Wirtschaft

Reaktionen zu BIP und GfK Was Volkswirte zur Lage sagen

Einbrüche bei Exporten und Investitionen haben die deutsche Wirtschaft zu Jahresbeginn in ihre bislang schwerste Rezession gestürzt. In einer ersten Reaktion bewerten Volkswirte die Lage unterschiedlich.

Volkswirte sprechen Klartext: "Die Erholung wird insgesamt moderat bleiben, da ja auch die Arbeitslosigkeit steigen wird."

Volkswirte sprechen Klartext: "Die Erholung wird insgesamt moderat bleiben, da ja auch die Arbeitslosigkeit steigen wird."

(Foto: AP)

Das Bruttoinlandsprodukt sei im ersten Quartal um 3,8 Prozent im Vergleich zur Vorperiode gesunken, teilte das Statistische Bundesamt Ende Mai mit und bestätigte damit eine erste Schätzung.

Einen stärkeren Rückgang verhinderte der Anstieg des privaten Konsums. Für Juni sagen die GfK-Marktforscher ein stabiles Konsumklima voraus. Ihr Barometer blieb den vierten Monat in Folge bei 2,5 Punkten.

"Leichte Stabilisierung"

"Das sind zum Teil dramatische Rückgänge, vor allem bei den Ausrüstungsinvestitionen und den Exporten", sagte zum Beispiel Jörg Lüschow von der WestLB. "Wenn man beide Größen zusammennimmt, hat das allein mit rund 3,5 Prozentpunkten die Wirtschaftsleistung belastet. Das spiegelt auch den Einbruch der Weltkonjunktur wider", so Lüschow weiter. "Ich sehe eine Chance, dass wir schon im zweiten Quartal wieder Wachstum haben, aber das wäre eher eine Gegenbewegung zum Einbruch am Jahresanfang. Es wird allerdings nur ein moderates Plus geben."

Auch im Hinblick auf die Außenwirtschaft und die Baubranche gab sich Lüschow zuversichtlich: "Beim Export wird sich das so nicht wiederholen, auch die Bauproduktion dürfte zulegen. Beim privaten Konsum sehe ich Spielraum für ein weiteres Plus im zweiten Quartal. Andere Stimmungsindikatoren signalisieren eine leichte Stabilisierung der Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte. Aber die Erholung wird insgesamt moderat bleiben, da ja auch die Arbeitslosigkeit steigen wird."

Im Hinblick auf die GfK-Daten zeigte sich Lüschow wenig überrascht: "Der sinkende Teuerungsdruck und die Abwrackprämie haben die Verbraucher entlastet. Mittelfristig gibt es da aber Risiken wegen der Lage am Arbeitsmarkt."

"Wir fangen an uns einzupendeln"

Vorsichtig erleichtert äußerte sich Lothar Hessler von HSBC Trinkaus. "Ich hätte beim Lager sogar mit einem noch größeren Rückgang gerechnet", kommentierte der Experte. Die Veränderung hier ist nicht so außerordentlich hoch, dass zwingend im nächsten Quartal eine Rückkehr zu Wachstum zu erwarten ist. Vielmehr gehe ich von einem leichten Minus im Frühjahr aus. Wir fangen aber jetzt schon an, uns um die Nulllinie einzupendeln. Im Gesamtjahr kommen wir dann bei um die minus sechs Prozent raus," hofft Hessler.

Das Konsumklima bezeichnete er als "noch gut", weil es die persönliche Einschätzung widerspiegele und nicht die gesamtwirtschaftliche. Der Konsum sei ein Stabilisator, "aber nicht mehr". Die Belastungen kämen, wie von der GfK vorhergesagt "noch im Jahresverlauf mit Anziehen der Arbeitslosenquote."

"Es sieht nach einer Vollbremsung aus"

Sal-Oppenheim-Expertin Ulrike Kastens meinte: "Wir gehen davon aus, dass wir den Tiefpunkt im ersten Quartal erreicht haben, die Stimmungsindikatoren zeigen eine Bodenbildung an. Aber erst gegen Ende des Jahres ist mit ersten Anzeichen eines Zuwachses zu rechnen. Deutschland ist sehr vom Welthandel abhängig und hat in den vergangenen Jahren seine Exporte sehr stark gesteigert. Das kommt jetzt negativ zurück. Dazu kommt, dass sich die Unternehmen bei geringeren Absatzchancen auch mit Investitionen zurückhalten. Es sieht nach einer Vollbremsung aus." Bis sich ein solcher Prozess wieder umkehren könne, brauche es Zeit, schätzt die Expertin. Die Maßnahmen der Geld- und Fiskalpolitik müssten "erst in den Köpfen ankommen."

Positiv bewertet Kastens die Entwicklung beim Konsum. "Das Geld der Leute ist vorhanden; es kommt uns zugute, dass wir keine Immobilienkrise haben wie viele andere Länder. Aber wir werden in den kommenden Monaten einen rasanteren Anstieg der Arbeitslosigkeit haben, und das wird sich im Konsumklima niederschlagen."

Importierte Rezession

Andreas Scheuerle von Dekabank sagte: "Die Rezession ist importiert worden. Der Kollaps der Exporte hat bei den Unternehmen zu einer Unterauslastung der Kapazitäten geführt, was einen Einbruch bei den Investitionen nach sich gezogen hat." Der Konsum habe sich gegen den Rezessionstrend gestemmt. "Da spielt die Abwrackprämie mit Sicherheit eine große Rolle", meint Scheuerle. Das habe die Nachfrage von der Zukunft in die Gegenwart verschoben. Nach Ansicht Scheuerles ist das "eine der wenigen Maßnahmen des Konjunkturpakets, die sofort gewirkt haben". Zudem habe der Arbeitsmarkt gerade erst begonnen, sich zu verschlechtern. Die sinkende Inflation und hohe Lohnabschlüsse hätten dem Konsum ebenfalls geholfen.

Doch das werde nicht so bleiben, warnt der Experte: "Der Arbeitsmarkt verschlechtert sich zunehmend. Die Lohnabschlüsse werden geringer, zudem kürzen Unternehmen übertarifliche Leistungen. Der Konsum wird massiv unter Druck kommen am Jahresende."

Quelle: ntv.de, rts

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