Keine Lösung für Griechenland Weidmann gegen Schuldenschnitt
17.07.2011, 11:36 UhrIn wenigen Tagen wollen Europas Staatenlenker ein zweites Hilfspaket für Griechenland auf den Weg bringen. Nun warnt der Präsident der Bundesbank eindringlich vor falschen Schritten. Ein Schuldenschnitt ist aus Sicht von Deutschlands oberstem Währungshüter keine echte Lösung für Athen. Griechenlands Ministerpräsident Papandreou appelliert derweil an Europa, zu Ergebnissen zu kommen: "Es wird Zeit, dass Europa aufwacht."
Bundesbankchef Jens Weidmann hat seine Warnungen vor einer Umschuldung Griechenlands bekräftigt. "Griechenland konsumiert deutlich mehr als es erwirtschaftet, der Staatshaushalt weist hohe Defizite auf. So lange sich daran nichts ändert, schafft selbst ein Schuldenschnitt keine wirkliche Besserung", sagte Weidmann der "Bild am Sonntag".
Zugleich sprach sich der Bundesbankchef gegen die Einführung von Eurobonds aus. Ein solcher Schritt hätte nach Meinung Weidmanns weitreichende Folgen: "Das Ergebnis wird sein, die europäischen und vor allem die deutschen Steuerzahler müssen für die gesamten griechischen Staatsschulden einstehen. Das wäre der Schritt in die Transferunion, den Deutschland zu Recht abgelehnt hat." Nichts würde die Anreize für eine solide Haushaltspolitik rascher und dauerhafter zerstören als eine gemeinsame Haftung für die Staatsschulden, betonte Weidmann.
Die Euro-Staaten beraten derzeit über verschiedene Möglichkeiten, Griechenland zum zweiten Mal mit Finanzhilfen zur Seite zu springen und vor einem Bankrott zu bewahren. Am Donnerstag kommen die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone deswegen zu einem Sondergipfel zusammen.
Papandreou sendet Weckruf
Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou appellierte an die EU, in der griechischen Finanzkrise energischer zu handeln. Sein Land habe in den vergangenen Monaten Vieles - zum Teil "noch nie Dagewesenes" - in Sachen Finanzen und Sparen erzielt. Jetzt müsse die EU mutige Entscheidungen treffen: "Es wird Zeit, dass Europa aufwacht", sagte Papandreou der Zeitung "Kathimerini".
Die regierungsnahe Sonntagszeitung "To Vima" berichtete, die Entscheidungen zu Griechenland seien größtenteils unter Dach und Fach. Auch private Gläubiger sollten zur Kasse gebeten werden. Diese erste Umstrukturierung der Schulden eines Euro-Landes beinhalte jedoch große Risiken, weil es von den Ratingagenturen als partieller Zahlungsausfall ("Selective Default") eingestuft werden könnte.
Rückkauf mit Spareffekt
In der Diskussion steht auch ein möglicher Rückkauf von Staatsanleihen durch Griechenland. Berechnungen des Bundesfinanzministeriums zufolge könnte der die griechische Schuldenlast um 20 Mrd. Euro senken, wie der "Spiegel" berichtet.
Nach diesem Modell würde der Euro-Rettungsschirm EFSF dem Land Geld geben, damit es seine Anleihen selbst zum Marktpreis von privaten Gläubigern zurückkaufen kann. Weil die Kurse für griechische Anleihen derzeit um bis zu 50 Prozent unter ihrem Nennwert lägen, wäre das ein gutes Geschäft für Griechenland. Eine solche Offerte könnte für solche Gläubiger interessant sein, die sich erst während der Krise günstig mit Griechenland-Anleihen eingedeckt hätten.
Neben diesem so genannten "Bond-Buy-Back" lasse Finanzminister Wolfgang Schäuble auch andere Vorschläge prüfen, darunter einen echten Schuldenschnitt, verbunden mit dem Tausch von Griechenland-Anleihen in längerfristige, mit Garantien besicherte Papiere.
Im Gespräch sei weiterhin auch Schäubles Vorschlag einer "sanften Umschuldung" von Anfang Juni, der vorsieht, die Laufzeiten aller Griechenland-Anleihen um sieben Jahre zu verlängern. Beide Modelle seien in Europa derzeit nach Angaben aus dem Finanzministerium allerdings als weniger konsensfähig als das Rückkaufprogramm.
Quelle: ntv.de, nne/dpa/rts