Inside Weltwährungsfonds Wie funktioniert der IWF?
17.05.2011, 11:34 Uhr
Muss von Rikers Island aus verfolgen, wie die Welt bereits über seine Nachfolge diskutiert: Dominique Strauss-Kahn.
(Foto: REUTERS)
Der Fall Strauss-Kahn rückt eine mächtige Institution ins Rampenlicht: Nach eigenem Gutdünken kann der IWF Milliarden verteilen und Regierungen zum Sparen zwingen. Doch wie ist der Internationale Währungsfonds organisiert? Wer bestimmt den Chef?

Hier fallen Grundsatzentscheidungen: Frühjahrstagung des IMFC in der Washingtoner IWF-Zentrale.
(Foto: REUTERS)
Nach der Verhaftung von IWF-Chef wegen des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung ist die internationale Debatte um seine Nachfolge voll entbrannt. Sollte Strauss-Kahn zurücktreten, wäre an der Spitze des Internationale Währungsfonds (IWF) ein einflussreiches Amt neu zu besetzen. Nicht nur Europäer und Amerikaner wittern Chancen, Gewicht und Einfluss in der Welt durch einen eigenen Kandidaten auszubauen.
Es geht um nichts weniger als den Stuhl des Geschäftsführenden IWF-Direktors. Welche Macht bündelt sich in diesem Amt? Wie besetzt der Fonds seine Spitze? Wer hält welche Stimmrechte?
Finanzielles Gewicht entscheidet
Der Währungsfonds zieht seine Macht in erster Linie aus den Mitteln, die er zur Stützung eines Landes einsetzen kann. Das Kapital des IWF stellen die 187 Mitgliedsländer. Jedem Staat wird ein Kapitalanteil, die sogenannte Quote, zugeordnet. Je höher die Quote, desto mehr muss das Land einzahlen.
Mit der Quote verbunden sind die Stimmrechte. So haben die USA einen Stimmanteil von 16,7 Prozent, Japan von 6,25 Prozent und Deutschland von 5,8 Prozent. Zentrale Beschlüsse im IWF müssen mit einer Mehrheit von 85 Prozent getroffen werden. Die USA verfügen somit de facto über eine Sperrminorität. Als größter Zahler können sie Entscheidungen blockieren.
Leitung des Fonds
Entscheidungen werden vom IWF-Stab unter Leitung des Geschäftsführenden Direktors vorbereitet und vom Exekutivdirektorium gebilligt. Dieses Führungsgremium besteht aus 24 Direktoren. Fünf von ihnen werden von den Mitgliedsstaaten mit den größten Quoten ernannt, die verbleibenden vertreten jeweils mehrere Mitgliedsländer, die in Stimmrechtsgruppen zusammengefasst sind.
Die Direktoren wählen ihrerseits den Geschäftsführenden Direktor (Managing Director, kurz MD). Der MD hat eigentlich kein Stimmrecht, kann jedoch bei Stimmenparität mit seinem Votum den Ausschlag geben. Er ist für das Tagesgeschäft, die Organisation und die Personalpolitik des Fonds zuständig. Als Kontrollorgan fungiert das Exekutivdirektorium, das dem MD die Amtsführung entziehen kann.
Grundsatzentscheidungen werden vom Gouverneursrat des IWF und vom "International Monetary and Financial Committee" (IMFC) getroffen, die bei den Herbst- und Frühjahrstagungen von IWF und Weltbank zusammenkommen.
Abschied vom Europa-Vorrecht?
Die großen Wirtschafts- und Währungsräume USA und Europa haben sich informell darauf verständigt, wichtige Posten untereinander aufzuteilen. Demnach stellen die USA traditionell den Direktor der Weltbank, während der Geschäftsführende Direktor des IWF von einem EU-Mitgliedsland gestellt wird. Diesen wichtigen Posten hatte auch der spätere deutsche Bundespräsident Horst Köhler von 2000 bis 2004 inne.
Insbesondere die Schwellenländer dringen jedoch seit Jahren darauf, dass das informelle Abkommen gekippt und der Posten des MD ausgeschrieben wird. Bei der Wahl von Strauss-Kahn hatten diese Staaten bereits die informelle Zusage erhalten, dass der nächste IWF-Chef nicht mehr nach der alten "Erbhof-Politik" bestimmt werden soll. In den Statuten ist diese Änderung jedoch ebenso wenig wie die alte Regelung verankert.
Währungsfonds wartet ab
Der IWF selbst sich in der Diskussion um einen unter Umständen sehr kurzfristig benötigten Nachfolger verständlicherweise zurück: Im Zusammenhang mit den Vergewaltigungsvorwürfen gegen seinen Vorsitzenden, Dominique Strauss-Kahn, will man vorerst die weiteren Entwicklungen abwarten. "Der IWF und sein Verwaltungsrat werden die Ereignisse weiter verfolgen", teilte die Institution am Hauptsitz in Washington mit. Es sei deshalb noch keine Entscheidung hinsichtlich der Zukunft Strauss-Kahns beim IWF getroffen worden.
Der Verwaltungsrat war zuvor zu einer Sondersitzung zusammengekommen. "Der Rat wurde über die Vorwürfe gegen den geschäftsführenden Direktor bei einem privaten Besuch in New York unterrichtet", hieß es. Die Sitzung wurde unter anderem vom IWF-Vizechef John Lipsky geleitet, der vorübergehend die Geschäfte übernommen hat.
Strauss-Kahn war in New York festgenommen worden, weil er versucht haben soll, in einem Luxushotel ein Zimmermädchen zum Sex zu zwingen. Ihm werden versuchte Vergewaltigung, Freiheitsberaubung und ein "krimineller sexueller Akt" vorgeworfen. Er sitzt derzeit in New York in Untersuchungshaft. Strauss-Kahn bestreitet die Vorwürfe.
Quelle: ntv.de, AFP/rts