Griechenland helfen, Euro retten Van Rompuy lädt zum Krisengipfel
15.07.2011, 19:49 UhrDie Schuldenkrise in Europa bringt nun doch die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder rasch an einen Tisch. Just als Europas Finanzhäuser offenlegen, wie stark sie auch in Europas Krisenstaaten engagiert sind, ruft EU-Ratspräsident Van Rompuy zum Sondergipfel. Das weckt Hoffnungen auf eine rasche Einigung. Derweil erleichtert die EU Griechenland den Zugang zu Strukturfördergeldern.
Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone kommen am Donnerstag zu einem Sondergipfel zur Griechenlandkrise zusammen. Nach tagelanger Diskussion lud EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy zu dem Krisentreffen. Auf der Agenda stehen die Finanzierung der Hilfen für Griechenland und die Stabilität der Eurozone insgesamt. Das Treffen ist für 12 Uhr anberaumt. Van Rompuy bat unter anderen die Finanzministerien der Mitgliedsländer darum, das Treffen vorzubereiten.
Nach Einschätzung von Diplomaten wächst mit der Einladung Van Rompuys die Hoffnung, dass der Notplan bald kommen könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuvor bei einem Besuch in Nigeria erklärt, ein Sondertreffen der Europäischen Union werde es erst geben, wenn sich die Euro-Staaten auf ein zweites Hilfspaket für Griechenland geeinigt hätten. "Voraussetzung dafür ist, dass wir ein fertiges, neues Programm für Griechenland entscheiden können." Man wolle eine schnelle Einigung, aber das Griechenland-Paket müsse vernünftig sein. Wegen der Weigerung Deutschlands musste Van Rompuy den eigentlich für diesen Freitag geplanten Krisengipfel verschieben.
Zeit drängt
Die Euro-Länder stehen unter enormem Druck, ihren Streit über die Beteiligung des Privatsektors an neuen Milliardenhilfen für Griechenland beizulegen. Deutschland und andere nordeuropäische Staaten fordern, Gläubiger an Hilfen zu beteiligen. Ratingagenturen drohen damit, unter Umständen griechische Staatsanleihen mit der Note "teilweiser Zahlungsausfall" zu bewerten.
Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", es müsse sichergestellt werden, dass Griechenland seine Schulden tragen und finanzieren könne. Die Finanzmärkte hegten Zweifel, dass dies möglich sei. Wie diese zerstreut werden sollen, ist aber nicht zu erkennen. Derzeit arbeitet eine Arbeitsgruppe der Euroländer auf Staatssekretärsebene an einem Modell dafür.
Baroin: Kein Zahlungsausfall Griechenlands
Klar ist, dass die Euro-Zone alle Alternativen prüft, darunter auch eine möglichst kontrollierte Umschuldung, um Griechenland von seinem Schuldenberg herunterzubekommen. Dieser hat eine Höhe von 160 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung - doppelt so viel wie in Deutschland. Dennoch erklärte der französische Finanzminister Francois Baroin, die europäischen Regierungen erwögen keinen Zahlungsausfall Griechenlands. Man arbeite an Lösungen, die sowohl für die Euro-Zone als auch Griechenland gut seien.
Schäubles Sprecher Martin Kotthaus sagte, es würden alle Modelle ohne Tabus und Scheuklappen geprüft, die im gesetzlichen Rahmen umsetzbar wären. Das schließe gemeinsame Euro-Anleihen oder einen direkten Ankauf von Staatsanleihen durch den Euro-Rettungsschirm EFSF aus.
Infrastrukturprojekte ankurbeln
Unterdessen könnte Griechenland bald leichter an EU-Fördergelder für seine schwachen Regionen kommen. Damit die Millionen aus dem EU-Strukturfonds in griechische Projekte fließen können, musste Athen bislang 21 Prozent der Kosten selbst tragen. Nun soll dieser Eigenanteil auf 15 Prozent fallen - der Rest kommt weiter aus Brüssel. Für Athen bedeutet das deutlich weniger Ausgaben: Rund 2,1 Mrd. Euro könnten die Griechen etwa bei Straßenbau-, Wirtschafts- und Tourismusprojekten im eigenen Land sparen, teilte die EU-Kommission mit.
Der griechische Minister für Regionale Entwicklung, Michalis Chrysochoidis, habe bei einem Treffen mit EU-Kommissar Johannes Hahn in Brüssel angekündigt, seit Jahren geplante Projekte im Wert von 7,7 Mrd. Euro zu prüfen. Sie waren nie in Gang gekommen und sollen nun durch "machbare" Projekte ersetzt werden. "Wir wollen gute Projekte, die der griechischen Wirtschaft schnell auf die Beine helfen", sagte Hahns Sprecher. Nun sei es an Athen, konkrete und realisierbare Vorschläge auf den Tisch zu legen.
In der laufenden Finanzperiode bis 2013 stehen Griechenland aus dem EU-Strukturfonds 20,2 Mrd. Euro zu. Davon hat Athen 4,9 Mrd. Euro bereits abgerufen. "Es wird kein Extrageld nach Griechenland gehen", sagte Hahns Sprecher. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte vor einigen Wochen vorgeschlagen, Gelder aus dem EU-Strukturfonds für Griechenland zu mobilisieren.
Quelle: ntv.de, nne/dpa