Wirtschaft

Inside Wall Street Sorgen um Ken Lewis

An einem schönen Tag im April - an der Wall Street brennt die Sonne mit fast 30 Grad und das Verbrauchervertrauen ist stärker gestiegen als erwartet - herrscht beste Laune im Finanzviertel, die man sich auch durch weitere Warnschüsse aus dem Finanzsektor nicht nehmen lassen will. Dabei steht dort nicht weniger als die Rally der letzten Wochen auf dem Spiel.

Denn die jüngsten Kursgewinne, die manchen Spekulanten schon an das Ende der Rezession und einen neuen, dauerhaften Aufschwung glauben lassen, hatten ja einmal mit einer guten Nachricht von der Citigroup begonnen. Die hatte lange vor der Ertragssaison einen Gewinn für das erste Quartal angekündigt, diesen später auch bestätigt, und damit Anlegern das Vertrauen zurückgegeben, dass man als zeitweiliger Penny-Stock verloren hatte.

Selbst kritischen Beobachtern war dabei nicht klar, wie blind und voller Vertrauen Investoren den Banken glauben konnten. Jeder weiß, dass die guten Quartalsergebnisse für Citi und die übrigen Finanzwerte nur aufgrund gewaltiger Bilanztricksereien zustande gekommen sind. Bei Goldman Sachs stellte man ja sogar die Quartalszählung um, versteckte Milliardenverluste im Dezember und ließ den Monat dann aus der Jahresbilanz streichen. Darauf muss man erst einmal kommen.

Anlegern war in den letzten Wochen auch egal, dass die Banken inmitten eines "Stress-Test" steckten, in dem die Regierung in Washington anhand von Rahmendaten untersuchte, ob und wie lange einzelne Unternehmen überhaupt am Leben bleiben konnten. Jetzt das Ergebnis: Citigroup und Bank of America müssen nach Sicht der Experten noch mehrere Milliarden Dollar an neuem Kapital aufnehmen, um stabil zu werden.

Die Banken widersprechen dieser Ansicht und wollen weiterhin bereits erhaltene Zuschüsse aus Washington zurückzahlen. Der Hintergrund ist schnell erkannt: Es geht nicht so sehr um eine wirkliche Verbesserung in den Büchern, und auch nicht einmal um eine Beruhigung der Anleger, sondern allein darum, dass die Banken ihren Managern unter dem TARP-Programm der Regierung die liebgewordenen Milliarden-Boni nicht zahlen dürfen. Dagegen sträubt sich die Branche.

Gro ßdemo geplant

Ein Mann muss sich derzeit besonders um seinen Bonus sorgen, streng genommen sogar um seinen Job. Ken Lewis, der CEO der Bank of America, dürfte bei der Hauptversammlung am morgigen Mittwoch stark unter Beschuss genommen werden. Vor dem Meeting am Stammsitz in North Carolina ist nicht klar, ob Lewis weiterhin an der Spitze des Unternehmens stehen wird - zu laut ist die Kritik an der Übernahme von Merrill Lynch und dem allgemeinen Kurs des Unternehmens.

Einige Großinvestoren, darunter ein kalifornischer Rentenfond mit 23 Mio. Aktien, werden gegen Lewis stimmen, dem zur Zeit nur die Stimmen der Broker sicher sind. Die vertreten finanziell ihre Kleinanleger, kümmern sich aber nicht um deren Meinung; Broker stimmen üblicherweise für das Management der jeweiligen Unternehmen. Die SEC will diese Stimmen künftig nicht mehr anerkennen, ein entsprechendes Gesetz wird aber erst ab 2010 greifen.

Das heißt nicht, dass sich Lewis bis zum nächsten Jahr keine Sorgen machen muss. Selbst wenn er bei den Wahlen eine knappe Mehrheit erreichen sollte, wollen viele Anlegerverbände einen Rücktritt fordern. Vor der Hauptversammlung sind Massen-Proteste geplant.

Quelle: ntv.de

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