Wirtschaft

Nippons Export unter Druck Warum legt der Yen zu?

Der japanischen Währung wachsen Flügel. Und ein Ende des Höhenflugs ist nicht in Sicht. Auch Hoffnungen auf eine schnelle Intervention der BoJ scheinen zu verpuffen. Aber warum steigt der Yen zum Dollar überhaupt?

Die Bank of Japan hält sich mit Interventionen am Devisenmarkt zurück.

Die Bank of Japan hält sich mit Interventionen am Devisenmarkt zurück.

(Foto: REUTERS)

Der Durchhänger des Greenback ist schnell erklärt: Hauptursache ist die drohende Abschwächung der US-Konjunktur. Diese drückte den US-Dollar vergangene Woche auf ein 15-Jahres-Tief zum Yen. Die US-Währung leidet vor allem unter Spekulationen um eine weitere Lockerung der Geldpolitik durch die US-Notenbank Federal Reserve.

Gleichzeitig - und damit nicht zu erklären - wachsen auf der anderen Seite Japans Landeswährung geradezu Flügel. Interessanterweise spricht eine ganze Reihe von Gründen nicht für, sondern gegen diese deutliche Yen-Aufwertung, als da wären die niedrigen Zinsen, die enorme Staatsverschuldung und die Alterung der japanischen Gesellschaft. Warum legt Nippons Währung also dennoch zum US-Dollar so kräftig zu? Ein Grund ist das hohe ausländische Interesse an japanischen Geldanlagen. Aber auch die Tatsache, dass viele Japaner im Ausland investieren, belastet den Yen. Fundamental sei die Yen-Stärke nicht gerechtfertigt, heißt es am Devisenmarkt.

Japanische Investoren verkaufen Yen

Japanische Investoren, vor allem Kleinanleger, haben ihr Geld in diesem Jahr verstärkt im Ausland angelegt. Die Netto-Investitionen in Aktien, Anleihen und Geldmarkt-Produkte kletterten zwischen Januar und Juli im Jahresvergleich um 65 Prozent 2,8 Bill. Yen (etwa 25,6 Mrd. Euro).

Analysten zufolge wenden sich japanische Fonds dabei verstärkt Ländern zu, in denen die Leitzinsen höher liegen als in den USA. "Viele neu aufgelegte Investmentfonds konzentrieren sich auf den brasilianischen Real und haben daher keinen direkten Einfluss auf den Kurs des US-Dollar zum Yen", erklärt Volkswirt Daisuke Karakama von Mizhuo Corporate Bank. Trotzdem belasten diese Investments die japanische Währung, denn bei Investments in ausländischen Währungen werden immer Yen verkauft.

Spekulationen über ein Treffen von Premier Kan mit BoJ-Gouverneur Shirakawa bleiben unbestätigt.

Spekulationen über ein Treffen von Premier Kan mit BoJ-Gouverneur Shirakawa bleiben unbestätigt.

(Foto: REUTERS)

Institutionelle japanische Investoren wie Versicherer erhöhten ihr Auslandsinvestment in den vergangenen Monaten weniger stark auf 1,2 von 1,1 Bill. Yen (gut zehn Mrd. Euro). Da jedoch die Kosten zur Absicherung von Währungsrisiken (Hedging) relativ niedrig sind, griffen Versicherer verstärkt zu entsprechenden Instrumenten. Dies gleiche den Kursdruck durch die höheren Auslandsinvestitionen zumindest teilweise aus, sagen Analysten.

Ausländische Investoren kaufen Yen

Der Hauptgrund für die Stärke des Yen ist das hohe ausländische Interesse an japanischen Geldanlagen. Vor allem kurzfristige Geldmarktprodukte seien beliebt, erklären Marktteilnehmer. Der Statistik des japanischen Finanzministeriums zufolge steckten Ausländer bis Juli 5,5 Bill. Yen (rund 50 Mrd. Euro) in Aktien, Anleihen und andere Anlageformen von der Insel. Stellt man die Zahlen gegenüber, zeigt sich, dass der  Effekt durch  ausländische Investoren, die in Nippon investieren, größer ist, als der durch Japaner, die ihrerseit im Ausland investieren: Investments von 50 Mrd. Euro in Nippon stehen insgesamt nur 35,6 Mrd. Euro an Investments außerhalb Japans gegenüber.

Chinesische Investoren allein kauften bis Juli japanische Staatspapiere im Volumen von 1,7 Bill. Yen (15,6 Mrd. Euro). Im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2005 ist dies eine Versechsfachung. Offenbar wollten einige Staaten ihre Devisenreserven diversifizieren, sagten Analysten. Die hohe Nachfrage an Papieren mit kurzen Laufzeiten sei zudem ein Indiz dafür, dass einige Anleger Möglichkeiten suchten, ihr Geld vorübergehend zu parken.

Wann interveniert die BoJ?

Günstig ist die Gemengelage für Japan nicht. Vor allem der Export ächzt unter dem teuren Yen. Schon jetzt hat China Japan als zweitstärkste Volkswirtschaft der Welt abgehängt. Trotzdem lautet das offizielle Wording der Tokioter Regierung bislang: Abwarten.

Japans Premierminister Naoto Kan will die Entwicklung des Yen-Kurses bislang nur "sorgfältig beobachten" und eng mit der japanischen Notenbank kooperieren, um das Problem des starken Yen zu lösen. "Die Aufwertung des Yen hat mich gestört", sagte Kan am Samstag während seines Sommerurlaubs in der Präfektur Nagano. Er wolle über das Thema "im notwendigen Maße" mit dem Gouverneur der Bank of Japan (BoJ), Masaaki Shirakawa, sprechen. Er habe allerdings noch nicht darüber entschieden, wann er welche Schritte ergreifen werde.

Wirtschaftsminister Satoshi Arai erklärte unterdessen, er wisse noch nichts von Plänen über ein Treffen von Kan mit Shirakawa, und machte damit die Hoffnungen an den Märkten auf schnelle Interventionen zugunsten eines schwächeren Yen zunichte. Arai zufolge sollten Regierung und Zentralbank jedoch zusammenarbeiten, um die Aufwertung der japanischen Landeswährung einzudämmen. Zudem müsse untersucht werden, ob der starke Yen "ein größeres Hindernis" für die Wirtschaftserholung darstellen könne, sagte er.

Volle Fahrt auf Rekordhoch

Nach Einschätzung von Eisuke Sakakibara, ehemals hochrangiger Mitarbeiter im Finanzministerium und wegen seines damals starken Einflusses am Devisenmarkt auch als "Mr. Yen" bekannt, könnte die japanische Landeswährung bereits im September ein Rekordhoch verzeichnen. "Bis zum Jahresende, oder vielleicht sogar schon Anfang September, könnte er auf ein neues Rekordhoch zum US-Dollar steigen", sagte Sakakibara im japanischen Fernsehen. Das gegenwärtige Rekordhoch vom April 1995 liegt bei 79,75 japanischen Yen zum US-Dollar.

Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts

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