Wirtschaft

Streit um die Griechenland-Strategie Trichet widerspricht Schäuble

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Traditionell um 14.30 Uhr nach der Ratssitzung: Die EZB lädt zur Pressekonferenz.

(Foto: AP)

In der Debatte um Auswege aus der Griechenland-Krise stellt sich Europas oberster Währungshüter offen gegen einen Vorstoß aus Deutschland: Bundesfinanzminister Schäuble wirbt für eine sanfte Umschuldung, EZB-Chef Trichet will ein solches "Kreditereignis" unbedingt verhindern.

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"Kreditereignis" und ein vorübergehender Zahlungsausfall muss vermieden werden: Jean-Claude Trichet.

(Foto: REUTERS)

In den Verhandlungen über die Rettung Griechenlands bleibt ein Schuldenschnitt für EZB-Präsident Jean-Claude Trichet tabu. Nach der Sitzung der Währungshüter äußerte er sich zugleich distanziert zu Vorschlägen einer sanften Umschuldung über eine freiwillige Beteiligung der Banken. Forciert werden diese Pläne insbesondere von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Der hatte kürzlich in einem Brandbrief an seine Amtskollegen in Europa .

Trichet mahnte, ein sogenanntes Kreditereignis müsse ebenso vermieden werden wie ein vorübergehender Zahlungsausfall. Er machte deutlich, dass ein Beitrag der Banken zum Hilfspaket für Griechenland nur mit deren Zustimmung erfolgen dürfe. Was die Einbeziehung des privaten Sektors angeht, schließe die Europäische Zentralbank (EZB) alle Möglichkeiten aus, die nicht auf vollständiger Freiwilligkeit basierten, betonte Trichet.

Im Gespräch ist, dass die Banken ihre alten griechischen Staatsanleihen gegen neue mit längerer Laufzeit umtauschen. Vor allem Schäuble favorisiert eine derartige freiwillige Laufzeitverlängerung. Trichet hielt sich dazu bedeckt. Er unterstrich lediglich: "Ich sagte nicht, dass wir das unterstützen würden." Für die von ihr selbst gehaltenen griechischen Anleihen beabsichtige die Notenbank keine Verlängerung, ergänzte er. Auf die Frage, ob er mit Schäuble über Kreuz liege, sagte Trichet lediglich, er habe mit niemandem Streit.

Klare Signale: Zinsschritt im Juni

Die Europäische Zentralbank dürfte trotz der Angst vor einer Staatspleite Griechenlands ihren Leitzins im Juli abermals erhöhen. Notenbankchef Jean-Claude Trichet signalisierte wie an den Finanzmärkten erwartet einen solchen Schritt und begründete ihn mit der deutlich anziehenden Teuerung in der Währungsunion. "Die Preisrisiken sind aufwärts gerichtet. Deshalb ist große Wachsamkeit angebracht", sagte Trichet im Anschluss an die turnusmäßige Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt. "Wir sind jetzt in einem Modus, in dem es bei unserem nächsten Treffen zu einer Zinserhöhung kommen kann."

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Unterm Arm: Eine auf das Jahr hochgerechnete mittlere Inflationsrate von 2,6 Prozent.

(Foto: REUTERS)

Wenige Minuten davor hatte der EZB-Rat den Leitzins wie am Finanzmarkt erwartet bei 1,25 Prozent belassen. Die Währungshüter hatten den Schlüsselzins für die Versorgung des Bankensystems mit frischem Zentralbankgeld im April zum ersten Mal seit Mitte 2008 angehoben. Zuvor hatten sie den Zinssatz in der Finanzkrise bis auf 1 Prozent gesenkt. Damals hatte Teuerungsdruck wegen der desolaten Lage der Weltwirtschaft und gedämpfter Rohstoffpreise jedoch so gut wie keine Rolle gespielt.

Dass auch aus Sicht der EZB die Furcht vor einer ausufernden Teuerung begründet ist, zeigen die neuen EZB-Prognosen zu Inflation und Wachstum in der Euro-Zone. Die EZB-Ökonomen gehen nun für dieses Jahr im Mittel von einer Inflationsrate von 2,6 (März-Prognose: 2,3) Prozent aus. Die Teuerung würde damit noch deutlicher als bislang befürchtet über dem Zielwert von knapp unter zwei Prozent liegen, bei dem die EZB von stabilen Preisen spricht. Für das kommende Jahr rechnen die Volkswirte der Zentralbank wieder mit nachlassendem Preisdruck.

Überlebenshilfe für Banken bleibt

Dass sich die EZB sehr wohl der Verletzlichkeit der Banken in den Problemländern Griechenland, Irland und Portugal bewusst ist, zeigte eine weitere Entscheidung der Währungshüter. Sie verlängern nämlich ihre Rundumversorgung der Institute mit Zentralbankgeld und verzichten darauf, die stark gelockerten Bedingungen für entsprechende Refinanzierungsgeschäfte wieder zu verschärfen.

Die EZB kämpft mit dem Problem, dass viele Banken aus den Sorgenländern nach wie vor keinen Zugang zu frischem Kapital über den freien Interbankenmarkt haben und deshalb finanziell am EZB-Tropf hängen. Nun bekommen angeschlagene Banken von der EZB "so lange wie nötig" - mindestens aber bis Oktober - so viel Geld wie sie benötigen.

Quelle: ntv.de, rts

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