Wirtschaft

Überraschung am US-Arbeitsmarkt Washington zählt viel mehr Jobs

Wiederaufbau in New York: An Ground Zero wächst das neue One World Center in die Höhe.

Wiederaufbau in New York: An Ground Zero wächst das neue One World Center in die Höhe.

(Foto: AP)

Damit haben die Experten nicht gerechnet: Der Stellenmarkt in den USA - die Achillesferse der weltgrößten Volkswirtschaft - scheint aus seiner Schwäche zu erwachen. Zu Jahresbeginn entstehen sehr viel mehr Stellen als erwartet. Die Märkte reagieren mit einem Kursfeuerwerk.

Fast eine Viertelmillion an neuen Arbeitsplätzen: Ein starker Impuls für die US-Wirtschaft - und die Rückkehr zu einem selbstbestimmten Leben für 243.000 Menschen.

Fast eine Viertelmillion an neuen Arbeitsplätzen: Ein starker Impuls für die US-Wirtschaft - und die Rückkehr zu einem selbstbestimmten Leben für 243.000 Menschen.

(Foto: REUTERS)

Die Lage am US-Arbeitsmarkt hat sich im Januar überraschend deutlich verbessert. Die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft stieg um 243.000, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte.

Das ist nicht nur der größte Stellenaufbau seit vergangenen April, das Plus am Arbeitsmarkt liegt auch bei weitem über die Erwartungen. Analysten hatten lediglich mit einem Anstieg um 150.000 Stellen gerechnet.

Die Arbeitslosenquote sank auf 8,3 von 8,5 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit Februar 2009. "Das sind ohne Zweifel positive Daten", sagte Analyst David Sloan von IFR Economics. Im Januar ging die Arbeitslosenquote den fünften Monat in Folge zurück, im Vergleich zum August fiel sie um insgesamt 0,8 Prozentpunkte. "Die Erholung ist auf dem richtigen Weg. Aber es ist noch lange hin, bis die Jobverluste seit der Lehman-Krise wieder aufgeholt sein werden", kommentierte Ökonom Christian Schulz von der Berenberg Bank.

An den Märkten lösten die offiziellen Daten zur Lage im US-Arbeitsmarkt sprunghafte Reaktionen aus. Der deutsche Leitindex schnellte mit der Bekanntgabe der Daten knapp 100 Punkte nach oben. Der rutschte auf einen Schlag um 10 Dollar ab. Der Euro reagierte mit wilden Kursausschlägen und fiel zuletzt bis auf die Marke bei 1,31 Dollar zurück.

Unter dem Eindruck der Finanzkrise hatten sich die Arbeitslosenquote in den USA binnen kurzer Zeit von ihrem langjährigen Mittel auf etwa 10 Prozent verdoppelt. Rund neun Millionen Jobs gingen verloren, insgesamt waren zeitweise gut 19 Millionen Amerikaner arbeitslos oder galten unterbeschäftigt. Bislang kam der Arbeitsmarkt kaum voran, und das obwohl eine ganze Reihe prominenter Unternehmen bereits wieder sehr kräftige Ergebnisse einfahren konnten.

Experten sprachen in diesem Zusammenhang von einer "jobless recovery" - die Wirtschaft erholt sich, ohne dabei Stellen zu schaffen. Die positiven Zahlen vom Stellenmarkt sind eine gute Nachricht für Präsident Barack Obama, dessen Zustimmungswerte angesichts der schlechten Wirtschaftslage deutlich unter 50 Prozent gefallen waren. Im November stellt sich Obama zur Wiederwahl. Der US-Wahlkampf ist längst angelaufen. Die Lage am Arbeitsmarkt zählt zu .

Obamas Chancen steigen

Obama will den Arbeitsmarkt bis zur Wahl im November unbedingt ankurbeln. Seine republikanischen Herausforderer machen ihn für die wirtschaftlichen Probleme verantwortlich. Mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen hatten Obama und seine Demokraten im Kongress versucht, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Die politischen Gegner halten hohe Staatsausgaben dagegen eher für hinderlich für die Privatwirtschaft und prangern die horrende Staatsverschuldung der USA an.

Für den Aufbau neuer Stellen sorgten zum Jahresanfang erneut nur private Firmen, sie schufen 257.000 Jobs. Der Staat hingegen baute per Saldo 14.000 Stellen ab, es war allerdings der kleinste Rückgang seit September. Zudem entstanden in Unternehmen im November und Dezember 60.000 Arbeitsplätze mehr als ursprünglich gemeldet. Fachleute äußerten sich weitgehend positiv. Dennoch betonten viele wie Postbank-Experte Heinrich Bayer, dass die konjunkturelle Unsicherheit hoch bleibe. "Die Chance, dass die US-Wirtschaft den Sprung in einen selbsttragenden Aufschwung mit sinkender Arbeitslosigkeit, steigendem privaten Verbrauch, höheren Investitionen und sinkender Arbeitslosigkeit schafft, ist mit den heutigen Zahlen aber ein klein wenig gestiegen", sagte Bayer.

Reicht es für den Aufschwung?

Auch bei der US-Notenbank Fed dürfte man die Daten positiv aufgenommen haben. Fed-Chef Ben Bernanke bekräftigte erst kürzlich bei einer Parlamentsanhörung, dass ihm die Erholung der US-Wirtschaft und der Rückgang der Arbeitslosigkeit nicht schnell genug gehen. Hinweise auf konkrete Gegenmaßnahmen der Fed gab er nicht.

Die Zentralbank kündigte allerdings jüngst an, den Leitzins bis mindestens Ende 2014 nahe null Prozent zu halten. Zudem ließ Bernanke die Tür für geldpolitische Schritte wie weitere Wertpapierkäufe (QE3) offen. Nach den überraschend guten Arbeitsmarktdaten erwarten einige Experten, dass die Notenbank nun vorerst abwartet. "QE3 kommt wohl erst im zweiten Halbjahr", sagte Marktstratege Brian Dolan. Sein Kollege Andrew Wilkinson geht aber davon aus, dass die Fed wegen des schwachen Immobilienmarkts in Sorge bleibt: "Dies wird ihren Blick auf die Wirtschaft nicht ändern."

Die US-Wirtschaft wuchs Ende 2011 etwa um 0,7 Prozent zum Vorquartal, für das laufende Vierteljahr erwarten viele Experten jedoch etwas weniger Schwung. Im Gesamtjahr 2012 sagt der Internationale Währungsfonds der Wirtschaft ein Plus von 1,8 Prozent voraus, nach 1,7 Prozent im Vorjahr. Das reicht nach Experteneinschätzung noch nicht aus, um den Arbeitsmarkt langfristig zu beleben.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts

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