Schuldendeckel "Made in Germany" Spanien installiert die Bremse
02.09.2011, 22:34 Uhr
Unmut auf den Straßen.
(Foto: REUTERS)
Gegen alle Widerstände in der Bevölkerung stimmen die Abgeordneten im spanischen Parlament mit einer ungewöhnlich breiten Mehrheit für die Aufnahme einer Schuldenbremse in die Verfassung. Die deutsche Bundeskanzlerin ist begeistert.
Das spanische Abgeordnetenhaus hat der Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung zugestimmt. In seltenem Einvernehmen billigten die regierenden Sozialisten und die Mitglieder der führenden Oppositionspartei PP mit großer Mehrheit die neue Regelung, die 2020 in Kraft treten soll.

Spannung im Parlament. Hier fiebern sie noch der Abstimmung entgegen: Premierminister Jose Luis Rodriguez Zapatero (links) und seine Wirtschaftsministerin Elena Salgado.
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Die Parteien wollen mit diesem Schritt zwei Monate vor der Parlamentswahl Vertrauen an den Finanzmärkten zurückgewinnen. Investoren hatten zuletzt verstärkt an der Haushaltspolitik und der Finanzkraft des Landes gezweifelt. Anleger blickten dabei vor allem auf die im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung - die sogenannte Schuldenquote - und im Fall Spaniens insbesondere auch auf die Risiken aus dem Bau- und Bankensektor.
Es wird erwartet, dass der Senat am kommenden Mittwoch die Einführung einer Schuldenbremse bestätigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte das Votum als "Riesenschritt".
"Damit bekommt man wieder Vertrauen für die Zukunft", sagte Merkel bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Neubrandenburg. Die Schuldenbremse in Spanien sieht keine absolute Schuldenhöhe vor, sondern bezieht sich wie das deutsche Vorbild auf das strukturelle Staatsdefizit - die um Konjunktureffekte bereinigte Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben des Staates. Dieses darf über den Konjunkturzyklus hinweg 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten.
Harte Verfassungsmechanik
Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy haben Spanien und andere Euro-Staaten dazu gedrängt, die Haushaltsdisziplin zu verbessern und Schuldenbremsen gesetzlich zu verankern.
Spanien will sein Haushaltsdefizit bis 2013 wieder unter die im EU-Stabilitätspakt vorgesehene Obergrenze von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken. Um dies zu erreichen, wurden die Sozialausgaben bereits deutlich gekürzt. Die Gewerkschaften haben bereits zu Streiks gegen die Aufnahme einer Schuldenbremse in die Verfassung aufgerufen.
Merkel bekräftigte in ihrer Wahlkampfrede ausdrücklich ihre Forderung, dass alle Euro-Staaten eine Schuldenbremse einführen sollten. "Jedes Land muss seine Hausaufgaben machen", sagte die Kanzlerin. Eine Schuldenbremse in den Verfassungen verhindere, dass es bei Regierungswechseln oder in Krisensituationen wieder eine Rückkehr zur Schuldenpolitik gebe.
Quelle: ntv.de, mmo/rts