Wirtschaft

Griechenland taumelt Welt-Bankenverband vermittelt

Die Eurozone sucht nach einem Weg, private Gläubiger an der Hilfe für Griechenland zu beteiligen. Dabei geht es auch um die Möglichkeit einer Schulden-Umstrukturierung. Der Welt-Bankenverband will helfen. Ob eine Lösung gefunden wird, bleibt aber zweifelhaft. Denn Rating-Agenturen gießen Öl ins Feuer.

In Athen gehen die Proteste gegen die Regierung weiter.

In Athen gehen die Proteste gegen die Regierung weiter.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Der Welt-Bankenverband IIF schaltet sich als Vermittler im Streit über eine Beteiligung privater Gläubiger an einem neuen Hilfspaket für Griechenland ein. Noch in dieser Woche werde ein ranghoher Vertreter des Verbandes in Griechenland mit griechischen Banken beraten, sagte ein Sprecher des Verbands. "Das IIF möchte in diesem Prozess helfen."

Aus Bankenkreisen verlautete ergänzend, das IIF solle die Möglichkeiten einer privaten Beteiligung ausloten. Am Ende müssten aber die einzelnen Institute ihren Anteil an einem Hilfspaket mit den Regierungen selbst festlegen. Dem "Handelsblatt" zufolge wird das IIF Möglichkeiten für einen so genannten Roll-Over der fälligen griechischen Staatsanleihen ausloten. Bei einem Roll-Over werden beispielsweise Anleihen von Staaten nach Ende der Laufzeit in neue Papiere umgetauscht.

Dem 1983 gegründeten Institute of International Finance gehören fast alle großen Geschäfts- und Investmentbanken der Welt und auch viele führende Versicherungsgesellschaften an. Vorstandsvorsitzender des in Washington ansässigen Instituts ist der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann.

Das IIF hat sich in der Vergangenheit schon häufig mit überschuldeten Staaten befasst. Erst vor wenigen Tagen erörterte das Institut bei einer gemeinsamen Konferenz mit dem Pariser Club der staatlichen Gläubiger die finanzielle Lage Islands, Argentiniens und des Sudan. Auf der Tagesordnung dieser Konferenz stand auch der Plan der EU, private Gläubiger ab Mitte 2013 systematisch an Staatspleiten in der Eurozone zu beteiligen und Staatsanleihen mit entsprechenden Klauseln auszustatten.

Derzeit sucht die Eurozone nach einem Weg, private Gläubiger an der Hilfe für Griechenland zu beteiligen. Dabei geht es auch um die Möglichkeit einer Schulden-Umstrukturierung.

Rating-Agenturen verschärfen die Krise

Ein großes Problem dabei sind die Rating-Agenturen die weiteres Öl ins Feuer gießen. So machten Fitch und Standard & Poor's Hoffnungen auf eine reibungslose Umschuldung des südeuropäischen Landes weitgehend zunichte. Sie kündigten an, dass selbst eine freiwillige Beteiligung privater Gläubiger an einem neuen Rettungspaket für die Griechen wohl als Zahlungsunfähigkeit des Mittelmeerlandes eingestuft würde. Damit wäre Griechenland de facto endgültig von den Finanzmärkten abgeschnitten. Viele Experten befürchten dann eine Kettenreaktion, die andere hoch verschuldete Krisenländer in Europa in den Abgrund reißen könnte.

Genau das wollten die Euro-Finanzminister mit ihrem Plan der freiwilligen Schulden-Umstrukturierung vermeiden. Finanzkreisen zufolge werden Euro-Regierungsvertreter in den nächsten Tagen mit den Ratingagenturen sprechen, um herauszufinden, wie man einen solchen Super-Gau verhindern kann. "Die Wahrscheinlichkeit liegt derzeit bei 70 Prozent, dass man das Rettungspaket am Ende ohne private Beteiligung schnüren muss", sagte ein Bankenvertreter, der mit den Gesprächen vertraut ist.

Nach den Vorstellungen der Euro-Staaten sollen private Investoren im Rahmen eines neuen Hilfspakets freiwillig neue griechische Anleihen kaufen, wenn die alten Papiere auslaufen. Da die neuen Bonds eine längere Laufzeit haben, bekäme das Land mehr Zeit für die Rückzahlung - allerdings bei unverändertem Schuldenstand. Die Banken fordern indes zusätzliche Anreize, wie etwa staatliche Garantien oder eine höhere Rendite, damit sie die neuen Papiere kaufen. Noch ist offen, ob sich die Euro-Regierungen darauf einlassen. Eine Haftung des Steuerzahlers bei einem Ausfall der Bonds lehnt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in jedem Fall ab.

Agenturen als Brandbeschleuniger

"Fitch würde eine solche Umschuldung als Zahlungsunfähigkeit einstufen und Griechenland damit ein entsprechendes Rating geben", sagte der Chef der Ratingagentur für die Region Asien-Pazifik, Andrew Colquhoun. "Der Kern des Problems ist, dass Griechenland frisches Geld braucht." Ähnlich äußerte sich auch Standard-Poor's-Experte Moritz Krämer. Die Freiwilligkeit spiele eine untergeordnete Rolle, sagte er der "Welt". "Entscheidend ist: Wie steht der Investor im Vergleich zu dem da, was ihm versprochen wurde, als er sein Geld investiert hat."

Damit werden ausgerechnet die Rating-Agenturen zum Dreh- und Angelpunkt für eine erfolgreiche Umschuldung - eigentlich wollten die Regierungen weltweit deren Macht nach der Finanzkrise eindämmen. Denn die Agenturen hatten komplizierten Anleiheprodukten Bestnoten gegeben und damit die Finanzkrise massiv verstärkt.

Versuche, die Agenturen schärfer zu regulieren, haben bisher aber kaum gegriffen. "Es ist niemand in Sicht, der diese Einrichtungen ersetzen kann - sie sind da und bleiben hier", sagte Sony Kapoor, Gründer des Beratungshauses Re-Define. Denn in den Kreditverträgen spielen die Ratings weiter eine zentrale Rolle. Dort ist festgelegt, dass Herabstufungen unter ein bestimmtes Niveau automatisch Konsequenzen haben.

Die Agenturen hätten Griechenland mehrmals zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt herabgestuft, kritisiert Kapoor. S&P beispielsweise bewertet Griechenland mittlerweile nur noch mit der viertniedrigsten Note "CCC" und damit schlechter als jedes andere Land weltweit. Bei einem Land mit solch einer Einstufung gebe es in der Regel keine freiwillige Umschuldung ohne Verluste, meinte S&P-Mann Krämer.

Quelle: ntv.de, rts/DJ

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