"Die Spareinlagen sind sicher" Steinbrück und sein Versprechen
05.10.2012, 18:47 Uhr
Peer Steinbrück.
(Foto: picture alliance / dpa)
Als Finanzminister in der Großen Koalition kämpft Peer Steinbrück gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel gegen die Finanzkrise. Beide garantieren in einem denkwürdigen Auftritt die Spareinlagen der Deutschen. Steinbrück profitiert noch immer von diesem Versprechen - denn es verdeckt grobe Fehler.
Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. "Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind", versichert Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Die Sparerinnen und Sparer in Deutschland werden nicht befürchten müssen, einen Euro ihrer Einlagen zu verlieren", betont auch Finanzminister Peer Steinbrück, der vor vier Jahren, im Oktober 2008, neben ihr steht. Es ist ein denkwürdiger Auftritt – und ein weitreichendes Versprechen.
Die Finanzkrise hatte angesichts des Zusammenbruchs der US-Investmentbank Lehman Brothers einen dramatischen Höhepunkt erreicht. Unmittelbarer Anlass der ungewöhnlichen Garantie war aber der drohende Kollaps der Hypo Real Estate, die sich am US-Hypothekenmarkt verspekuliert hatte. Steinbrück sagt später, es habe hierzulande tatsächlich ein Bankrun gedroht. Es habe Hinweise gegeben, dass Kunden ihr Geld abheben und deshalb 200 und 500-Euro-Scheine knapp werden.
Zu einem Bankrun in Deutschland kommt es nicht. Der Auftritt an Merkels Seite wirkt sich aber auch für Steinbrück positiv aus. Gelingt es ihm doch, sich nach dem Ende der Großen Koalition als entschlossener Krisenmanager zu profilieren. Dabei zeigt die Garantieerklärung vielmehr, wie falsch Steinbrück als Finanzminister die Krise noch kurz zuvor eingeschätzt hatte.
Deutsche Banken in Not
Nicht einmal zwei Wochen vorher hatte er in einer Regierungserklärung versichert, dass deutsche Bankensystem sei im internationalen Vergleich relativ robust. Bankenrettungsprogramme wie in den USA seien hierzulande deshalb nicht nötig. "Die USA – darauf lege ich gesteigerten Wert – sind der Ursprung der Krise, und sie sind der Schwerpunkt der Krise. Es ist nicht Europa, und es ist nicht die Bundesrepublik Deutschland."
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Sachsen LB und die IKB in der Abwicklung, beide Banken waren nur durch milliardenschwere öffentliche Garantien vor dem Zusammenbruch bewahrt worden. Britische, französische und Schweizer Institute stöhnten unter Milliardenabschreibungen.
Unmittelbar nach der Pleite von Lehman, hatte Steinbrück bereits unerschütterlichen Optimismus demonstriert. "Nach dem, was wir bisher wissen, werden die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen in Deutschland sehr begrenzt sein", sagte er am Tag nach dem Zusammenbruch der "taz". "Jenseits der Verharmlosung gehöre ich nicht zu den Kassandra-Rufern, die massive Domino-Effekte sehen. Mein Eindruck ist, dass die hiesigen Banken in den letzten zwölf Monaten getan haben, was nötig ist, nämlich Risiken transparent zu machen und abzuschreiben."
Das war nicht der Fall, wie die Hypo Real Estate eindrucksvoll bewies. Nur drei Tage nach der Regierungserklärung wurde öffentlich, dass die Bank vor der Insolvenz stand. Letztlich bewahrten nur staatliche Garantien und Beihilfen in dreistelliger Milliardenhöhe die Bank vor dem Kollaps. HSH Nordbank, WestLB und Commerzbank waren weitere Problemfälle.
Aus Bankenkrise wird Schuldenkrise
Doch nicht nur was Gesundheit und Stabilität des deutschen Bankensektors anging, irrte sich Steinbrück gewaltig. Auch in der Krisenbekämpfung machte er einen fundamentalen Fehler. So setzte er gemeinsam mit Merkel durch, dass jedes Land der Eurozone alleine seinen Bankensektor retten müsse. Eine gemeinsame europäische Lösung lehnte er ab. Das führte dazu, dass Spanien und Irland auf sich allein gestellt waren – und heillos überfordert scheiterten. Sie waren dazu gezwungen, aus den privaten Schulden öffentliche Schulden zu machen. Erst damit wurde aus der Bankenkrise die europäische Staatsschuldenkrise.
Steinbrück hat als Finanzminister seinen Teil dazu beigetragen, die Krise zu verschärfen. So richtig die Garantie der deutschen Spareinlagen war, so falsch war sein Versuch, Deutschland aus der europäischen Bankenrettung herauszuhalten.
Doch möglicherweise bekommt Steinbrück erneut die Gelegenheit, sich als Krisenmanager zu beweisen. Im kommenden Jahr tritt er bei der Bundestagswahl gegen Merkel an. Viele Beobachter gehen zwar davon aus, dass er dabei gegen seine ehemalige Tandem-Partnerin verlieren wird – aber dann möglicherweise Finanzminister in einer Großen Koalition wird. Die Krise würde ihm dann viel abverlangen. Garantiert.
Quelle: ntv.de