Vorboten der Rezession? Stahlbranche ist nicht mehr "hot"
29.09.2011, 16:24 Uhr
(Foto: REUTERS)
Der Höhenflug der Stahlbranche ist vorbei: Primus ArcelorMittal fährt die Produktion zurück und auch ThyssenKrupp und KlöCo schauen nicht mehr so optimistisch wie bisher in die nahe Zukunft. Grund ist ein unerwarteter Nachfragerückgang - ein Fingerzeig für die Entwicklung der Weltwirtschaft?
Nach starken Zuwächsen im ersten Halbjahr fährt die Schwerindustrie um Weltmarktführer ArcelorMittal die Produktion zurück. Auch die deutschen Branchenführer ThyssenKrupp und Salzgitter drosseln ihren Ausstoß. "Die Stahlproduktion soll im vierten Quartal um 500.000 Tonnen reduziert werden", sagte ein Insider aus dem ThyssenKrupp-Konzern. Die Lager der Kunden seien noch gut gefüllt. Es werde aber kein Hochofen stillgelegt.
ArcelorMittal hatte wegen der gedämpften Nachfrage angekündigt, Öfen in Eisenhüttenstadt, Frankreich und Luxemburg abzuschalten. Die Produzenten wollen damit auch ihre Preise hochhalten.
Salzgitter köchelt weniger
Noch im ersten Halbjahr hatte die Branche mit einem weltweiten Jahresumsatz von mehreren hundert Milliarden Euro vor Zuversicht gestrotzt: "Wir sehen für die nächsten Monate bis Ende des Jahres keine Wolken aufziehen", hatte Ende Juni der Präsident des europäischen Stahlverbandes Eurofer und Chef des österreichischen Stahlkonzerns Voestalpine , Wolfgang Eder, gesagt. Voestalpine hat seine Produktion auch noch nicht gekürzt, wie eine Sprecherin sagte.
Der deutsche Branchenzweite Salzgitter erklärte hingegen, wegen der gedämpften Nachfrage die Flachstahlproduktion um zehn Prozent oder rund 300.000 Tonnen zurückzufahren. Ein Teil davon sei bereits im dritten Quartal umgesetzt worden, der Rest sei im vierten Quartal geplant.
Ausgelastete Hochöfen
"Wir sind dabei, die Lage zu beobachten", sagte ein Sprecher von ThyssenKrupp Steel Europe nun. Der Konzern werde auf den Auftragseingang reagieren. Noch vor wenigen Monaten hatte der Hersteller erklärt, eher zu wenig als zuviel Stahl zu haben. Die Anlagen waren zu 100 Prozent ausgelastet, derzeit liegt der Wert bei 85 Prozent. ThyssenKrupp Steel Europe hatte im Geschäftsjahr 2009/10 rund 13 Millionen Tonnen Rohstahl und rund 2 Millionen Tonnen Edelstahl produziert.
Nachfrage kühlt sich ab
Kunden wie die deutsche Autoindustrie und der Maschinenbau produzieren zwar noch auf Hochtouren, die Anlagenbauer erwarten aber 2012 ein Wachstum von nur noch vier Prozent nach 14 Prozent in diesem Jahr. Auch die trüberen weltweiten Konjunkturaussichten und die Unsicherheit durch die Euro-Krise belasten die Stahlmärkte.
Der Duisburger Stahlhändler Klöckner & Co hatte vor wenigen Tagen von einer gedämpften Nachfrage seiner Kunden berichtet. "Der übliche Rebound nach der Sommerpause hat so nicht stattgefunden", sagte KlöCo-Chef Gisbert Rühl.
Frühindikator und Stimmungsbild
Im August war die Stahlproduktion in Europa auf 12,7 Millionen Tonnen von 15 Millionen Tonnen im Juli zurückgegangen. Die EU ist der zweitgrößte Stahlhersteller-Region der Welt nach China und Japan. Das Handelsministerium in Japan teilte mit, dass die Rohstahlnachfrage in Abschlussquartal wohl 1,8 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen werde.
Ein Stimmungsbild der Branche wird auch von der Weltstahlkonferenz erwartet, zu der sich die Industrie Mitte Oktober in Paris trifft. Die Stahlindustrie gilt als konjunktureller Frühindikator.
Quelle: ntv.de, bad/rts