Zwischen Nervosität und Gelassenheit USA bald pleite - na und?
26.07.2011, 22:30 Uhr
Was passiert denn da? Kompromiss oder Zahlungsunfähigkeit? Den USA läuft die Zeit davon.
(Foto: picture alliance / dpa)
Es ist wie die Ruhe vor dem Sturm: Wenn es um die sich langsam aber stetig nähernde Zahlungsunfähigkeit der Vereinigten Staaten geht, demonstrieren US-Wirtschaftsbosse Gelassenheit. Dabei laufen bereits - natürlich nur für den Fall der Fälle - die Vorkehrungen bei den Konzernen auf Hochtouren.
Langsam wird es eng. Die Zahlungsunfähigkeit der Vereinigten Staaten rückt langsam aber stetig näher, aber die Top-Manager der US-Geschäftswelt bleiben gelassen - noch. "Solche Kompromisse scheint es immer erst in letzter Minute zu geben - und so sieht es auch jetzt wieder aus", sagt Sandy Cutler, Chef des Mischkonzerns Eaton Corp. Zugleich signalisieren Cutler und seine Kollegen Präsident Barack Obama und seinen republikanischen Kontrahenten aber auch: "Die Arbeitslosenzahlen sind hoch, das Vertrauen erschüttert. Das Gezerre um die Schuldenobergrenze ist das Letzte, was wir brauchen können." Unter Investoren und Finanzmanagern schiebt man das Undenkbare weg - einen Plan B scheint es dort nicht zu geben.
Die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit des US-Staates wächst mit jedem Tag, an dem die Kontrahenten im fernen Washington wieder keine Einigung erzielen. Käme es dazu, würden die Ratingagenturen die Bonität für US-Staatspapiere drastisch herabstufen.
Verkaufswelle und hohe Zinsen
Das würde als erstes eine Riesen-Verkaufswelle von Pensions- und Geldmarktfonds auslösen, die diese Papiere besonders häufig halten. Die Rede ist von US-Staatsanleihen im Umfang von 1,8 Billionen Dollar, die im Besitz solcher Fonds und privater Haushalte sind. Die genannten Fonds müssen verkaufen, da sie nur in erstklassig bewertete Anlagen investieren dürfen.
Zudem müssten die USA für künftige Kredite höhere Zinsen zahlen, während den Investoren riesige Wertberichtigungen drohen würden. Das Szenario klingt beängstigend - das Gros der Investoren ist darauf kaum vorbereitet.
Panik? Nicht mit uns.
Belegt wird diese trotzige Haltung durch die jüngste Umfrage der Bank of America unter Fondsmanagern. Bei denen rangiert die Zahlungsunfähigkeit des US-Bundesstaates immer noch nicht unter den Top Fünf ihre Risiko-Rangliste. Und die Rendite von einjährigen US-Staatspapieren rangiert immer noch nicht weit entfernt von ihrem historischen Tief - auch das ein Anzeichen, dass von Panik kaum eine Spur ist.
"Das dominierende Szenario der meisten Investoren ist, dass es letztlich doch zu einer Einigung kommt. Ich glaube nicht, dass die auf etwas anderes vorbereitet sind", sagt etwa Alessandro Bee, ein Anleihen-Experte bei Sarasin. Es sei im Übrigen wie bei einem Atomunfall - dagegen könne man sich wegen des unabsehbaren Ausmaßes auch nicht versichern.
Bargeld für alle Fälle

Mit Bargeld gegen die Folgen einer Zahlungsunfähigkeit: Die US-Konzerne bereiten sich bereits auf den Fall der Fälle vor.
(Foto: picture alliance / dpa)
Auch bei den großen staatlichen Gläubigern der USA schiebt man eine mögliche Zahlungsunfähigkeit weit weg. Immerhin 3,3 Billionen Dollar der ausstehenden US-Staatsanleihen werden von China und Japan gehalten. Xia Bin, ein akademischer Berater der "Bank of China" etwa empfiehlt, China sollte sich keine Sorgen wegen der Querelen in Washington machen.
In der US-amerikanischen Realwirtschaft ist allenfalls eine leichte Unruhe spürbar. Eine Lehre aus der letzten Finanzkrise scheinen etliche aber zu beherzigen: Am sichersten ist es für alle Fälle, genügend Bargeld in der Kasse zu haben, um auch eine schwierige Periode zu überstehen. "Wir denken immer, das gefährlichste Risiko ist das Liquiditätsrisiko", sagte Eaton-Chef Cutler. Daher tue jeder Geschäftsmann gut daran, finanziell flüssig genug zu sein, um einige unsichere Monate aushalten zu können.
Auch der US-Riese General Electric hat sich mit schnell verfügbarer Liquidität eingedeckt, die Kassen sind doppelt so voll wie in den Finanzkrisenjahren - wohl auch wegen der Unsicherheit durch das Schuldenproblem des Staates. "Das Wichtigste, das jeder machen sollte, ist, eine Menge flüssiger Mittel vorzuhalten und damit für Notfälle, woher sie auch immer kommen, gewappnet zu sein", sagte GE-Finanzchef Keith Sherin. "Eine stabile Lage wäre uns aber natürlich lieber."
Unsicherheiten wie die US-Schuldenkrise und ihre Verwandten in der Euro-Welt drücken generell die Stimmung, auch in der US-Geschäftswelt. Sie veranlassen Firmen, vorsichtiger zu handeln, sei es bei Neueinstellungen oder großen Investitionen. Auf der sicheren Seite bleiben, heißt das vorherrschende Motto. Das aber könnte das US-Wachstum weiter bremsen.
Amerikaner hinter Obama
Präsident Obama kann indes eine Mehrheit der Amerikaner mit seinem Lösungsansatz überzeugen. 56 Prozent der Befragten befürworteten in einer Umfrage von Reuters und des Meinungsforschungsunternehmens Ipsos die von Obama vorgeschlagene Kombination aus Steuererhöhungen und Kürzungen bei staatlichen Programmen zur Reduzierung des Rekorddefizits. Die Republikaner lehnen Steuererhöhungen strikt ab. Sie setzen stattdessen allein auf Ausgabenkürzungen.
83 Prozent der Befragten sagten, sie machten sich Sorgen, dass die Gespräche zwischen beiden Seiten scheitern könnten. 31 Prozent warfen den Republikanern vor, eine Lösung zu verhindern. 21 Prozent gaben Obama die Schuld und neun Prozent dessen Partei, den Demokraten.
Quelle: ntv.de, bad/rts