMA Solar konnte im 1. Quartal tüchtig zulegen. Das Unternehmen aus Niestetal bei Kassel profitierte ebenfalls von den Vorzieheffekten in den wichtigsten europäischen Ländern. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verdreifachte sich auf 42,8 Mio. Euro, auch der Gewinn war mit 29,6 Mio. Euro fast dreimal so hoch wie vor einem Jahr.
Die Börse zeigte sich zunächst positiv überrascht, dennoch brach die Aktie im Verlauf des Tages um mehr als 7 Prozent in einem moderat positiven Marktumfeld ein. Der Grund: Für die Zukunft ist Konzernchef Pascal Urbon weniger zuversichtlich. "Die zweite Jahreshälfte sehen wir mit mehr Sorge", sagte er. Das Unternehmen hofft auf das Geschäft in Asien und Amerika.
Ob damit die Rückgänge in Europa aufgefangen werden können, ist aber unklar. Die Kasseler gehen nicht davon aus, dass sie bei Umsatz und Profitabilität an das Vorjahr heranreichen können.
Wie es in den kommenden Monaten weitergehen könnte, davon gibt schon der auf die Solarindustrie spezialisierte Maschinenbauer Centrotherm einen Vorgeschmack: Das Unternehmen rutschte zum Jahresauftakt mit einem Verlust von 30,6 Mio. Euro noch tiefer in die roten Zahlen. Viele Photovoltaikunternehmen können sich derzeit keine Investitionen in neue Produktionsanlagen leisten. Eine Verbesserung der Lage ist somit nicht in Sicht.
Conergy bald chinesisch?
Die Chinesen mischen indes weiter den Solarmarkt weltweit kräftig auf.: Dem angeschlagenen Conergy-Konzern mit seinen knapp 1500 Mitarbeitern naht womöglich Hilfe aus dem fernen Osten. Einem Zeitungsbericht zufolge steht die Hamburger Firma vor einem Teilverkauf an ein chinesisches Unternehmen. Das sorgte am Donnerstag an der Börse für einen Kurssprung um über 12 Prozent auf 55 Cent. Eine Conergy-Sprecherin erklärte indes: "Unmittelbar steht kein Deal bevor." Zudem gebe es immer wieder Anfragen von potenziellen Investoren oder Kooperationspartnern. Diese würden aber vertraulich behandelt.
Die "Financial Times Deutschland" hatte unter Berufung auf Unternehmenskreise berichtet, ein chinesisches Solarunternehmen wolle knapp 30 Prozent der Conergy-Aktien erwerben. Conergy-Manager und Aufsichtsräte hätten sich bereits dutzende Male mit dem Interessenten getroffen. Das Geschäft solle bis zum Sommer abgeschlossen sein. "Es ist nicht mehr eine Frage des Ob, sondern nur noch des Wann", sagte ein Insider dem Blatt.
Es handelt sich demnach um einen chinesischen Hersteller von Solartechnik, der Teil eines Firmenkonglomerats ist. Der chinesische Staat sei nicht beteiligt. Die Verhandlungen schritten nur langsam voran. Über die Grundzüge des Geschäfts sei man sich aber einig.
Der Hamburger Solarkonzern kämpft seit längerem ums Überleben. Nach einem Kapitalschnitt und anschließender Sachkapitalerhöhung gehört Conergy zu einem großen Teil Hedgefonds. Zudem hat sich die defizitäre Firma vom größten Teil ihrer Produktion getrennt und Personal abgebaut. Conergy ist als Systemanbieter und Projektentwickler unterwegs und hofft 2012 erstmals wieder - zumindest vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) - auf einen kleinen Gewinn. 2013 sollen dann auch unter dem Strich schwarze Zahlen stehen - erstmals seit 2005.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/rts