Im Fahrstuhl von Goldman Sachs Wall-Street-Twitterer enttarnt
27.02.2014, 12:11 Uhr
Was mögen die Banker von Goldman Sachs in den Fahrstühlen auf dem Weg ins Büro wohl reden? Lange Zeit twitterte ein vermeintlicher Kollege angeblich aufgeschnappte Sprüche. Seine Fan-Gemeinde ist riesig - obwohl er gar nicht bei Goldman arbeitet.
Wall-Street-Banker haben - vorsichtig ausgedrückt - ein Imageproblem. Gier, Zynismus oder Arroganz sind noch eher die harmloseren Dinge, die mit ihnen gemeinhin assoziiert werden. Und als Hort der ganz fiesen Jungs gilt natürlich Goldman Sachs.
So überrascht die Beliebtheit eines Twitter-Accounts nicht, der angebliche Gesprächsfetzen aus den Fahrstühlen des Finanzgiganten veröffentlichte. "Ich gebe Obdachlosen kein Geld, denn Scheitern kann ich guten Gewissens nicht belohnen", lautet einer von ihnen. "Eine Tussie fragte mich, was ich machen würde, wenn ich zehn Millionen Dollar hätte. Ich sagte ihr, ich würde mich wundern, wo der Rest des Geldes abgeblieben sei", lautet ein anderer.
Im Laufe von drei Jahren entstand eine Fan-Gemeinde von mehr als 600.000 Menschen. Goldman Sachs begann sogar eine interne Untersuchung, um den Urheber zu enttarnen. Doch das gelang nicht. Aus einem nachvollziehbaren Grund: Der Autor arbeitet dort nicht. Hat er auch nie.
Die "New York Times" enthüllte nun die Identität: Der Mann heißt John Lefevre, ist 34 Jahre alt und war für die Citigroup sieben Jahre im Anleihehandel tätig - in New York, London und Hongkong. Derzeit lebt er in Texas. Und vergangenen Monat zog er einen lukrativen Buchvertrag an Land. Dabei geht es - basierend auf seinen Tweets - um die Wall-Street-Kultur.
Protzen mit dem Kontoauszug
Und die findet Lefevre gar nicht so anstößig. Er wolle sich weder über die Wall Street lustig machen, noch sie verherrlichen. "Es geht mir nicht darum, Menschen auf die eine oder andere Weise zu zeichnen", sagte er und wies darauf hin, dass er schon immer ein "zynischer Banker" gewesen sei - auch als er noch an der Wall Street arbeitete. "Ich habe es dort geliebt. Wir haben viele verrückte Sachen gemacht. Es ist nicht so, als ob ich seitdem eine Offenbarung erlebt hätte." Er habe den Account aus Spaß gestartet, sagte Lefevre der Zeitung. Und er betonte, dass einige Sprüche tatsächlich von Bankern geäußert worden seien - wenn auch nicht in Aufzügen von Goldman Sachs.
Seit seiner Enttarnung ruht der Account. Doch die alten Sprüche sind durchaus lesenswert. "Wenn eine heiße Braut hinter mir am Geldautomaten steht, lasse ich den Auszug immer liegen. Denn dann kennt sie den Kontostand." Ob so etwas ein Wall-Street-Banker jemals denken würde?
Bei Goldman Sachs war die Erleichterung offenbar groß, dass es sich bei dem Autor nicht um einen Angestellten handelt. Ein Konzernsprecher reagierte zumindest mit Humor: "Wir sind froh, Ihnen mitteilen zu können, dass das Verbot, in unseren Aufzügen zu sprechen, mit sofortiger Wirkung aufgehoben ist."
Quelle: ntv.de