Wirtschaft

Freude ja, Euphorie nein Wadan lebt weiter

Am Tag eins nach der erlösenden Nachricht überwiegt die allgemeine Erleichterung den faden Beigeschmack. Die Wadan-Werften in Wismar und Rostock leben weiter, so die Botschaft der Gläubiger - aber wohl nur in deutlich reduzierter Mannschaftsstärke.

Am Dock-Tor der Warnemünder Wadan-Werft hängen Tranparente mit den Aufschriften "Arbeit" und "Leben".

Am Dock-Tor der Warnemünder Wadan-Werft hängen Tranparente mit den Aufschriften "Arbeit" und "Leben".

(Foto: dpa)

Der Einstieg des Moskauer Investors Igor Jussufow bei den seit Juni insolventen Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde rückwirkend zum 15. August ist perfekt, zunächst 40 Millionen Euro sollen Deutschlands drittgrößtem Schiffbauer auf die Beine helfen. Wie viele Jobs aus den Transfergesellschaften an beiden Wadan-Standorten letztlich ans rettende Ufer der neuen Nordic Yards gezogen werden können, bleibt jedoch vorerst ungeklärt.

"Dass es nach der Entscheidung zu Freudensprüngen gekommen ist, kann man überhaupt nicht sagen", sagt der Warnemünder Betriebsrat Harald Ruschel. Natürlich sei es vor allem mit Blick auf die schleppenden Gespräche mit der Göteborger Stena- und der Rostocker Laeisz-Reederei ein wichtiges Signal, wieder "einen verlässlichen Eigentümer" an der Seite zu haben. Für beide Auftraggeber liegen noch unvollendete Schiffe im Wert von mehrere hundert Millionen Euro in Wismar und Warnemünde. "Das gibt einen anderen und besseren Anstrich für die Verhandlungen", betont Ruschel. "Aber Herr Jussufow lockt ja nicht mit Beschäftigung, sondern mit Aufträgen aus Russland."

Bisher nur Ankündigungen

Der Verkauf an den russischen Investor Jussufow löst bei der Belegschaft Zuversicht, aber keine Euphorie aus.

Der Verkauf an den russischen Investor Jussufow löst bei der Belegschaft Zuversicht, aber keine Euphorie aus.

(Foto: dpa)

Beides hänge zwar zusammen. Wie es für die rund 2500 Wadan-Mitarbeiter nach dem voraussichtlichen Ende der Auffanggesellschaften im Januar weitergeht, wissen derzeit aber weder Ruschel noch seine Wismarer Kollegin Ines Scheel. "Im Moment kauft Herr Jussufow erstmal nur eine leere Werft", gibt Scheel zu bedenken. Und wie bei seinem Vorgänger Andrej Burlakow seien die angekündigten Aufträge bis auf weiteres eben genau das: Ankündigungen. "Wenn alles glatt läuft, würden die sich frühestens in drei bis sechs Monaten in Arbeit für uns niederschlagen", vermutet die Arbeitnehmervertreterin.

Thomas Rickers von der IG Metall bleibt ebenfalls skeptisch: "Wir lösen Wadans Probleme nicht durch die Garantie von Beschäftigungszahlen, sondern durch Beschäftigung, die durch echte Aufträge hinterlegt ist." Teil von Jussufows Konzept ist es, mindestens 1200 und bestenfalls 1600 Wadan-Stellen zu sichern.

Psychologischer Spagat

Die Betriebsratsvorsitzenden der Wadan-Werften in Wismar und Rostock, Ines Scheel und Harald Ruschel.

Die Betriebsratsvorsitzenden der Wadan-Werften in Wismar und Rostock, Ines Scheel und Harald Ruschel.

(Foto: ZB)

Ruschel weiß um den psychologischen Spagat, der ihm abverlangt wird: einerseits die Erwartungen realistisch zu dämpfen, andererseits die neu gewonnene Zuversicht nicht verpuffen zu lassen. "Wenn wir bei Stena und Laeisz endlich klar sehen, könnte die Arbeit vielleicht schon im September wieder anrollen." Bereits für Dienstag waren nach dem Übernahme-Deal mit Jussufow neue Gespräche mit Stena geplant. Russische Aufträge etwa für eisbrechende Schiffe oder Offshore-Plattformen bräuchten indes einen längeren Vorlauf, glaubt Ruschel: "Da reden wir dann über mehrere Monate."

Getrübt ist die Freude zudem, weil noch nicht abzusehen ist, was mit den Kollegen geschehen soll, die nicht weiterqualifiziert werden können. "Sie haben uns zugesichert: Die Ausbildung der Jungen wird so weitergefahren wie bisher. Am Ende wollen wir so viele wie möglich aus den Transfergesellschaften rausbekommen", sagt Ruschel. Neben Jussufow sei auch die Politik keineswegs von ihrer Verantwortung befreit. Der Beschluss vom Montag sei "ein großer Schritt" für Wadan; Bund und Land stünden aber weiter in der Pflicht. Auch über die Förderung von Altersteilzeitmodellen müsse nachgedacht werden, fordert Ruschel. "Es kann ja nicht sein, dass wir nur die Jüngeren übernehmen - und die Älteren in die Arbeitslosigkeit schicken."

Quelle: ntv.de, Jan-Henrik Petermann, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen