Wirtschaft

"Milliarden im Ausland verbuddelt" Thyssen-Vertrauensleute sauer

Vor der ThyssenKrupp-Hauptversammlung hängt der Haussegen schief. Den Zorn der Arbeitnehmervertreter erregt vor allem auch die Kostenexplosion bei den zwei neuen Stahlwerken in Brasilien und in den USA.

Ekkehard Schulz wird sich Einiges anhören müssen.

Ekkehard Schulz wird sich Einiges anhören müssen.

(Foto: REUTERS)

Bei der Hauptversammlung von ThyssenKrupp am Donnerstag in Bochum wollen Vertrauensleute erstmals seit Jahrzehnten dem Vorstand die Entlastung verweigern. "Wenn wir Verlust machen, muss das Geld im Unternehmen bleiben", sagte der Sprecher der Vertrauensleute bei ThyssenKrupp Steel Europe, Wilfried Müller. "Wir lehnen eine Dividende ab."

Mit dem neuen Werk in Brasilien seien "Milliarden im Ausland verbuddelt worden", sagte Müller weiter. Der Stahl hätte auch in Deutschland produziert werden können. Die Vertrauensleute kündigten an, mit "50 bis 100 Kollegen" zur Versammlung zu reisen, um ihren Anträgen Nachdruck zu verleihen.

Der Aufsichtsrat des Unternehmens hat der Hauptversammlung vorgeschlagen, trotz des Verlustes von unter dem Strich knapp 1,9 Milliarden Euro im vergangenen Geschäftsjahr 2008/2009 und eines Umsatzeinbruchs um knapp ein Viertel 30 Cent Dividende pro Aktie auszuschütten. Das entspricht knapp 140 Millionen Euro, die das Unternehmen aus den Rücklagen nehmen will.

Dividendenkontinuität liege im Interesse auch der Kleinanleger, hatte Thyssen-Krupp-Chef Ekkehard Schulz die Haltung begründet. ThyssenKrupp habe in guten Jahren moderate Dividenden gezahlt, werde dafür in weniger erfolgreichen Jahren die Dividende aber nicht streichen. Der Dividendenvorschlag sei im Aufsichtsrat auch von den Arbeitnehmervertretern akzeptiert worden, sagte Unternehmenssprecher Alexander Wilke. Er rechne mit Diskussionen, aber nicht mit einer hoch kontroversen Hauptversammlung.

"Wir sind schon durchrationalisiert"

Den Zorn der Arbeitnehmervertreter erregt vor allem auch die Kostenexplosion bei den zwei neuen Stahlwerken in Brasilien und in den USA. Nach einem Bericht des "Handelsblatts" sollen die Projektkosten inzwischen von zuletzt geplanten rund 4,7 Milliarden Euro auf 5,96 Milliarden Euro gestiegen sein. Für Verärgerung bei Investoren sorgt nach Angaben der Zeitung außerdem die verspätete Inbetriebnahme der Hütte. Ursprünglich sollte die Produktion im vergangenen Jahr anlaufen. Nun ist der Start bis zur Jahresmitte geplant.

Im laufenden Geschäftsjahr will ThyssenKrupp seine Mitarbeiterzahl drastisch um rund 20.000 reduzieren und bald wieder schwarze Zahlen schreiben. Es müsse das Ziel sein, so schnell wie möglich in die Profitabilität zurückzukehren, sagte Wilke.

Beim bereinigten Ergebnis vor Steuern rechne ThyssenKrupp für das Geschäftsjahr mit einem Betrag in einer "niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Höhe", hatte Schulz vor kurzem geäußert. "So ein Personalabbau wäre ein schlimmer Aderlass. Wir sind jetzt schon so durchrationalisiert", sagte Vertrauensleute-Sprecher Müller.

Quelle: ntv.de, wne/dpa

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