Amerikaner hängen Europäer ab US-Konzerne verdienen besser
29.10.2012, 12:07 Uhr
Flotte Fahrt: Die US-Konzerne fahren im ersten Halbjahr der Konkurrenz davon
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Unternehmensberater nehmen die Ertragsstärke auf beiden Seiten des Atlantiks in den Blick. Das Ergebnis fällt deutlich aus: In den USA erwirtschaften Großkonzerne demnach höhere Gewinne als die Konkurrenz in Europa. Nur Sparprogramme könnten die Wende bringen, heißt es - mit bitteren Folgen für den Arbeitsmarkt.
Europas Top-Konzerne verdienen einer neuen Studie zufolge zunehmend schlechter als die US-Konkurrenz und müssten nun vor allem die Kosten drücken, um diesen Trend umzukehren. Während die 300 größten Unternehmen in den Vereinigten Staaten ihre Erträge aus dem laufenden Geschäft 2012 im Schnitt verbesserten, trat bei Europas Top-Konzernen das genaue Gegenteil ein. Das zumindest geht aus einer Analyse von Ernst & Young (E&Y) hervor. Das wichtigste Ergebnis der angelsächsisch geprägten Beratungsgesellschaft: Europas Unternehmenselite habe die Kosten nicht im Griff und unterschätze ausgerechnet die Probleme auf dem Heimatkontinent.
Die Studie, die das erste Halbjahr 2012 bewertet, bemüht sich, die Unterschiede herauszustellen: Die operativen Gewinne der umsatzstärksten Unternehmen aus den USA legten demnach gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 1,8 Prozent zu, in Europa ging es dagegen 4,4 Prozent bergab. Im Schnitt liegt das Verhältnis aus operativem Ertrag und Umsatz bei der USA-Gruppe immerhin drei Prozentpunkte höher (12,8 Prozent). Noch brisanter: In Europa sinken die Margen in allen Ländern.
Großbritannien, Frankreich und Deutschland stellen zusammen fast die Hälfte der europäischen Top-300 und stehen auch mit Abstand für den größten Anteil am Gesamtumsatz. Das macht die Analyse teilweise auch zu einem Kräftemessen zwischen Europas Dreigespann und den USA. Doch auch hier belegt die Studie ein deutliches Kräfteverhältnis: Mit durchschnittlichen Margen von 7,7 Prozent (Deutschland), 8,2 (Frankreich) und 11,5 (Großbritannien) rangiert das Trio klar hinter der US-Konkurrenz.
Auch im direkten Vergleich der Wirtschaftszweige erweist sich Amerika als bessere Gewinnmaschine. Zwar habe der Branchenmix dies- und jenseits des Atlantiks andere Schwerpunkte. Europa sei industrielastig, heißt es, im Vergleich zu der stärker IT-lastigen Unternehmenslandschaft in den USA. Doch das erkläre nicht den gesamten Rentabilitätsunterschied. Denn isoliert gegenübergestellt zeigten die Branchen nach Einschätzung der Experten von E&Y meist dasselbe Muster: Die USA hätten ganz einfach die Nase vorn.
Die Gewinner der Krise
Zu den Gründen sagte Markus Thomas Schweizer, Partner bei Ernst & Young: "In Europa haben viele Unternehmen zu einseitig auf Wachstum gesetzt und dabei versäumt, ihre Geschäftsmodelle so flexibel zu gestalten, dass sie auf kurzfristige Nachfrageänderungen rasch reagieren können. Gleichzeitig liefen die Kosten vielfach aus dem Ruder."
Dass sich die Konjunktur in Europa so schlecht entwickelt, habe offenbar einige überrascht. "In dem derzeit sehr schwachen Umfeld lässt sich der Absatz oft nur noch über Preisnachlässe steigern - was wiederum die Marge drückt." Zur speziellen Lage in Deutschland stellte Schweizer fest: "Derzeit treten die Unternehmen heftig auf die Kostenbremse: Dabei kommt alles auf den Prüfstand."
Ein Nebeneffekt der Studie liegt auf der Hand: Aus der Perspektive von Ernst & Young können europäische Unternehmer ihre Ertragsstärke vor allem durch tiefgreifende Reformen verbessern. Somit dürfte die Studie wohl in erster Linie einen erheblichen Beratungsbedarf in der europäischen Unternehmenslandschaft belegen.
Quelle: ntv.de, dpa