"Haben Versprechen gehalten" Troika gibt Griechen-Hilfen frei
18.03.2014, 16:37 Uhr
Keine neuen Sparmaßnahmen: Griechenland und Troika einigen sich auf weitere Hilfen.
(Foto: REUTERS)
Einmal mehr ringen Troika und Griechenland hart um weitere Milliardenhilfen. Die Einigung erfordert keine neuen Einsparungen. Unklar bleibt, ob es die letzte Hilfstranche ist. Mahnende Worte zur Krisenpolitik kommen derweil von der OECD.
Nach monatelangem Tauziehen haben sich die Kreditgeber auf neue Hilfen für das Euro-Krisenland Griechenland geeinigt. Nun sollen bald 10,1 Milliarden Euro nach Athen fließen. Finanzminister Yannis Stournaras sagte: "Das war die härteste Überprüfung, die wir bislang hatten." Der Abschluss der monatelangen Prüfung von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) ist Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Hilfsgelder an Athen. Der Vereinbarung müssen noch die Finanzminister der Euro-Zone zustimmen. Derweil warnt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vor den langfristigen sozialen Folgen der andauernden Wirtschafts- und Finanzkrise.
Neue Sparmaßnahmen werde es nicht geben, teilte der griechische Regierungschef Antonis Samaras mit. Die Reformbemühungen würden nicht nachlassen. Das Land müsse weiter modernisiert werden. Es werde "ein neues Griechenland" geben. "Wir haben versprochen, das Land in der Eurozone zu halten. Wir haben unsere Versprechung eingehalten."
Überschuss soll Ärmeren helfen
Athen habe früher als erwartet einen primären Überschuss (ohne Zinsen) erreicht. Der sogenannte Primärüberschuss habe 2013 bei 2,9 Milliarden Euro gelegen, sagte ein hoher Funktionär des Finanzministeriums. Wie der Funktionär erklärte, solle eine Milliarde Euro aus diesem Überschuss für die Rückzahlung der Schulden verwendet werden. Mit einer weiteren Milliarde Euro sollten offene Rechnungen beglichen werden, die der griechische Staat zum Beispiel bei Lieferanten von Krankenhäusern und ähnlichen Gläubigern hat. 370 Millionen Euro sollen für ein Programm zur Minderung der Lohnnebenkosten verwendet werden. So solle die Arbeitslosigkeit bekämpft werden.
Laut Samars erlaubt der Überschuss, dass ärmeren Griechen und Niedrigverdienenden mit insgesamt 500 Millionen Euro unter die Arme gegriffen werde. Die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge für Sozialversicherungen würden 3,9 Prozent gesenkt.
Diplomatischen Kreisen zufolge sollen einige strittige Themen, wie weitere Entlassungen im staatlichen Bereich, zu einem späteren Zeitpunkt im Herbst geklärt werden. Unstimmigkeiten hatte es dem Vernehmen nach bei Verwaltungsreformen und Entlassungen von Staatsbediensteten gegeben. Die Troika hatte wiederholt die Verschleppung von Reformen kritisiert.
Unbelastet in den Wahlkampf
Athen setzte angesichts der Europawahlen im Mai auf den Abschluss der Prüfungen. Nun kann sich die Regierungskoalition aus Konservativen und Sozialisten unter Regierungschef Samaras auf den Wahlkampf konzentrieren. Die Opposition warf der Regierung vor, "künstliche" Überschüsse zu präsentieren, indem sie willkürlich Zahlungsfristen von Schulden des Staates in die Länge ziehe.
Griechenland wird seit 2010 mit zwei Hilfspaketen über insgesamt rund 240 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. Dabei kam es immer wieder zu Streitigkeiten über den Spar- und Reformkurs, den die Regierung in Athen im Gegenzug für die Hilfen zusagte. Offen bleibt das Thema möglicher neuer Hilfen für Griechenland. Darüber soll in der Eurozone nach den Europawahlen beraten werden.
OECD warnt vor Sozialfolgen der Krise
Derweil fordert die OECD die Staaten auf, mehr für die soziale Abfederung der Krise tun. "Kurzfristige Einsparungen an den falschen Stellen", hieß es im Bericht "Gesellschaft auf einen Blick - Die Krise und ihre Auswirkungen". Sozialausgaben etwa für Gesundheit, Bildung und den Arbeitsmarkt müssten so gestaltet werden, dass sie die Folgen der Krise vor allem für die Schwächsten abmildern.
Selbst ein Wirtschaftsaufschwung werde nicht ausreichen, um den am härtesten Betroffenen "wieder auf die Füße zu helfen", warnte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. Die Regierungen müssten sich daher wirksam für künftige Krisen wappnen, ohne Reformen zu verschieben.
In den Krisenländern Griechenland, Irland und Spanien hat sich nach der Erhebung der OECD die Zahl der Menschen verdoppelt, die in einem Haushalt ohne Arbeitseinkommen leben. Zudem hätten seit Ausbruch der Krise in vielen OECD-Ländern Geringverdiener die größten Einkommensverluste hinnehmen müssen. Besonders hart seien in dieser Hinsicht Estland, Italien, Griechenland, Irland und Spanien betroffen. Deutschland, Österreich und die Schweiz stehen im internationalen Vergleich indes gut da
Besorgt zeigt sich die OECD hingegen über die weiterhin sinkende Geburtenrate in Deutschland. Schon heute kämen in Deutschland auf jede Person über 65 Jahre kaum drei Einwohner im erwerbsfähigen Alter, 2050 würden es nur noch halb so viele sein. Einzig in Japan sei das Verhältnis zwischen Erwerbsfähigen und Rentnern noch ungünstiger.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/AFP