Geplatzte Börsenträume Springer Science wird verkauft
19.06.2013, 11:56 UhrDas wochenlange Hin und Her hat endlich ein Ende: Springer Science geht nicht an die Börse, sondern für 3,3 Milliarden Euro an BC Partners. Der parallel zum möglichen Verkauf vorbereitete Börsengang ist damit vom Tisch.
Die größte Übernahme in Deutschland durch einen Finanzinvestor seit der Finanzkrise ist perfekt. Die Beteiligungsgesellschaft BC Partners schluckt den Wissenschaftsverlag Springer Science für bis zu 3,3 Mrd. Euro und durchkreuzt damit dessen Börsenpläne, wie die bisherigen Eigentümer EQT und GIC mitteilten. Mehr hatten Finanzinvestoren zuletzt im Jahr 2006 gezahlt: KKR und Goldman Sachs ließen sich den Gabelstapler-Konzern Kion damals vier Mrd. Euro kosten. Doch in den Jahren danach hatten Finanzinvestoren Schwierigkeiten, an die für milliardenschwere Übernahmen notwendigen Kredite zu kommen.
Mit der Einigung geht ein wochenlanger Poker um Springer Science zu Ende. Am vergangenen Freitag hatten sich EQT und GIC eigentlich schon für einen Börsengang Anfang Juli entschieden, weil man sich mit BC Partners nicht auf den Preis hatte einigen können. Doch dann kam der Interessent an den Verhandlungstisch zurück: "BC Partners hat ein verbessertes und sehr attraktives Angebot für unser Unternehmen gemacht", erklärte Springer-Science-Chef Derk Haank nun. EQT und GIC hatten sich zunächst einen Preis von 3,5 Mrd. Euro vorgestellt - inklusive rund 1,7 Mrd. Schulden.
Am Ende stand ein Kompromiss: BC Partners zahlt zunächst 3,1 Mrd. Euro, wie zwei Verhandlungsteilnehmer sagten. Wenn Springer Science sich gut weiter entwickelt, bekommen die schwedische EQT aus dem Umfeld der Milliardärsfamilie Wallenberg und der singapurische Staatsfonds GIC noch rund 200 Mio. Euro Nachschlag. Zudem bleiben EQT und GIC mit rund zehn Prozent an Springer Science beteiligt. "Die Transaktion gibt EQT die Möglichkeit, weiter von der Entwicklung von Springer Science zu profitieren", sagte EQT-Deutschland-Chef Marcus Brennecke.
Entscheidung in letzter Minute
Ein Übernahmepoker dieser Art ist nichts Ungewöhnliches für Finanzinvestoren. Sie prüfen einen Verkauf und einen Gang an die Börse meist parallel, um den besten Weg zum Ausstieg auszuloten und den Preis nach oben zu treiben. Doch dass die Grundsatzentscheidung so spät fällt, kommt selten vor. Zuletzt hatte der Kabelnetzbetreiber Kabel BW im Frühjahr 2011 so kurz vor einem Börsengang gestanden, ehe der Eigner des Konkurrenten Unitymedia, der US-Medienriese Liberty Global für mehr als drei Mrd. Euro den Zuschlag erhielt.
Für Springer ist BC Partners der dritte Finanzinvestor, seit das Unternehmen 2003 aus BertelsmannSpringer und einem Teil des niederländischen Konzerns Wolter Kluwer geschmiedet worden war. Mit dem ebenfalls in Berlin ansässigen Axel Springer Verlag ("Bild", "Welt am Sonntag") hat Springer Science nichts zu tun. EQT und GIC hatten Springer Science erst vor drei Jahren für 2,3 Mrd. Euro gekauft und weiter ausgebaut. Sie haben nach eigenen Angaben 304 Mio. Euro investiert.
Für BC Partners bleibt nun die Aufgabe, die Umstellung des Rivalen der britisch-niederländischen Reed Elsevier auf digitale Publikationswege zu vollenden, das Datenbankgeschäft auszubauen und die Internationalisierung voranzutreiben. Zeitschriften und Bücher aus den Bereichen Wissenschaft, Technik und Medizin, wie sie Springer verlegt, sind immer häufiger online abrufbar. Springer Science gibt mehr als 8000 Bücher im Jahr und rund 2200 englischsprachige Fachzeitschriften heraus.
BC-Partners-Manager Eduard Walgenbach erklärte, Springer sei immer noch eine Wachstumsgeschichte. Das Unternehmen ist zudem hochprofitabel. In den vergangenen drei Jahren hat der Umsatz nach EQT-Angaben im Schnitt um je sechs Prozent auf zuletzt 981 Mio. Euro zugelegt, der operative Gewinn (Ebitda) sogar um jeweils 12,6 Prozent auf 341 Mio. Euro 2012. Der auf das Jahr 1842 zurückgehende Verlag beschäftigt 7000 Mitarbeiter.
Quelle: ntv.de, rts