Wirtschaft

Konzernumbau kommt kaum voran ThyssenKrupp weitet Verluste aus

Es bleibt schwierig: Stahlkonzern schreibt weiter rote Zahlen.

Es bleibt schwierig: Stahlkonzern schreibt weiter rote Zahlen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Stahlkonzern kommt bei der Sanierung bestenfalls langsam voran. Im dritten Quartal steht nun ein dickes Minus unter dem Strich. Dennoch verbreitet Konzernchef Hiesinger Optimismus und bestätigt die Prognose. Und auch die Konkurrenz hatte zuletzt einen Aufwärtstrend ausgemacht.

ThyssenKrupp
Thyssenkrupp 9,98

Der ThyssenKrupp-Konzern schreibt im dritten Quartal rote Zahlen. Grund sind weiter hohe Kosten für die Restrukturierung anderer Unternehmensteile. Selbst nach Herausrechnung der Aufwendungen für die Amerika-Werke blieb das Unternehmen im Minus. Für das dritte Geschäftsjahresquartal meldete ThyssenKrupp einen Nettoverlust der fortgeführten Aktivitäten in Höhe von 238 Millionen Euro. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres hatte ThyssenKrupp noch einen Gewinn von 390 Millionen Euro erwirtschaftet. Im Gesamtkonzern schrieb das Unternehmen in den ersten neun Monaten nach Anteilen Dritter einen Verlust von 983 Millionen Euro.

Dennoch zeigte sich Vorstandschef Heinrich Hiesinger zufrieden. Starke Zuwächse im Auftragseingang der Industriegütergeschäfte belegen, "dass wir in der Umsetzung der strategischen Weiterentwicklung erfolgreich sind".

Operatives Ergebnis über den Erwartungen

Das operative Ergebnis verschlechterte sich allerdings nochmals: Vor Steuern und Zinsen (EBIT) sowie bereinigt um Sondereffekte verdiente der Stahl- und Technologiekonzern im dritten Quartal seines Geschäftsjahres nur noch 332 Millionen Euro, nach 384 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Die Entwicklung fiel damit besser aus als von Analysten erwartet - Experten hatten mit 276 Millionen Euro gerechnet. Auch die operative Kennzahl fasst nur die Ergebnisse der fortgeführten Aktivitäten zusammen. Sie beinhaltet also nicht die Entwicklung der amerikanischen Stahlwerke.

Nimmt man auch die Kosten für die Produktionsstätten in Brasilien und den USA hinzu, hat ThyssenKrupp zwischen April und Juni unter dem Strich sogar 362 Millionen Euro verloren, nachdem es im Vorjahr noch 109 Millionen Euro verdient hatte. Die Anlagen in Amerika leiden nämlich noch immer unter einer schwachen Auslastung. Im abgelaufenen Quartal musste ThyssenKrupp in seinem Werk in der Nähe von Rio de Janeiro zudem einen Hochofen wegen technischer Schwierigkeiten zeitweise außer Betrieb nehmen. Nach mehreren Abschreibungen stehen die Anlagen in Brasilien und den USA noch mit einem Wert von rund 3,4 Milliarden Euro in den Büchern von ThyssenKrupp. Der Konzern hat bislang mehr als zwölf Milliarden Euro für sein amerikanisches Stahlgeschäft ausgegeben.

Verkauf in Brasilien stottert

Schon im Mai des vergangenen Jahres hatte ThyssenKrupp angesichts dessen den Rückzug aus der Stahlproduktion in Amerika angekündigt. Der Stahl- und Technologiekonzern sucht seitdem einen Käufer für die Produktionsstätten. Der Verkaufsprozess allerdings ist ins Stocken geraten. Wie das "Wall Street Journal" Deutschland von mehreren Informanten erfuhr, verhandelt ThyssenKrupp nun auch über eine Variante, nach das brasilianische Stahlunternehmen CSN nur das ThyssenKrupp-Werk im US-Staat Alabama übernehmen würde.

