Wirtschaft

"Es ist todernst" Wieder ein Patt im Schuldenstreit

Der Druck auf den Präsidenten steigt und steigt.

Der Druck auf den Präsidenten steigt und steigt.

(Foto: AP)

In den erbitterten Streit zur Erhöhung der Schuldengrenze in den USA kommt kurz vor der Zahlungsunfähigkeit zwar etwas Bewegung, eine Lösung ist aber noch nicht in Sicht. Diesmal lehnen die Demokraten ab, worauf sich die Republikaner geeinigt haben. Wie es weitergeht? Unklar. Dafür hagelt es Kritik - nicht nur aus China. Auch in Deutschland verlieren einige langsam die Geduld.

Das Pokern um eine Erhöhung der US-Schuldenobergrenze tritt in die alles entscheidende Endphase. Am späten Freitagabend blockierten sich Republikaner und Demokraten weiterhin im Parlament. Eine Einigung war nicht in Sicht. Unklar ist aber, ob es nicht "fünf vor zwölf" doch noch einen Kompromiss geben könnte.

Die Republikaner im Abgeordnetenhaus setzten zwar in einem erneuten Anlauf einen Antrag durch, der das Schuldenlimit von derzeit 14,3 Billionen Dollar (zehn Billionen Euro) um 900 Milliarden erhöhen würde. Doch bereits zwei Stunden später wies der von den Demokraten beherrschte Senat den Antrag zurück. 59 Senatoren stimmten gegen den Republikaner-Vorschlag, nur 41 votierten dafür.

Repräsentantenhaus am Capitol Hill

Repräsentantenhaus am Capitol Hill

(Foto: picture alliance / dpa)

Allerdings hatten die Abstimmungen eher symbolische Bedeutung: Präsident Barack Obama hatte bereits zuvor klargemacht, dass er sein Veto einlegen werde, weil nach dem Republikaner-Vorschlag das Schuldenlimit im Wahljahr 2012 erneut heraufgesetzt werden müsste - was er unbedingt verhindern will.

Völlig unklar ist, ob sich die Kontrahenten noch in letzter Minute zu einem Kompromiss durchringen können. Sicher war zunächst nur, dass das Drama am Wochenende weitergehen wird. Die Demokraten wollen noch am Wochenende im Senat einen eigenen Antrag verabschieden, der eine größere Erhöhung des Schuldenlimits vorsieht. Dann müsste das Thema erst nach den Präsidentenwahlen im November 2012 wieder auf den Tisch.

Die Uhr tickt: Falls es bis Dienstag, 2. August, keine Einigung gibt, droht die Zahlungsunfähigkeit der USA. Mehrere Ratingagenturen kündigten für diesen Fall bereits schwerwiegende Konsequenzen an. Experten fürchten unabsehbaren Folgen für die gesamte Weltwirtschaft. Die Ratingagentur Moody's gelobte zwar am Freitag, sich mit einer Herabstufung der USA auch ein paar Tage über den Stichtag hinaus gedulden zu wollen, stellte aber auch klar, dass jeder dann eintretende Ausfall des Schuldendienstes, auch wenn er noch so kurz sein sollte, mit einer Herabstufung der größten Weltwirtschaft quittiert werde. Vorerst gehe man aber davon aus, dass die USA dem Schuldendienst absolute Priorität einräumen werde, hieß es.

Die Schuld an der Blockade weisen sich Demokraten und Republikaner gegenseitig zu. Republikanerführer John Boehner rief das Regierungslager der Demokraten auf, sich hinter seinen Antrag zu stellen: "Unterstützen Sie diesen Gesetzentwurf, beenden Sie jetzt diese Krise". Dagegen rief der demokratische Senats-Fraktionschef, Harry Reid, die Republikaner auf, sich "wie Erwachsene" zu verhalten und Kompromissbereitschaft zu zeigen.

"An den Abgrund"

Das Weiße Haus äußerte sich tief besorgt über die verfahrene Lage. "Es ist todernst", meinte Regierungssprecher Jay Carney. "Wir müssen die Pattsituation beenden." Angesichts der drohenden Staatspleite werde das Finanzministerium in Kürze Pläne für den Notfall bekanntgeben, kündigte Carney an.

Die deutsche Exportwirtschaft warnt die amerikanische Politik wegen des Schuldenstreits vor einem dramatischen Vertrauensverlust in der Welt. Als wirtschaftliche Supermacht hätten die USA eine besondere Verantwortung: "Dagegen verstoßen sie massiv. Man kann nicht aus wahltaktischen Spielchen heraus die ganze Weltwirtschaft, das ganze Finanzsystem so an den Abgrund heranführen", kritisierte der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner. "Da habe ich null Verständnis, da bin ich sprachlos. So kann man nicht mit der Weltgemeinschaft umspringen."

China verliert die Geduld

Auch in China wächst der Unmut. Die Kommentare werden schärfer.  Der Umgang mit der Schuldenkrise sei "unverantwortlich" und "unmoralisch", kritisierte so die Zeitung "Renmin Ribao" in ihrem Leitartikel. Die US-Abgeordneten seien bereit, "für ein paar Wählerstimmen" die Interessen Dritter zu opfern. Angesichts der Wahlen im kommenden Jahr seien die Folgen des Streits für die ganze Welt und sogar die für die USA selbst völlig aus dem Blick geraten.

Der Kommentator sieht die Ursache des Übels im politischen System der USA. "Das Wahlsystem hat die Handlungsfreiheit des Präsidialamts eingeschränkt", konstatierte er. "Die Farce, die sich in den USA auf der politischen Bühne abspielt, zeigt der ganzen Welt, wo die politischen Probleme der Vereinigten Staaten liegen." Das Blatt repräsentiert nicht die offizielle Position der Kommunistischen Partei Chinas, spiegelt aber häufig Debatten in hochrangigen Regierungskreisen wider.China ist der größte Gläubiger der USA.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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