Wirtschaft

Prognosen im Wunderland "Weise" strotzen vor Optimismus

Wachstumsprognosen im Format XXL sind fast an der Tagesordnung. Die fünf Wirtschaftsweisen aber übertreffen diese Vorhersagen in ihrem Herbstgutachten noch einmal. Für dieses Jahr erwarten sie ein sattes Wachstum von 3,7 Prozent. Damit liegen sie noch über den Prognosen der Bundesregierung und der Wirtschaftsinstitute.

Deutschland erlebt nach Meinung vieler Experten sein zweites Wirtschaftswunder. Das Land legt eine wirtschaftliche Dynamik an den Tag, die viele Jahre lang als unvorstellbar galt.

Deutschland erlebt nach Meinung vieler Experten sein zweites Wirtschaftswunder. Das Land legt eine wirtschaftliche Dynamik an den Tag, die viele Jahre lang als unvorstellbar galt.

(Foto: dpa)

Die fünf "Wirtschaftsweisen" haben der Bundesregierung ihr Jahresgutachten zur konjunkturellen Entwicklung vorgelegt. Darin blicken sie voller Optimismus auf die künftige Konjunkturentwicklung in Deutschland. In ihrem Herbstgutachten sagen sie für 2010 ein Wachstum von 3,7 Prozent und für 2011 einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 2,2 Prozent voraus. Die Wissenschaftler sind damit noch zuversichtlicher als die Bundesregierung, die für 2010 ein Wachstum von 3,4 Prozent und für 2011 einen BIP-Anstieg um 1,8 Prozent erwartet.

"Der Aufschwung setzt sich fort, wenn auch mit etwas abnehmender Kraft", schreiben die Experten in dem Gutachten mit dem Titel "Chancen für einen stabilen Aufschwung". Wegen der abgeschwächten globalen Konjunktur und der auslaufenden fiskalischen Stützungsmaßnahmen werde sich das wirtschaftliche Expansionstempo Deutschlands nicht halten lassen. Stützende Nachfrageimpulse werden aus Sicht der Experten im kommenden Jahr jedoch aus dem Inland kommen.

Binnenmarkt gewinnt an Bedeutung

Da aus vielen Industrieländern nur noch eine abgeschwächte Nachfrage zu erwarten ist, dürften die Exporte im kommenden Jahr mit 6,7 Prozent nur noch knapp halb so stark wachsen wie 2010 mit 15,5 Prozent. Auch die Ausrüstungsinvestition der Unternehmen werden 2011 mit einem Plus von 6,0 Prozent langsamer wachsen als 2010 mit plus 9,2 Prozent.

Zunehmende Impulse erwarten die Wissenschaftler aus der Binnennachfrage. Die privaten Konsumausgaben dürften im kommenden Jahr um 1,6 Prozent steigen nach einem Plus von lediglich 0,1 Prozent im laufenden Jahr. Die Preisentwicklung bleibt mit einem Verbraucherpreisanstieg um 1,1 Prozent in 2010 und um 1,4 Prozent in 2011 moderat.

Entspannung am Arbeitsmarkt

Die Experten erwarten eine spürbare Verbesserung am Arbeitsmarkt. Im kommenden Jahr wird die Zahl der Arbeitslosen nach ihrer Einschätzung im Schnitt bei 2,986 Millionen liegen, im laufenden Jahr bei 3,245 Millionen. Die Grenze von 3 Millionen Arbeitslosen wurde zuletzt 1992 unterschritten. Die Zahl der Erwerbstätigen wird im kommenden Jahr auf im Schnitt 40,762 Millionen Personen steigen. 2010 liegt die Erwerbstätigenzahl laut Prognose bei im Schnitt 40,467 Millionen Personen.

Das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit wird im kommenden Jahr gegenüber 2010 und überwiegend konjunkturbedingt um 30 Mrd. Euro zurückgehen. Mit 62 Mrd. Euro liege es aber immer noch auf hohem Niveau. Das Defizit sehen die Forscher dementsprechend im kommenden Jahr bei 2,4 Prozent und damit unterhalb der vom Maastrichter Vertrag geforderten Drei-Prozent-Grenze bei der Neuverschuldung. Im laufenden Jahr beträgt das Finanzierungssaldo noch 3,7 Prozent.

Warnung vor Steuersenkungen

Trotz dieser Entwicklung und der deutlich steigenden staatlichen Einnahmen sprechen sich die Experten gegen rasche Steuersenkungen aus. "Bis weit in die nächste Legislaturperiode hinein sind keine Spielräume für nennenswerte Steuersenkungen vorhanden." Vorrang habe die Sanierung der Staatsfinanzen. "Nach Einsetzen der wirtschaftlichen Erholungsphase müssen zunächst die öffentlichen Haushalte entschlossen konsolidiert werden", heißt es im Gutachten.

Die Sachverständigen sprechen sich mit Ausnahme des Ökonomen Peter Bofinger für einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz für alle Güter aus. "Ein steuerpolitischer Meilenstein" wäre nach Auffassung der fünf Wirtschaftsweisen die Umsetzung einer erfolgreichen, umfassenden Gemeindefinanzreform.

Der Sachverständigenrat wurde 1963 gegründet und berät seither die Bundesregierung in Wirtschaftsfragen. Vorsitzender ist der Präsident des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Wolfgang Franz. Dem Rat gehören außerdem der Regensburger Volkswirtschaftler Wolfgang Wiegard, der Würzburger Professor Peter Bofinger, die Mainzer Professorin Beatrice Weder di Mauro sowie der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), Christoph Schmidt, an.

Quelle: ntv.de, DJ

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