Wirtschaft

Eurozone kämpft mit Inflation Soviel Arbeitslose wie noch nie

Proteste in Spanien gegen das Sparprogramm der Regierung.

Proteste in Spanien gegen das Sparprogramm der Regierung.

(Foto: REUTERS)

Rekord-Arbeitslosigkeit, schwächelnde Industrie, steigende Inflation: Die Eurozone kämpft an mehreren Fronten gegen den wirtschaftlichen Abstieg. Besonders hart trifft es Spanien. Deutschland und Österreich sind dagegen noch fein raus.

 Die Arbeitslosigkeit im Euroraum ist infolge der Krise zu Beginn des Jahres weiter gestiegen. Dazu feuert der hohe Ölpreis die Inflationssorgen deutlich an. Und zu allem Überfluss lässt die wirtschaftliche Dynamik zu wünschen übrig: Die Europäische Zentralbank (EZB) stürzt das in ein Dilemma. Während die Konjunkturflaute weitere Zinssenkungen rechtfertigen würde, sprechen die schneller steigenden Preise gegen noch billigeres Geld.

Die Arbeitslosenquote in der Währungsunion stieg im Januar überraschend auf 10,7 Prozent, teilte das Statistikamt Eurostat mit. Seit Dezember verloren damit 185.000 Männer und Frauen ihren Job. Das in der Schuldenkrise schwer angeschlagene Spanien hat mit 23,3 Prozent die höchste Arbeitslosenquote in der Währungsunion, Österreich mit 4 Prozent die niedrigste. In Deutschland liegt der nach Standards der Internationalen Arbeitsorganisation berechnete Wert bei 5,8 Prozent.

Kaufkraft leidet

"Die hohe Arbeitslosigkeit ist doppelt schlimm - aus sozialer Sicht und für das Wirtschaftswachstum", sagte Saxobank-Chefökonom Steen Jakobsen. Die EZB habe mit ihrer erneuten Geldspritze für die Banken zwar die Aktienmärkte beflügeln können, die Realwirtschaft warte jedoch noch auf eine Wirkung. "Das viele Geld, das die EZB druckt, kommt nicht in Form von Krediten bei den Unternehmen an", sagte Jakobsen. Die EZB hatte 800 Banken am Mittwoch zusammen fast 530 Milliarden Euro zum Zins von aktuell einem Prozent für drei Jahre geliehen, um eine Kreditklemme zu vermeiden.

Die Kaufkraft der Verbraucher leidet nicht nur unter der zunehmenden Arbeitslosigkeit, sondern auch unter steigenden Preisen. Teures Tanken und Heizen feuerten die Inflation im Februar überraschend deutlich an. Waren und Dienstleistungen kosteten im Schnitt 2,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Im Januar waren es noch 2,6 Prozent.

Hauptgrund waren die wegen der Iran-Krise steigenden Ölpreise. In Euro berechnet kostete Öl im Februar so viel wie nie zuvor. Das führte auch in Deutschland zu Rekordpreisen für Benzin und Diesel. Heizöl verteuerte sich ebenfalls kräftig. "Das sind schlechte Nachrichten für die Konsumenten", sagte Howard Archer von His Global Insight. "Das nagt an ihrer Kaufkraft."

Unternehmen klagen

Die EZB spricht nur bei Werten knapp unter zwei Prozent von stabilen Preisen. Anders als lange prognostiziert dürfte die Teuerungsrate in diesem Jahr nicht unter diese Marke fallen, befürchtet Commerzbank-Experte Christoph Weil. Zumal eine Lösung der Iran-Krise nicht in Sicht ist.

Wegen der hartnäckig hohen Inflation dürfte die EZB Experten zufolge zögern, ihren Leitzins noch weiter zu senken. Ein solcher Schritt würde den kreditfinanzierten Konsum befeuern und die Preissteigerung weiter anheizen. Der Leitzins liegt derzeit auf dem Rekordtief von einem Prozent.

Galoppierende Kosten

Die hohen Ölpreise machen nicht nur den Verbrauchern zu schaffen, sondern auch den Unternehmen. "Infolge der Verteuerung von Kraftstoffen, Öl, Kunststoffen und Stahl sowie weiterer Rohstoffe beschleunigte sich der Kostenauftrieb so stark wie selten zuvor in der Umfragegeschichte", erklärte das Markit-Institut, das im Februar Tausende Unternehmen in den Euro-Ländern befragt hat.

Galoppierende Kosten meldeten vor allem Hersteller von Vorleistungsgütern wie Chemieerzeugnissen und Metallen. In allen von der Umfrage erfassten Ländern stieg der Preisdruck und erreichte meist wieder die Werte von Mitte 2011. Ihre Verkaufspreise konnten die Firmen aber wegen der anhaltenden Nachfrageschwäche und des starken Wettbewerbs kaum erhöhen.

Es besteht "Anlass zur Sorge"

Die Industrie in der Eurozone kommt auch wegen des wachsenden Kostendrucks nur mühsam aus der Krise. Ihre Geschäfte liefen im Februar erneut schlechter als im Vormonat, wie Markit mitteilte. Der Einkaufsmanagerindex legte zwar um 0,2 auf 49 Punkte zu und kletterte auf den höchsten Wert seit sechs Monaten. Wachstum signalisiert das Barometer aber erst jenseits der 50-Zähler-Marke. Der Industriesektor stabilisiere sich nach der Delle Ende 2011 zwar, sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson: "Anlass zur Sorge besteht jedoch zuhauf."

Nennenswertes Wachstum meldete allein die Industrie in Österreich. Leicht bergauf ging es auch in Deutschland und den Niederlanden. In Frankreich stabilisierte sich die Lage erstmals seit August 2011 wieder. In Italien verlangsamte sich die Talfahrt, in Spanien beschleunigte sie sich hingegen. In Griechenland verschlechterte sich die Situation dramatisch, das Barometer sackte auf ein Rekordtief. "Hier kam es zu den stärksten Produktions- und Auftragsrückgängen seit Beginn der dortigen Umfrage 1999", sagte Williamson.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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