Deutsche Bank und Sal. Oppenheim Unabhängigkeit wird geopfert
05.08.2009, 14:59 Uhr
Unabhängigkeit als Firmenprinzip - damit ist es wohl vorbei bei Sal. Oppenheim.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Es ist ein weitreichender Bruch mit einer lange Tradition: Die Privatbank Sal. Oppenheim wird wohl eine Beteiligung der Deutschen Bank akzeptieren. Noch vor Wochen schlossen die Gesellschafter eine Schieflage des traditionsreichen Geldhauses kategorisch aus. Woher der Sinneswandel jetzt kommt ist noch unklar, aber die Zeichen deuten auf eine existenzielle Schieflage der Bank hin.
Die angeschlagene Privatbank Sal. Oppenheim muss erstmals in der über 200-jährigen Firmengeschichte ihre Unabhängigkeit aufgeben. Die Finanzkrise zwingt die Luxemburger Investmentbank dazu, mit der Deutschen Bank einen externen Investor ins Boot zu holen. Der deutsche Branchenprimus bestätigte Gespräche über eine strategische Partnerschaft mit Sal. Oppenheim, deren Familiengesellschafter sich mit einer Beteiligung an dem insolventen Handelskonzern Arcandor die Finger verbrannt haben. Die Deutsche Bank gab ein unverbindliches Angebot für einen Einstieg ab und prüft derzeit die Bücher.
"Die Sache dürfte innerhalb weniger Tage über die Bühne gehen", sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person. Zunächst geht es Finanzkreisen zufolge um einen Minderheitsanteil und zwar über eine Kapitalerhöhung. Daneben werde aber auch über eine spätere Mehrheitsübernahme diskutiert, sagten mehrere Insider. Denn so könnten sich die Frankfurter vollen Zugriff auf die lukrativen reichen Privatkunden der Traditionsbank mit einem verwalteten Vermögen von zuletzt 132 Milliarden Euro verschaffen. Auch bei der Postbank hatte sich die Deutsche Bank parallel zu ihrem Einstieg Optionen für weitere Anteile gesichert.
Plötzlicher Sinneswandel?
Die Gespräche mit der Deutschen Bank zeigen die dramatische Lage bei der Privatbank, deren zweites Standbein neben dem Investmentbanking die Vermögensverwaltung für wohlhabende Kunden ist. Noch vor einem Monat hatten die persönlich haftenden Gesellschafter Matthias Graf von Krockow und Friedrich Carl Janssen in einem Interview fremde Hilfe "selbstverständlich" abgelehnt. "Derzeit fühlen wir uns mit unserem Kapital gut ausgestattet", hatte Janssen dem "Handelsblatt" gesagt. Notfalls stünden die Eigentümer zu weiteren Finanzspritzen bereit. Das zu 100 Prozent im Familienbesitz befindliche Institut sieht sich als größte Privatbank Europas und bezeichnet Unabhängigkeit als einen der zentralen Werte des Hauses.
Trotz der Äußerungen der Gesellschafter haben sich seit Wochen Spekulationen gehalten, dass die Finanzaufsicht BaFin eine weitere Kapitalspritze bei Sal. Oppenheim für nötig erachtet. Die Behörde äußerte sich am Mittwoch nicht dazu, ob sie in die Gespräche eingeschaltet war. Die Familiengesellschafter hatten vor einigen Monaten bereits 200 Millionen Euro zugeschossen. Zudem prüften sie einen Verkauf der Tochter BHF-Bank, bekamen dafür Kreisen zufolge aber keine attraktiven Gebote. Die vor 220 Jahren in Bonn gegründete Privatbank musste 2008 wegen der Finanzkrise erstmals in der Nachkriegsgeschichte einen Verlust verschmerzen - unter dem Strich waren es fast 120 Millionen Euro. Dies ließ die Kapitaldecke dünner werden. Grund waren neben heftigen Einbußen im Kapitalmarktgeschäft Verluste auf Industriebeteiligungen wie IVG Immobilien, die die Familiengesellschafter mittlerweile in eine Holding auslagerten.
Deutsche Bank schielt auf reiche Privatkunden
Wieviel die Deutsche Bank in die Hand nehmen will, um sich den Einstieg bei dem Institut mit seinen 4300 Mitarbeitern zu sichern, wollte ein Sprecher nicht sagen. Dies hängt von dem ermittelten Wert der Privatbank ab, der Bankern zufolge wegen der Krise unter dem Eigenkapital von knapp zwei Milliarden Euro liegen dürfte. Rein auf Basis des Kapitals wäre eine Beteiligung von beispielsweise zunächst einem Drittel rund eine Milliarde Euro wert. Analysten schätzen aber, dass das Geldhaus in einem ersten Schritt eher weniger ausgeben wolle, um die eigene Kapitalbasis zu schonen.
Die rund 50 Mal größere Deutsche Bank erhofft sich von der Partnerschaft vor allem einen Ausbau des Geschäfts mit reichen Privatkunden, insbesondere in Deutschland. Dieser Bereich ist seit geraumer Zeit Verlustbringer und damit eine Achillesferse für das Frankfurter Geldhaus. Im Investmentbanking schreibt die Deutsche Bank dagegen in diesem Jahr wieder Milliardengewinne. Analyst Olaf Kayser von der LBBW nannte den Einstieg daher strategisch sinnvoll. Die Aktien zogen um 0,3 Prozent an und lagen damit stärker im Plus als der Gesamtmarkt.
Quelle: ntv.de, mme/rts