Chancen für Kleinanleger Unterbewertungen sind extrem
09.10.2018, 07:15 Uhr
(Foto: imago/Sven Simon)
Substanzwerte sind im Vergleich zu Wachstumsaktien so niedrig bewertet wie schon lange nicht mehr. Das sind tolle Einstiegsgelegenheiten. Anleger brauchen aber Geduld.
Die schlechtere Wertentwicklung von "Value-Aktien" im Vergleich zu Wachstumstiteln dauert schon lange. Dabei handelt es sich bei den auch als Substanzwerte bezeichneten Aktien um qualitativ hochwertige Unternehmen. Sie verfügen über ein erwiesenermaßen kompetentes Management. Außerdem macht oftmals eine starke Marktposition mit kaum kopierbaren Wettbewerbsvorteilen den Markteintritt von möglichen Konkurrenten schwer bis fast unmöglich. Investoren-Legende Warren Buffett spricht in diesem Zusammenhang gerne von Burggräben. Diese sind Basis für eine überdurchschnittliche Profitabilität und stabiles Gewinnwachstum. Außerdem sind Value-Unternehmen sehr solide finanziert.
Ebenso wichtig ist jedoch die Bewertung. Value-Aktien sind vor allem dann interessant, wenn ihr Börsenwert oder ihre Marktkapitalisierung niedriger notiert als ihr Buch- beziehungsweise Substanzwert. Dieser besteht aus den Vermögensgegenständen, die dem Unternehmen gehören, also beispielsweise Immobilien, Maschinen oder Patente. Dazu kommen noch stille Reserven. Vereinfacht gesagt entspricht der Substanzwert dem Eigenkapital in der Bilanz. Die Relation ergibt das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KGV). Wenn dies geringer als eins ist, der Börsenkurs einer Aktie also niedriger als der zurechenbare Buchwert notiert, gilt der Titel als preiswert.
Fehlsignale vermeiden
Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Anleger bei der Beurteilung, ob es sich bei einer Aktie um einen vermeintlich unterbewerteten Value-Titel handelt, am besten mehrere Kennziffern berücksichtigen. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang neben dem KBV verschiedene Profitabilitätskennziffern in Kombination mit der Schwankungsbreite der Aktie und deren Momentum, also ihrem Schwung. Damit lassen sich Fehlsignale reduzieren. Denn es besteht immer das Risiko, dass eine vermeintlich unterbewertete Aktie noch preiswerter wird. Meistens passiert das, wenn bei der Analyse etwas übersehen wurde.
Value-Aktien sind beileibe keine Selbstläufer. Anleger brauchen häufig viel Selbstdisziplin und einen langen Atem. Das zeigt sich gerade in der aktuellen Phase. Seit ungewöhnlich langer Zeit entwickeln sich Value-Aktien deutlich schwächer als sogenannte Growth- oder Wachstumstitel, die sich durch ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum auszeichnen. So ließ sich mit amerikanischen Tech-Werten zuletzt scheinbar spielend Geld verdienen.
Nun mehren sich jedoch die Anzeichen, dass Wachstumswerte ihren Zenit erreicht haben könnten. Vor allem in den USA basierte die jüngste Kursrally auf nur wenigen Werten. Eine geringe Marktbreite signalisiert häufig das baldige Ende eines Kursaufschwungs.
Bewertungslücke wird sich schließen
Angesichts der ungewöhnlichen Unterbewertung von Value-Aktien und der wahrscheinlich übertriebenen Outperformance von Growth-Titeln stellt sich nicht die Frage ob, sondern wann die Substanz- zu den Wachstums-Werten wieder aufschließen. Insbesondere bei Nebenwerten bieten sich derzeit durch die fundamental völlig unbegründeten Kursrückgänge der vergangenen Wochen und Monate hervorragende Einstiegsgelegenheiten. Da sich bei den Small Caps erfahrungsgemäß weniger Anleger tummeln, sind hier die Bewertungs-Ineffizienzen und die entsprechende Kurspotenziale am größten.
Dazu kommt noch ein größeres Maß an Übernahmefantasie. Allein in den USA liegen bei den Unternehmen Milliarden von Dollars auf den Konten, die irgendwie sinnvoll investiert werden müssen. Auch Firmen aus China, Katar und anderen Staaten zieht es weiterhin nach Europa und hier vor allem nach Deutschland, um hier nach geeigneten Übernahmekandidaten zu suchen. Vor diesem Hintergrund ist mit einer deutlichen Zunahme von Akquisitionen insbesondere im deutschen Mittelstand zu rechnen. Das spricht dafür, die heute tiefen Bewertungen zum Aufbau von Positionen zu nutzen. Anleger sollten aber auf jeden Fall Geduld mitbringen. Denn die Aktienmärkte neigen zum Überschießen. Daher ist der Zeitpunkt, ab dem Value-Aktien wieder outperformen, kaum vorherzusagen.
Thomas Wukonigg verantwortet bei der Wamsler & Co. Vermögensverwaltung u.a. das Portfoliomanagement. Der Bankkaufmann verfügt über 30 Jahre Berufserfahrung. www.wamslervv.de
Disclaimer
Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und zur Nutzung durch den Empfänger. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der Wamsler & Co. Vermögensverwaltung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Investmentfonds dar. Die in der vorliegenden Publikation enthaltenen Informationen wurden aus Quellen zusammengetragen, die als zuverlässig gelten. Die Wamsler & Co. Vermögensverwaltung gibt jedoch keine Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Vollständigkeit und lehnt jede Haftung für Verluste ab, die sich aus der Verwendung dieser Information ergeben.
Quelle: ntv.de