Wirtschaft

Berlin nimmt Spekulanten aufs Korn Stark folgt Rehn nach Athen

Die Spekulationswellen gegen den Euro könnten den Handel mit Kreditderivaten für immer verändern. In den Regierungszentralen der Euro-Länder wächst der Unwillen, dem Treiben am Finanzmarkt länger untätig zuzusehen. Eurogruppen-Chef Juncker droht mit Sanktionen, Berlin will das Problem international angehen.

Besuch aus Brüssel: Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou empfängt Währungskommissar Olli Rehn mit einladenden Gesten.

Besuch aus Brüssel: Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou empfängt Währungskommissar Olli Rehn mit einladenden Gesten.

(Foto: REUTERS)

Das Bundesfinanzministerium hat im Zusammenhang mit der griechischen Schuldenkrise mehr Transparenz bei bestimmten Derivaten gefordert. "Wir sind der Meinung, dass mehr Transparenz bei CDS nötig ist", sagte ein Ministeriumssprecher. Lösungen für diese Kreditderivate müssten auf internationaler Ebene gefunden werden, nationale Alleingänge seien nicht zielführend.

Zuvor hatte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker den Teilnehmern am Finanzmarkt mit Sanktionen gedroht. "Wir haben die Folterwerkzeuge im Keller, und wir zeigen sie, wenn es nötig ist", sagte Juncker dem "Handelsblatt". "Wir müssen das Primat der Politik wieder stärken, sie muss die Finanzmärkte stoppen können", so Juncker. Die Politik sei nur soweit erpressbar, wie sie sich erpressen lasse. Mit Credit Default Swaps (CDS) versichern sich Emittenten gegen Ausfallrisiken bei Anleihen. Die Derivate waren im Zuge der Griechenland-Krise verstärkt in den Blickpunkt geraten. Frankreich hatte ein Verbot der Ausfallversicherungen angedroht.

Deutschland rührt am IWF-Tabu

Einer Studie im Auftrag des Deutschen Bundestag hatte zuletzt ergeben, dass ein Land der Euro-Gruppe grundsätzlich auch Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch zu nehmen könne ohne damit europäische Verträge zu verletzen. Eine Finanzspritze des IWF gilt innerhalb der EU allerdings als umstritten. Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte kürzlich erklärt, das Land sei kein Fall für den IWF. Kritiker gehen davon, dass Hilfen des IWF mit weiteren harten Sparbedingungen verbunden sein dürften.

Diskrete Dienstreise ins Krisenland: Jürgen Stark (Archivbild).

Diskrete Dienstreise ins Krisenland: Jürgen Stark (Archivbild).

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Unterdessen hat EU-Währungskommissar Olli Rehn von der griechischen Regierung größere Anstrengungen zum Abbau seiner gewaltigen Staatsverschuldung gefordert. "Weitere Maßnahmen sind notwendig", sagte Rehn nach einem Treffen mit dem griechischen Finanzminister Giorgos Papakonstantinou. Gleichzeitig gab er sich zuversichtlich, dass die griechische Regierung die Finanzkrise mit Hilfe der Europäischen Union überwinden werde.

Rehn wollte in Athen mit Vertretern der griechischen Regierung und der Notenbank über Details des Sparprogramms sprechen. Athen muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, um das gigantische Haushaltsdefizit von 12,7 Prozent innerhalb eines Jahres um vier Prozentpunkte zu drücken. Athen hat mehr als 300 Mrd. Euro Schulden.

Chefvolkswirt der Euro-Zone reist an

An den aktuellen Athener Gesprächen nimmt neben Rehn auch der EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark teil. Der Experte der Europäischen Zentralbank (EZB) traf am Morgen mit griechischen Regierungsvertretern zusammen, um die kritische Finanzlage des EU-Defizitsünders zu erörtern. Die EZB bestätigte die Teilnahme Starks an den Gesprächen erst nachdem er von Beobachtern im griechischen Finanzministerium erkannt worden war. Rehn habe sich demnach zunächst zu einem Vier-Augen-Gespräch mit Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou treffen wollen. Anschließend soll der Kreis um Stark, den griechischen Notenbankchef Giorgos Provopoulos, sowie die Minister für Wirtschaft und Arbeit erweitert worden sein.

Der Fall Griechenlands zeigt nach Ansicht des Eurogruppen-Chefs die Notwendigkeit einer europäischen Wirtschaftsregierung. "In der Eurogruppe muss allen, und derzeit vor allem Griechenland klar sein, dass jedes Mitglied ein Stück seiner Souveränität verliert", betonte Juncker. "Wenn wir das griechische Problem gelöst haben, müssen wir uns einen Werkzeugkasten zulegen, um ähnliche Probleme in der Zukunft zu vermeiden." Es sei allerdings klar, dass es nach Vertragslage nicht zu einer Schuldenübernahme (Bail-out) kommen werde.

An den Devisenmärkten hatte die Ungewissheit über ein mögliches Rettungspaket für Griechenland eine Spekulationswelle gegen den Euro ausgelöst. Seit seinem Jahreshoch im November 2009 von rund 1,51 Dollar hat der Euro rund zehn Prozent verloren. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Milliardenhilfen aus Deutschland bereits ausdrücklich ausgeschlossen. Sie trifft sich am Freitag in Berlin mit dem griechischen Regierungschef Giorgos Papandreou.

Griechenland muss der EU Mitte März einen ersten Zwischenbericht zum Abbau seines hohen Staatsdefizits vorlegen. Eine Staatspleite Griechenlands würde nicht nur Europa und die europäische Währungsunion, sondern das gesamte Weltfinanzsystem erschüttern.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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