Zwei Milliarden Euro Flut-Schäden Versicherer erwarten höhere Kosten als 2002
02.07.2013, 18:35 Uhr
Die Versicherungswirtschaft muss in 180.000 Schadensfällen zahlen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Noch immer kämpfen Menschen in Deutschland gegen die Folgen des Hochwassers. Vielerorts werden die Aufräumarbeiten noch Wochen dauern. Laut Versicherungswirtschaft übersteigen die gemeldeten Schäden das Niveau der Elbe-Flut - wohl auch, weil viele Betroffene besser vorbereitet waren.
Das Hochwasser in Deutschland wird die Versicherer mehr kosten als die Elbe-Flut 2002. Insgesamt seien 180.000 versicherte Schäden im Wert von gut zwei Milliarden Euro gezählt worden, teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit. Nach dem Elbe-Hochwasser vor elf Jahren wurden 150.000 Schadensfälle in Höhe von 1,8 Milliarden Euro registriert.
"Nach aktuellem Stand gibt es dieses Mal mehr versicherte Schäden, auch weil die Menschen nach der Elbeflut 2002 verstärkt ihre Häuser gegen Überschwemmung versichert haben", sagte GDV-Präsident Alexander Erdland. Inzwischen seien gut ein Drittel der Gebäude in Deutschland gegen Naturgefahren versichert. 2002 war es nicht ganz ein Fünftel.
Das Schadenvolumen sei aber nicht in gleichem Maße wie die Schadenzahl gestiegen. Dazu hätten staatliche, aber auch individuelle Schutzmaßnahmen beigetragen. "Viele Betroffene waren besser auf die Katastrophe vorbereitet als 2002", sagte Erdland. Durch Starkregen seien beim diesjährigen Hochwasser viele Schäden weitab großer Flüsse entstanden. Hatte es 2002 etwa noch Bilder der völlig überschwemmten Dresdner Innenstadt mit Semper-Oper, Zwinger und Hauptbahnhof gegeben, blieb das Zentrum beim aktuellen Hochwasser trocken.
Versicherer haben Zahlen vorgelegt
Auch einzelne Versicherer hatten bereits ihre Schätzungen für das Hochwasser vorgelegt - allerdings bezogen auf alle betroffenen Gebiete auch außerhalb Deutschlands. Hierzulande waren von den Fluten insbesondere Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen betroffen. Unter dem Hochwasser litten aber auch Tschechien, die Schweiz und Österreich.
Der Versicherungskonzern Talanx rechnet nach ersten vorläufigen Schätzungen mit einer Nettobelastung von weniger als 250 Millionen Euro. In der Summe sind sowohl die Schäden in Deutschland und den vom Hochwasser betroffenen Nachbarländern als auch die von der Hannover Rück gemeldete Schadenshöhe vollständig enthalten.
Die Allianz schätzt, dass über 500 Millionen Euro an Kunden gezahlt werden müssen - nach 710 Millionen Euro 2002. Allerdings sind Teile dieser Schäden durch eine Rückversicherung abgedeckt, so dass die Allianz die Nettoschadenshöhe auf rund 350 Millionen Euro beziffert. Die Gothaer Versicherung schraubte ihre Schadenschätzung auf 60 Millionen Euro nach oben - das wäre doppelt so viel wie 2002.
Bund und Länder haben Milliardenhilfen zugesagt
Experten wie der Versicherungsmakler Aon Benfield gehen davon aus, dass die versicherten Schäden mit bis zu vier Milliarden Euro insgesamt höher ausfallen könnten als bei der vorherigen Jahrhundertflut. Damals erreichten die Kosten für zerstörte Häuser, Autos und Betriebsunterbrechungen in Summe rund 3,5 Milliarden Euro.
Um Städte und Gemeinden sowie die Hausbesitzer selbst nicht aus der Verantwortung für den Hochwasserschutz zu entlassen, sind die Versicherer auch gegen eine Pflichtversicherung. Die Bundesregierung und die Länder haben acht Milliarden Euro an Flut-Hilfen zugesagt, mit denen nicht versicherte oder gar nicht versicherbare Schäden gedeckt werden sollen. Nach dem Kabinett und dem Bundestag muss noch der Bundesrat am kommenden Freitag grünes Licht geben.
Unterdessen hat die EU-Kommission 600 Millionen Euro Staatshilfen für die vom Hochwasser betroffenen Landwirte in Deutschland genehmigt. Bund und Länder teilen sich die Summe. Das Geld soll in diesem und im nächsten Jahr fließen. "Damit haben die Länder nun die Möglichkeit, unverzüglich mit der Auszahlung der Mittel zu beginnen", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU).
Bauern meldet 400 Millionen Euro Schaden
Dass die ganze Summe ausgeschöpft wird, ist nach Angaben des Ministeriums unwahrscheinlich. Derzeit hätten die Landwirte Schäden von rund 400 Millionen Euro gemeldet. Davon entfielen die Löwenanteile von jeweils 117 Millionen Euro auf Bayern und Sachsen-Anhalt. "Wir schließen nicht aus, dass die Schadenssumme noch steigt", sagte ein Sprecher. Schließlich fließe das Wasser derzeit noch ab. Viele Bauern müssen Ernteausfälle verkraften, weil das Hochwasser ihre Felder überschwemmte. In einigen Gebieten wurden landwirtschaftliche Flächen als Überflutungsgebiete freigegeben.
Die Hilfen für Land-, Forst- und Fischwirtschaft fallen dem Ministerium zufolge allerdings deutlich geringer aus als der gemeldete Schaden - schließlich springen neben dem Staat auch Versicherungen ein. Bisher sind den Angaben zufolge 120 Millionen Euro an Soforthilfen eingeplant. Nicht ausgegebene Mittel von den 600 Millionen könnten auch bei eventuellen weiteren Naturkatastrophen bis Ende 2014 eingesetzt werden.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/DJ