Vorstandschef Hiesinger sagte bei der Vorstellung der Quartalszahlen: "Auch wir hätten gerne schneller einen Abschluss erzielt." Der Verkaufsprozess dauere länger als erwartet, da etwa die Bieter das Hochlaufen des zeitweise abgeschalteten Hochofens abwarten wollten. Hiesinger hatte die verlustreichen Stahlwerke in Brasilien und den USA ursprünglich bis zum Ende des Geschäftsjahres verkaufen wollen. Der Konzern sei in "weit fortgeschrittenen Verhandlungen" mit einem führenden Bieter.

Angesichts des weiteren Verlusts erhöhte sich bei ThyssenKrupp abermals auch das Verhältnis der Nettofinanzschulden zum Eigenkapital. Das sogenannte Gearing betrug Ende Juni 185,7 Prozent und lag damit deutlich über dem mit Banken vereinbarten Grenzwert von 150 Prozent. Eine bislang nicht in Anspruch genommene Kreditlinie im Umfang von 2,5 Milliarden Euro ist damit nach früheren Angaben in Gefahr, wenn sich die Kennzahl nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres senken lässt. ThyssenKrupp bezeichnete das Gearing nun als "temporär erhöht". Der Mittelzufluss aus dem Verkauf des amerikanischen Stahlgeschäfts werde die Kennzahl "wieder signifikant reduzieren". Gleichwohl wolle das Unternehmen mit den Banken über den Grenzwert verhandeln.

Seine Liquidität betrachtet ThyssenKrupp als gesichert. Vorstandschef Hiesinger schloss gleichwohl abermals eine Kapitalerhöhung nicht aus. Zu einem solchen Schritt könne es auch unabhängig von einer Entscheidung über den Kauf der amerikanischen Stahlwerke kommen, sagte er nun. Noch vor einigen Wochen hatte Hiesinger erklärt, über die Ausgabe neuer Aktien erst entscheiden zu können, wenn klar ist, zu welchen Konditionen ThyssenKrupp das amerikanische Stahlgeschäft abgeben kann.

Milliardenschweres Sparprogramm

ThyssenKrupp bekräftigte die eigene Prognose, nach der das Unternehmen mit den fortgeführten Aktivitäten im laufenden Geschäftsjahr ein bereinigtes EBIT von rund einer Milliarde Euro erwirtschaften will. Der Umsatz werde unter dem Niveau des Vorjahres von 40,1 Milliarden Euro liegen. Im dritten Quartal sind die Erlöse der fortgeführten Aktivitäten im Vergleich zum Vorjahr um 859 Millionen Euro auf 9,5 Milliarden Euro zurückgegangen.

Auf die Entwicklung reagiert ThyssenKrupp mit Sparbemühungen: In den nächsten Jahren soll ein Restrukturierungsprogramm die Kosten des Konzerns um rund zwei Milliarden Euro senken. Einen wesentlichen Beitrag soll die europäische Stahlsparte leisten. Bei ihr will ThyssenKrupp die Zahl der Stellen um bis zu 3.800 reduzieren - unter anderem durch den Verkauf von Teilen des Elektroband-Geschäfts.

Auch Konkurrenten sind in der Stahlkrise zum Sparen gezwungen. Der Stahlhersteller Salzgitter etwa verhandelt mit Arbeitnehmervertetern über ein Sparprogramm und will am Mittwoch über erste Details informieren. Salzgitter hatte Anfang August abermals eine Gewinnwarnung ausgegeben. Auch der Stahlhändler Klöckner & Co korrigierte seine Erwartungen nach unten. Vorsichtige Hoffnung allerdings machte jüngst der luxemburgische Stahlkonzerns ArcelorMittal. Konzernchef Lakshmi Mittal hatte im "Wall Street Journal" erklärt: "Wenn Sie sich die globale Situation anschauen, liegt das Schlimmste hinter uns."

Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts

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