Wirtschaft

Probleme wohin das Auge reicht Spaniens Konjunktur steht still

Arbeitslosigkeit in Rekordhöhe, schwache Konjunktur und ein ernstes Schuldenproblem: Spanien steckt in großen Schwierigkeiten. Besserung ist nicht in Sicht. Auch der nahende Regierungswechsel wird den gnadenlosen Anleihemarkt wohl nicht milde stimmen.

Arbeitslose in der Touristenhochburg Marbella.

Arbeitslose in der Touristenhochburg Marbella.

(Foto: REUTERS)

Die Krise macht Spanien schwer zu schaffen. Die Regierung versucht, mit Sparpaketen die Schuldenlast zu reduzieren. Doch damit werden die Probleme nicht geringer. Im Gegenteil: Der Sparkurs trägt dazu bei, dass die ohnehin schon schwache Konjunktur zum Stillstand kommt.

So büßte die spanische Wirtschaft im dritten Quartal weiter an Dynamik ein. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im Vergleich zu den drei Monaten davor nicht, wie das nationale Statistikamt mitteilte. Im Jahresvergleich lag das Wachstum bei 0,8 Prozent.

Vor diesem Hintergrund korrigierte die Regierung die Prognose für das Gesamtjahr nach unten. Sie rechnet nunmehr mit einem Wachstum von 0,8 Prozent. Die angestrebte Rate von 1,3 Prozent lässt sich nicht mehr erreichen.

Ziele nicht erreichbar

Die Regierung des scheidenden Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hatte sich zuletzt darauf konzentriert, die Staatsschulden in den Griff zu bekommen. Sie setzte alles daran, die Neuverschuldung in diesem Jahr auf 6 Prozent (2010: 9,2 Prozent) des Bruttoinlandsprodukts zu senken, wie Madrid es der EU zugesichert hatte.

Die EU-Kommission und die große Mehrheit der Finanzexperten gehen jedoch davon aus, dass Madrid sein Ziel kaum erreichen wird. Dies hat vor allem einen Grund: Die Wirtschaft liegt am Boden. Und wenn das BIP stagniert oder gar sinkt, dann steigt auch die Verschuldung. Das Land ist deshalb dringend auf Wachstum angewiesen. Doch vor dem Hintergrund von globaler Konjunkturabkühlung und drakonischen Sparmaßnahmen wird es dazu nicht so bald kommen.

Hohe Arbeitslosigkeit

Außerdem leidet Spanien unter einer außerordentlich hohen Arbeitslosigkeit. Die Quote liegt bei knapp 22 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit ist fast doppelt so hoch. Fünf Millionen Spanier haben keinen Job, in 1,3 Millionen Familien hat kein Mitglied Arbeit. "Das Erstaunliche daran ist, dass es keine Aufstände gibt", sagte José Manuel González-Páramo, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), der Zeitung "El País". "Auf die Dauer ist so ein Zustand nicht tragbar." Viele Arbeitslosen schlagen sich mit Schwarzarbeit durch, andere bekommen Hilfe von Familienangehörigen.

Zapatero setzte Einsparungen von zehn Milliarden Euro durch. Dies kostete ihn seine Popularität und die politische Karriere. Am kommenden Sonntag wird in Spanien ein neues Parlament gewählt, der konservativen Opposition wird ein Erdrutschsieg vorhergesagt.

Zapateros vermutlicher Nachfolger Mariano Rajoy wird nach Schätzungen von Experten mehr als dreimal so viel einsparen müssen, wenn er Spaniens Verpflichtung einhalten will, das Defizit 2012 auf 4,4 Prozent des BIP zu drücken. Wie das gelingen soll, bleibt offen. Die konservative Volkspartei hat bereits weitere Einschnitte angekündigt. Konkret wurde sie aber nicht. Rajoy ließ sich im Wahlkampf nur wenige Details entlocken. Bisher kündigte er vor allem an, die Schere überall anzusetzen - "außer bei den staatlichen Renten, Gesundheit und Bildung."

Gnadenloser Anleihemarkt

Mit den Sparmaßnahmen wollen Spaniens Politiker vor allem die Renditen auf dem Anleihemarkt drücken. Das Land kann sich derzeit nur zu hohen Zinsen refinanzieren. Für Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit verlangen Investoren mehr als sechs Prozent Zinsen – auf Dauer ist das Niveau unbezahlbar.

Ob ein drastischer Sparkurs die Renditen aber wirklich drückt, ist unwahrscheinlich. Viele Fachleute sehen das mangelnde Wachstum der Konjunktur, die Rekordarbeitslosigkeit und den angeschlagenen Bankensektor als die eigentlichen Gründe für das Misstrauen der Investoren in die Bonität des Landes.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

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