Wirtschaft

Die Politik und das BayernLB-Debakel Verwaltende Inkompetenz

Fast genau ein Jahr nach dem Beinahe-Kollaps der BayernLB ist die Landesbank erneut in existenzielle Schwierigkeiten geraten. Die Verantwortung für das Desaster liegt auch bei der Politik, die ihre Aufsichtsfunktion sträflich missbraucht hat.

Das Jahr 2009 war ein lehrreiches für die deutsche Bankenlandschaft. Durch die Finanzkrise mussten sich alle offenbaren. Die Zocker, die Kalkulierer und Träumer. Zu der letzteren Gattung gehörte wohl die BayernLB samt ihres Vorstands und vor allem ihrer Verwaltungsräte. Nach dem Desaster rund um die Hypo Alpe Adria Group können jetzt nur noch die Scherben zusammengekehrt werden. Nur nach Konsequenzen politischer oder juristischer Natur rufen nur wenige. Komisch eigentlich - und doch verständlich.

Hausgemachtes Desaster: Die CSU würde die BayernLB wohl am liebsten verschenken. Wenn sie denn jemand nehmen würde.

Hausgemachtes Desaster: Die CSU würde die BayernLB wohl am liebsten verschenken. Wenn sie denn jemand nehmen würde.

(Foto: REUTERS)

Diejenigen, die jetzt die Aufklärer spielen und voller Entrüstung vor die Presse treten, sind die Hauptschuldigen. Da pumpt sich der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer voller Entrüstung auf, tritt mit hochrotem Kopf vor die Presse und spricht in einer Regierungserklärung von einem Debakel. Auf eine Begründung, warum seine Landesbank mit dem Ausflug ins schöne Österreich sich nicht nur erneut an den Rande der Insolvenz gebracht hat, sondern nebenbei noch weitere Milliarden bayerischer Staatsgelder verbrannt hat, warten die Zuhörer des bayrischen Ministerpräsidenten jedoch vergeblich. Das Abenteuer Austria wird den Steuerzahler wohl 3,7 Milliarden Euro kosten. Nach den 10 Milliarden Soforthilfe, die die Bank just vor einem Jahr brauchte, um nicht gänzlich unterzugehen, wird wohl noch ein Kredit fällig. Denn auch im Freistaat sind die Kassen leer.

Bayerns Landesvater Seehofer (l.) mit seinem Finanzminister Fahrenschon beim Scherbenkehren vor Journalisten.

Bayerns Landesvater Seehofer (l.) mit seinem Finanzminister Fahrenschon beim Scherbenkehren vor Journalisten.

(Foto: dpa)

Der Verwaltungsrat der BayernLB ist bis heute gespickt mit Mitgliedern der CSU - und diese haben den Kurs des Hauses mitbestimmt. Umso erstaunlicher, wie überrascht sich Seehofer nun als Ministerpräsident von dem Desaster zeigt. Hatte doch seine Partei durch ihre Vertreter die Richtlinien für die Geschäftspolitik mitzubestimmen und über die Geschäftsführung des Vorstandes zu wachen. Bereits in den achtziger Jahren geriet die BayernLB in die Kritik, als der damalige Ministerpräsident Franz Josef Strauß einen Milliardenkredit für die damals devisenarme DDR einfädelte. Bürgen musste damals wie heute am Ende der Bund.

Unklare Aufgaben

Nun könnte man den Fall als bayrische Amigo-Affäre abtun, gäbe es da nicht die anderen Fälle. WestLB, Landesbank Baden-Württemberg oder BayernLB, die Krankheit ist bei allen die gleiche. Diese Geldhäuser haben keinen klaren Auftrag und werden von der Politik dominiert. Sie sollen alles machen und dennoch bleibt ihnen vieles verwehrt. So ist das Privatkundengeschäft eine Domäne der Sparkassen und bleibt den Landesbanken verschlossen. Auch die Kreditvergabe an die Privatwirtschaft ist großteils durch die Privatbanken oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) besetzt. Klar ist lediglich die Stellung als Giro-Zentrale für die örtlichen Sparkassen. Doch damit lässt sich kaum Geld verdienen.

Für das große Geld blieb eigentlich nur noch das internationale Investmentbanking, das lange Jahre hohe Profite mit globalen Geschäften mit Derivaten, Immobilienpapieren und sonstigen, teils hochriskanten Wertpapieren sorgte. Die Politik sonnte sich gerne im Glanz der Bilanzen, solange es gut ging. Genau so lange nickten die Landesfürsten auch die Pläne der ehrgeizigen Landesbanker immer wieder ab. Man darf unterstellen, dass sie meistens keinen Schimmer davon hatten, was die Projekte im Detail bedeuteten. So wurde auch der Kauf der Hypo Alpe Adria im Jahr 2007 als großer Erfolg und Beleg für die wirtschaftliche Kraft des Hauses und damit auch des Landes Bayern interpretiert. Kontrolle, Risikobewusstsein? Fehlanzeige.

Kein nachvollziehbares Geschäftsmodell

Seit den siebziger Jahren fehlt den Landesbanken ein kohärentes Geschäftsmodell. Dabei hätten solche Geschäftsbanken mit internationaler Ausrichtung, in die sich einige Landesbanken wandelten, einer anders strukturierter Aufsicht bedurft. Doch die Verwaltungsräte von LBBW, BayernLB oder WestLB sind bis heute politisch besetzt. So war der Verwaltungsrat der Landesbank Baden-Württemberg mit 29 Mitgliedern besetzt, von denen höchstens den Vertretern aus dem Sparkassenlager und allenfalls noch den vertretenden Unternehmern eine gewisse Fachkompetenz mitbringen. Der Rest setzt sich aus Landesministern, Staatssekretären, Landräten und Oberbürgermeistern zusammen. So war die Mehrheit des Gremiums schlicht nicht geeignet, die diffizilen Geschäfte der Landesbanken zu beurteilen.

Der Scherbenhaufen ist nicht nur ein Problem für den Steuerzahler, der die Zeche für die Großmannssucht der Landesfürsten und seiner Statthalter bezahlen muss. Die Landesbanken fallen just in einer Phase nahezu komplett aus, in der sie wirklich benötigt würden. Seit Wochen jammern die Politiker über die zaghafte Kreditvergabe der Privatbanken an die Wirtschaft. Genau da aber läge eine der originären Aufgaben der Landesbanken. Die Versorgung der Wirtschaft mit Liquidität in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Die Landesbanken fallen aber dafür momentan aus, weil sie fast alle mit sich selbst beschäftigt sind und mit dem Rücken zur Wand stehen. Schade, dass die Politik damit eines ihrer wichtigsten Steuerungsinstrumente fahrlässig zerstört. So bleibt nur der tiefe Griff in die leere Staatskasse. Unsere Enkel werden an diesem Schuldenberg wohl noch bezahlen müssen.

Quelle: ntv.de

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