Viel Skepsis auf kurze Sicht Spaniens Schulden werden teurer
19.06.2012, 11:56 Uhr
Der Zauber verblasst: Eine stolze Nation wird zu einem Schatten ihrer selbst.
(Foto: REUTERS)
Das Misstrauen gegen Spanien wächst. Bei einer Auktion von Anleihen sammelt das Hochschuldenland zwar wie geplant drei Milliarden Euro ein. Aber das Zinsniveau erreicht jetzt selbst im kurzen Laufzeitbereich bedrohliche Höhen. Investoren gehen offenbar davon aus, dass Spanien es nicht mehr lange schaffen wird, sich über Wasser zu halten.
Der Druck auf Spanien nimmt von Tag zu Tag zu: Der Staat hat seine jüngste "Nagelprobe" zwar wieder bestanden, aber bei der Emission von Schuldtiteln wieder deutlich höhere Renditen zahlen müssen. Nachdem am Vortag zehnjährige Anleihen über sieben Prozent stiegen, schnellten am Dienstag auch die Renditen der Kurzläufer in Höhe.
Um sich für lediglich 12 und 18 Monate Geld bei Investoren zu borgen, musste Spanien Zinsen in Höhe von 5,074 und 5,107 Prozent bieten. Der Vormonatsvergleich verdeutlicht das Misstrauen der Finanzmarktteilnehmer: Im Mai waren es lediglich noch 2,9 und 3,3 Prozent. Die Auktion war die erste des in die Schuldenkrise gezogenen Landes seit der Parlamentswahl in Griechenland.
Spanien fährt auf kurze Sicht
Die Nachfrage nach den Papieren war zwar groß, aber es wird immer klarer, dass die Mittelaufnahme zu diesen Konditionen für Spanien nicht mehr lange durchzuhalten sein wird. Am Donnerstag will Madrid bis zu fünfjährige Anleihen anbieten. Dass Spanien wider Erwarten keine 10-Jahrestitel anbieten wollte, sondern zwei- bis fünfjährige Papiere, hatte den Markt am Vortag negativ überrascht.
Insgesamt sammelte das schuldengeplagte Spanien 3,04 Mrd. Euro ein, so viel wie geplant. Die hohen Renditen ließen die Nachfrage auch wieder in die Höhe schnellen. Die Auktion der 12-Monats-Papiere war 2,2-fach überzeichnet, die 18-Monats-Papiere waren 4,4-fach überzeichnet. Damit verlief die Auktion am Ende unspektakulär.
An den Finanzmärkten gab es entsprechend auch keine nervöse Zuckungen nach der Emission. "Dieser Zinssatz ist angesichts des jüngsten Renditeanstiegs am Rentenmarkt keine Überraschung", sagte ein Händler.
Bankenprüfung auf der langen Bank
Erst am Vortag der spanische Bankensektor mit neuen Schreckensmeldungen aufgewartet: Die faulen Kredite in den Büchern der Geldhäuser sind nach Daten der spanischen Zentralbank auf den höchsten Stand seit 1994 gestiegen. Im April kletterte der Anteil der Kredite in Zahlungsverzug von 8,32 auf 8,72 Prozent. Das entspricht einer Summe von etwa 152 Mrd. Euro.
Unterdessen wurde der Abschlusstermin für die intensive Buchprüfung bei spanischen Banken durch vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Insidern aus der Zentralbank zufolge von Ende Juli auf September verschoben. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Deloitte, KPMG, PwC und Ernst & Young sollen die Bankbilanzen gründlicher durchleuchten als die beiden Beraterfirmen Oliver Wyman und Roland Berger. Sie werden voraussichtlich Ende der Woche eine erste Vorabschätzung zum Kapitalbedarf der Geldhäuser des Landes vorlegen.
Spanische Medien berichteten unterdessen vorab, dass die mit der Prüfung der spanischen Banken beauftragten Unternehmen Oliver Wyman und Roland Berger einen Mittelbedarf von bis zu 150 Mrd. Euro ausmachen könnten. Das wäre deutlich mehr als die angekündigten 100 Mrd. Euro schweren Bankenhilfen für Spanien aus den europäischen Rettungstöpfen.
Marktbeobachter sehen den Trend an den Kreditmärkten durchweg kritisch. Die Euro-Krise beherrsche die Lage. "Wir brauchen Glaubwürdigkeit aus der Politik, stattdessen nimmt die Unsicherheit zu", kommentierte ein Kreditanalyst.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts