Ferdinand Dudenhöffer Staat muss bei Opel einsteigen
15.05.2009, 15:28 UhrDie Lage bei Opel spitzt sich zu. General Motors wird wohl Insolvenz anmelden und könnte Opel mit in den Abgrund reißen. Im Gespräch mit n-tv.de spricht der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer über die Treuhand-Lösung, die Insolvenz von GM und warum der Staat bei Opel einsteigen müsste.
n-tv.de: Was halten Sie denn von der Treuhand-Lösung für Opel?
Ferdinand Dudenhöffer: Wenig, weil sie halbherzig ist. Halbherzige Dinge haben noch nie funktioniert und mit dieser Halbherzigkeit gehen wir in Berlin bereits sechs Monate schwanger. Diese Lösung ist nicht wirklich tragfähig. Es ist ein Notnagel mit dem ein paar Tage zu überbrücken sind. Die Schwierigkeiten waren bereits vor einem halben Jahr erkennbar. Es gibt große Insolvenzrisiken in den USA, die sich übertragen könnten. Vor einem halben Jahr hätte man schon das Bekenntnis abgeben können: Ja, wir bauen das gemeinsam auf und beteiligen uns (als Staat, Anm. d. Red.) als Eigenkapitalgeber zeitweise. Das ist kein Staatseinstieg. Dann hätte man in aller Ruhe Opel aus dem GM-Konzern herauslösen können. Dadurch wäre es möglich gewesen, die Insolvenzrisiken wegzuschieben, und hätte sich in aller Ruhe mit Fiat, Magna und anderen unterhalten können. Damit wäre der Aufbau eines vernünftigen Konzepts möglich gewesen.
Können Sie das angedrohte Veto aus den USA zur Treuhandlösung verstehen?
Sicher kann ich das verstehen. Da sind erstens rechtliche Probleme. GM wird wahrscheinlich in den kommenden Tagen insolvent gehen. Das Unternehmen kann man nicht so aufstellen, dass sich ein Teil davon in Deutschland in Treuhänderschaft befindet. Wie soll das funktionieren? Da spielen auch die Gläubiger eine Rolle. Bei einer solchen Lösung würde man die Gläubiger ja teilweise enteignen, denn Opel gehört ja noch zu GM. Die Einstellung der deutschen Politik ist ja: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Da kann ich die US-Regierung gut verstehen. Die Amerikaner steigen bei ihren Unternehmen ein. Das hat Gründe, die ich für richtig halte. Es gibt eine besondere Situation und da setzt sich die Regierung gegen die Marktradikalen durch. Die Situation war von vorneherein absehbar und mittlerweile hat man neun Monate verloren.
Die Insolvenz von General Motors zeichnet sich immer mehr ab. Was passiert denn dann mit Opel?
Dann wird General Motors keine Zahlungen mehr an Tochtergesellschaften leisten können. Dadurch wird es ein Problem beim Cashflow geben. Da GM bereits jetzt tief in den roten Zahlen steht, werden sie Verpflichtungen gegenüber Gläubigern nicht zahlen können. Man kann sicherlich nicht ausschließen, dass es Anschlussinsolvenzen bei Tochtergesellschaften in Europa geben wird. Genau davor hat man ja Angst.
Wie ist denn die finanzielle Lage von Opel? Werden da Verluste aus den USA nach Europa verbucht?
Nein. Man arbeitet kurz und bringt mit dem Astra ein neues Modell auf den Markt. Das ist ein riesiges Investitionsprojekt, bei dem es Abschreibungen vorab gibt. Saab ist für GM Europe eine besondere Belastung. Schauen Sie sich die anderen Autobauer an. Da gibt es derzeit kein Unternehmen der Welt, das mit Gewinn arbeitet. Alle sind derzeit in den roten Zahlen. Das wird das ganze Jahr 2009 so bleiben. Daher ist das Risiko der Anschlussinsolvenz sehr hoch. Deshalb erwägt man jetzt fieberhaft Konstruktionen, die nach meiner Einschätzung nicht tragfähig sind.
Hat der neue Astra das Potenzial Opel zu retten?
Ja, aber nicht im Jahr 2009. Das könnte frühestens 2010 oder 2011 passieren. Das nächste Jahr wird auch noch schwer werden. Wir glauben, dass sich 2011 die Märkte langsam bereinigen. Bis 2011 wird nach unserer Einschätzung die Weltwirtschaft wieder anziehen. Bis dahin wird Liquidität für GM Europe ein entscheidendes Thema sein. Das wird sich in den nächsten Monaten eher noch verschärfen. Deshalb haben wir vor Monaten gefordert, Opel Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Das ist wichtig.
Würde das helfen?
Es wurde immer gesagt, dass man keine Kredite geben wird, solange Opel bei General Motors integriert ist. Jetzt werden Konstruktionen entworfen, nur um sich um ein Dogma herum zu bewegen. Dabei ist ein Staatseinstieg eine der größten Nebensachen. Auf der anderen Seite gibt es das VW-Gesetz, man beteiligt sich bei Banken, macht Bad Banks und so weiter. Da fragt man sich wirklich, wo der Unterschied ist? Warum hängt man an so einem Dogma?
Beim Treffen der europäischen Opel-Händler wurde beschlossen, ebenfalls bei Opel einsteigen zu wollen. Ist das eine ernsthafte Option?
Die können allenfalls mit einsteigen. Aber eine wesentliche Rolle können sie nicht spielen. Die Händler haben bei weitem nicht ausreichend Geld, um Opel zu kaufen. Da gibt es die Idee, 150 Euro pro Auto zurückzulegen. Damit bekommen sie allenfalls fünf bis zehn Prozent. Auto-Händler haben dünne Kapitaldecken. Kredite für ein solches Projekt bekommen sie nicht. Auch die Arbeitnehmer können da nicht entscheidend mitwirken. Da wird schon ein Jahr lang erzählt, dass man Opel retten will. Aber bisher ist keinerlei Konzept da. Momentan gibt es drei Möglichkeiten. Die beste Option ist das Angebot von Magna. Das ist auch nicht ganz einfach in der derzeitigen Situation, weil in Russland derzeit auch nicht viel Geld da ist. Aber das ist ein tragfähiges Konzept. Aber dazu braucht man eine Brückenfunktion und dazu müsste sich der Staat an dem Unternehmen beteiligen. In dieser Situation ist das notwendig.
Quelle: ntv.de, Mit Ferdinand Dudenhöffer sprach Markus Mechnich.