Wirtschaft

Hickhack um Hilfsantrag Warum zögert Spanien noch?

Mariano Rajoy lässt sich nicht in die Karten gucken.

Mariano Rajoy lässt sich nicht in die Karten gucken.

(Foto: REUTERS)

Die Regierung in Madrid wägt seit einem geschlagenen Monat ab, ob Spanien nun weitere Hilfen der EU beantragen soll oder nicht. Das Zögern lässt immer neue Spekulationen ins Kraut schießen, was letzlich den Steuerzahler teuer zu stehen kommt. Warum legt Madrid sich also nicht fest?

So viel steht fest, die Hinhaltetaktik Spanien kommt das Land teuer zu stehen. Wenn der spanische Staat sich frisches Geld auf den Finanzmärkten besorgt, muss das der Steuerzahler mit immer höheren Zinsen bezahlen. 2013 wird Madrid nach dem Haushaltsentwurf der Regierung für Zinsen mehr ausgeben als für die Gehälter der Staatsbediensteten. Die Europäische Zentralbank (EZB) wollte diese Spirale durchbrechen, indem sie einen höchst umstrittenen Ausweg aus der Misere anbot: Sie ist bereit, unbegrenzt spanische Staatsanleihen aufzukaufen. Einzige Bedingung: Spanien müsste dafür unter den EU-Rettungsschirm schlüpfen. Was allerdings zur Folge hätte, dass die EU dem spanischen Wirtschaften näher auf die Finger schauen würde. Womit wir bei der Ursache für die Hinhaltetaktik wären.

Ministerpräsident Mariano Rajoy kann sich zu diesen Konditionen bislang nicht zu einer Entscheidung durchringen. Offiziell heißt es, die Regierung müsse das Für und Wider eines Hilfegesuchs an die EU abwägen. Damit ist Madrid seit fast einem Monat beschäftigt. Hinter den Kulissen kursieren verschiedene mögliche Beweggründe für das Zögern der Regierung:

Spanien will keinen Hilfsantrag stellen: Eine der Spekulationen läuft darauf hinaus, dass Spanien keinen neuen Hilfsantrag in Brüssel vorlegen will. Diese Vermutung kam im September auf, als die Lage auf den Anleihemärkten sich leicht entschärfte und der Zinssatz für Zehn-Jahres-Anleihen unter die Marke von sieben Prozent fiel. Ein Stresstest der spanischen Banken ergab, dass die Krise des Finanzsystems nicht ganz so dramatisch ist wie befürchtet.

Dies ließ die Hoffnung aufkommen, dass die Anleger wieder Vertrauen in die spanischen Papiere gewinnen könnten. Der Budgetentwurf für 2013 versetzte diesen Hoffnungen jedoch einen Dämpfer. Er machte deutlich, wie schwer sich Spanien aufgrund der wachsenden Zinslasten mit der Einhaltung des Defizitziels tun wird.

Madrid will die Regionalwahlen abwarten: Am 21. Oktober stehen in Galizien und im Baskenland Regionalwahlen an. Vor allem die Abstimmung in Galizien gilt als ein wichtiger Test: In der Region im Nordwesten des Landes regiert Rajoys konservative Volkspartei (PP), zudem ist Galizien die Heimat des Regierungschefs. Eine Wahlniederlage der PP in Rajoys Heimatregion wäre ein schwerer Schlag für die Regierung. Es wird daher spekuliert, Madrid warte mit einem Hilfegesuch bis nach den Wahlen ab. Rajoy hatte sich bereits im vorigen Jahr vorhalten lassen müssen, seinen Sparhaushalt für 2012 bis nach den Regionalwahlen in Andalusien hinausgezögert zu haben.

Es wird Widerstand in der EU befürchtet: In den vergangenen Tagen hat sich in Spanien eine weitere Spekulation ausgebreitet. Danach soll sich das Land zu einem Hilfegesuch entschlossen haben, dieses aber zurückhalten aus Angst, dass der Antrag in Brüssel bei einzelnen EU-Staaten auf Ablehnung stoßen könnte. Länder wie Deutschland, Finnland oder die Niederlande wären über ein neues Gesuch der Spanier alles andere als erfreut, berichten die Madrider Zeitungen.

Sie verweisen unter anderem auf eine Äußerung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der kürzlich erklärt hatte, Spanien benötige zur Lösung seiner Finanzprobleme kein Hilfsprogramm. "Was Spanien braucht, ist das Vertrauen auf den Finanzmärkten", hatte der Minister erklärt. Die Zeitung "El País" glaubt zu wissen: "Berlin will eine zweite Spanien-Rettung (nach der Hilfe für marode Banken) hinauszögern, weil die Regierung ein Jahr vor der Bundestagswahl Einbußen in der Wählergunst befürchtet. Im Mindestfall will Deutschland erreichen, dass die Hilfsanträge von Spanien, Zypern und Griechenland dem Bundestag nicht getrennt, sondern zusammen vorgelegt werden." 

Quelle: ntv.de, dpa

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