Rivalen locken UBS droht Flucht der Banker
20.09.2011, 13:59 Uhr
(Foto: dpa)
Der milliardenschwere Handelsskandal der UBS wird neben dem Ansehensverlust nach Einschätzung von Branchenexperten schon bald zur Abwanderung starker Banker führen. Beschleunigt wird dies von Plänen des UBS-Chefs Grübel, das Investmentbanking deutlich zu verkleinern.
Der UBS droht ein weiterer Aderlass ihrer besten Investmentbanker. Angesichts des Handelsskandals und der Aussicht auf geringe oder ganz ausbleibende Boni ist die Moral bei der Schweizer Großbank angeschlagen. Konkurrenten und aufstrebende Investmentbanken dürften Brachenexperten zufolge versuchen, Fusionsberater und Aktienspezialisten von der Schweizer Großbank abzuwerben.
"Andere Banken kreisen wie Geier über der UBS", sagte ein Headhunter. "Der Gewinn ist stark zurückgegangen und dies wird die Boni beeinflussen. Leute werden gehen, daran gibt es keinen Zweifel." Zwei Brancheninsider in London sagten, dass ihre Firmen UBS-Banker angehen werden. Die Banken dürften versuchen, sich vor allem mit gut vernetztem UBS-Personal zu verstärken.
UBS-Investmentbanking-Chef Carsten Kengeter versucht seit dem Ausbruch des Skandals dagegenzuhalten. Er versicherte seinen Mitarbeitern, dass uns "die Kunden mit Unterstützungsbekundungen überschwemmen." Der Deutsche forderte seine Leute auf, "hart zu arbeiten und das Momentum aufrecht zu erhalten." Alle seien "frustriert und wütend".
Treue Veteranen
Die UBS-Mitarbeiter dürften bereits in den kommenden Wochen angesprochen werden. Headhuntern zufolge ist aber unwahrscheinlich, dass sie vor Anfang nächsten Jahres wirklich wechseln. Denn die Banken wollen vermeiden, den UBS-Mitarbeitern die Boni zu erstatten, die ihnen ansonsten bei der Schweizer Bank zustünden.
Angesichts von Wirtschaftsabschwung, Finanzkrise und verstärkter Regulierung sind die globalen Banken Schätzungen zufolge gegenwärtig dabei, über 100.000 Stellen abzubauen. Entsprechend sind Neuanstellungen auf breiter Front unwahrscheinlich. Aber die Chance, erfolgreiche UBS-Banker anzulocken, dürften sich viele andere Häuser nicht entgehen lassen. Jüngst - noch vor dem Handelsskandal - hatten mehrere Chefs von Investmentbanken gesagt, dass sie immer Platz für "selektive Neuanstellungen" hätten.
Raubzüge
In den vergangenen Monaten hatten Institute wie Bank of America Merrill Lynch und Citi bereits verschiedene prominente UBS-Mitarbeiter abgeworben. "Andere Banken führten brutale Raubzüge gegen die UBS", erklärte ein Personalberater. "Obwohl die UBS immer noch eine starke Kultur hat, haben sie ihre Schwäche gespürt." So konnte Bank of America Matthew Koder gewinnen, der bei UBS das weltweite Kapitalmarktgeschäft leitete. Die beiden Leiter des Bereichs Firmenübernahmen gingen zu Citi und zur Boutique Moelis. In den USA verlor die UBS über 15 erfahrene Übernahmespezialisten.
Zu den Firmen, die ein Auge auf das UBS-Personal werfen dürften, gehört die japanische Nomura. Mögliche Ziele sind neu ernannte Divisionsleiter wie James Hartop, Nick Reid, Simon Warshaw oder Francois Gouws. Aber es dürfte schwierig werden, langjährige Mitarbeiter wie Warshaw and Gouws zum Abspringen zu bewegen. "Das Investmentbanking der UBS ist nicht zerstört", sagte ein Headhunter. "Einige der Veteranen haben zwar einen Preis, aber sie fühlen sich der UBS verpflichtet."
Axt an Investmentbanking
UBS-Chef Oswald Grübel will derweil dem Verwaltungsrat der Bank einen Plan für eine substanzielle Verkleinerung des Investmentbankings vorlegen. Den Umbau will der Bankchef selbst leiten und dafür mindestens bis Anfang 2013 im Amt bleiben, schreibt der "Tages-Anzeiger". Stimme der Verwaltungsrat bis spätestens zum Investirentag am 17. November nicht zu, werde Grübel zurücktreten.
Die UBS wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Eine mit der Sache vertraute Person sagte, der Verwaltungsrat komme am Mittwoch und am Donnerstag in Singapur zu einer seiner vierteljährlichen Sitzungen zusammen. Es sei nur natürlich, dass dort das Thema Investmentbank und deren Zukunft besprochen würden, sagte eine Person bei UBS.
Schon bevor der Betrugsfall mit einem Schaden von rund 2,3 Mrd. Dollar in der vergangenen Woche ans Licht kam, waren Analysten davon ausgegangen, dass UBS ihr Investmentbanking verkleinern und die entsprechenden Pläne auf einem Investorentag in New York vorlegen würde. Die Zockerei des 31 Jahre alten Händler Kweto Adoboli hat diesen Prozess beschleunigt. Angesichts des Einbruchs des Aktienkurses dürfte UBS mit der Ankündigung der Pläne auch nicht mehr bis im November warten wollen.
Laut "Tages-Anzeiger" plant UBS, den Eigenhandel und das kapitalintensive Zinsengeschäft weitgehend aufzugeben. Damit würde Eigenkapital frei und die Bank könnte die 19-Prozent-Eigenkapitalvorgabe des neuen Schweizer Bankengesetztes leichter erfüllen. UBS hat eine interne Untersuchung des Londoner Falles eingeleitet. Das brachte ihre allerdings auch Kritik ein, weil das Geldhaus den Vorsitzenden der eigenen Risikokommission, David Sidwell, mit der Überprüfung beauftragt hat.
Am Wochenende hatte Konzernchef Grübel eingeräumt, dass er letztlich die Verantwortung für die Milliarden-Verluste trage. "Da bleibt niemand anderes übrig als der CEO - als ich", sagte er.
Quelle: ntv.de, nne/rts