Wirtschaft

Ihre Währung, unser Problem USA können nicht sparen

26245769.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Die USA stehen den Europäern mit ihren Schuldenproblemen in nichts nach. Auch bei der Krisenbewältigung schlagen sich die Vereinigten Staaten nicht besser. Trotzdem sorgen die horrenden US-Defizite nicht für Aufruhr an den Finanzmärkten. Was haben die USA, was Europa nicht hat?

Die Sparkommission des US-Kongresses zum Abbau des gigantischen Schuldenberges der Vereinigten Staaten ist gescheitert. Wieder einmal zeigt sich, dass es die US-Amerikaner politisch nicht besser verstehen, ihre Probleme zu lösen, als die Europäer. Das überrascht nicht. Auch dieser Flop hatte sich bereits angekündigt. Was überrascht ist, dass die Refinanzierungsmöglichkeiten der USA an den Kapitalmärkten keinen Schaden nehmen. Schaut man auf die Anleihemärkte, ist die Welt im Westen noch in bester Ordnung. Auch nach dieser Niederlage sind die Renditen für zehnjährige US-Anleihen nicht gestiegen. Die Investoren haben Euroland auf dem Schirm, nicht die USA.

Dabei bemüht sich die US-Regierung unter Präsident Barack Obama mindestens ebenso vergeblich, den Karren aus dem Schuldensumpf zu ziehen, wie die Euro-Retter. Ohne die dringend notwendige Einigung zwischen Republikanern und Demokraten wird jetzt in den USA nach der Rasenmähermethode gekürzt. Aber erst nach den Präsidentschaftswahlen ab 2013. Ein überzeugendes Signal an die internationalen Investoren sieht anders aus.

Die Schuldenuhr im vergangenen Mai am Times Square in New York. Mittlerweile ist einiges dazugekommen.

Die Schuldenuhr im vergangenen Mai am Times Square in New York. Mittlerweile ist einiges dazugekommen.

(Foto: dpa)

Eigentlich wäre eine Demonstration politischer Handlungsfähigkeit dringend notwendig gewesen. Die Schulden der Vereinigten Staaten stiegen in der vergangenen Woche auf mehr als 15 Billionen Dollar. Diese Zahl muss man ausgeschrieben auf sich wirken lassen: Eine 15 mit 12 Nullen, also 15.000.000.000.000 Dollar. Noch dramatischer wird es, wenn man sich anschaut, wie schnell die Schulden der USA in den vergangenen Jahren gewachsen sind. Vor drei Jahren lagen sie noch bei 10 Billionen Dollar. Die Finanzkrise ist den Staatshaushalt teuer zu stehen gekommen. Im August hatte die Ratingagentur Standard & Poor's wegen des immensen Schuldenberges die Kreditwürdigkeit Washingtons bereits herabgestuft.

Sind die USA besser als Italien?

Schaut man sich US-amerikanische Staatsanleihen an, werden auch nach dem Scheitern des Schuldenkomitees bei einer zehnjährigen Laufzeit gerade einmal 2 Prozent Zinsen fällig. Und das bei einer Inflation von 3,9 Prozent. Jeder Anleger, der in US-Bonds investiert, erwartet damit von seinem Investment kurzfristig noch nicht einmal den Inflationsausgleich.

Das nennt man Vertrauen. Europas Südstaaten wie Spanien oder Italien müssen rund 7 Prozent Zinsen bezahlen. Das ist ein Risikoaufschlag von 500 Basispunkten oder anders gesagt von 5 Prozentpunkten.

Man darf sich fragen, ob dieser "Zins-Spread" gerechtfertigt ist. In vielerlei Hinsicht scheinen die USA kaum besser dazustehen als Italien.

Zwar ist die Gesamtverschuldung der USA mit 100 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) etwas geringer als in Italien. Hier beläuft sich der Schuldenstand auf rund 120 Prozent des BIPs. Dafür liegt die Neuverschuldung in den USA aber bei 10 Prozent pro Jahr. In Italien ist sie weniger als halb so hoch. Außerdem peilt Italien immerhin für 2013 einen ausgeglichenen Haushalt an.

Die USA kommen bei der Verringerung ihrer Neuverschuldung dagegen kaum voran. Von einem ausgeglichenen Haushalt oder gar einem Abbau von Schulden kann keine Rede sein. Die Schätzung des IWF, dass der Schuldenstand der USA von heute 100 Prozent des BIPs nur auf 115 Prozent im Jahr 2016 steigen wird, dürfte angesichts einer Neuverschuldung von 10 Prozent pro Jahr eine freundliche Untertreibung sein.

Ungeachtet der miserablen Aussichten kommt die US-Politik keinen Millimeter in der Krisenbewältigung voran. Demokraten und Republikaner blockieren sich weiter gegenseitig.

Ohne die politische Einigung greifen jetzt automatisch Budgeteinschnitte in allen Ressorts. Dadurch sollen 1,2 Billionen Dollar in den kommenden zehn Jahren gekürzt werden. Was auf den ersten Blick vielleicht viel erscheint, reicht aber bei Weitem nicht aus, die US-amerikanische Schuldenmisere in den Griff zu bekommen. Denn bei einer derzeit jährlichen Neuverschuldung von rund 1,5 Billionen Dollar ist diese Summe nicht viel mehr als der buchstäbliche Tropfen auf den heißen Stein.

Immer noch einen Dollar im Ärmel

Kurzum: Politisch und ökonomisch läuft es in den USA kaum runder als in den europäischen Schuldenstaaten. Aber Sorgen müssen sich die Vereinigten Staaten hinsichtlich ihrer weiteren Refinanzierungsmöglichkeiten vorerst wohl nicht machen. Denn eins unterscheidet die USA von Europa: Die US-Notenbank Fed macht ausgiebig das, was die EZB bislang nur verhalten tut. Sie kauft massiv US-amerikanische Staatsanleihen. Allein beim zweiten Teil des "Quantitative Easing" genannten Programms erwarb sie US-Bonds von 600 Milliarden Dollar. Eine Fortführung des Programms ist immer wieder im Gespräch.

"Quantitave Easing" bedeutet nichts anderes, als dass die Notenbank Geld druckt. Nach der allgemeinen Volkswirtschaftstheorie müsste das zwei Effekte nach sich ziehen: erstens, die Inflation steigt, denn es gibt mehr Geld als zusätzliche Waren und Dienstleistungen. Zweitens, der Außenwert des Dollars sinkt - gegenüber Euro, Yen und längerfristig auch gegenüber dem Yuan.

Beide Effekte sind den US-Amerikanern willkommen. Denn bei einer höheren Inflation verlieren zumindest die alten Schulden real an Wert - sie sinken also. Ein weiterer Vorteil ist, dass durch den niedrigeren Wechselkurs international die Wettbewerbsfähigkeit der USA steigt, weil ihre Produkte und Dienstleistungen preiswerter werden.

Solange der Dollar weltweit die unangefochtene Leitwährung ist, kann das Kunststück der Geldvermehrung funktionieren. Die internationalen Notenbanken halten insgesamt 60 Prozent ihrer Devisenreserven in der US-amerikanischen Währung. Es gibt keinen anderen vergleichbar großen und liquiden Währungsraum. Länder mit Handelsbilanzüberschüssen sind faktisch gezwungen, in US-amerikanische Staatsanleihen zu investieren. Das wird erst einmal so bleiben. Bereits John Connally, Finanzminister der US-Regierung unter Präsident Richard Nixon, hatte gesagt: "It's our currency, but it's your problem."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen