"Unabsehbare Schäden" Wien rettet die HGAA
14.12.2009, 07:16 UhrÖsterreich zieht die Notbremse und bewahrt die BayernLB-Tochter Hypo Group Alpe Adria durch eine Verstaatlichung vor dem Kollaps. Die BayernLB kann damit zwar einen Schlussstrich unter ihre verlustreiche Beteiligung ziehen. Der Rückzug aus Kärnten kostet die Landesbank aber noch einmal 825 Mio. Euro.

Ende der Expansionbemühungen: Die BayernLB gibt alle Anteile ab und wirft noch Geld hinterher.
(Foto: AP)
Für Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann sind durch die geplante Verstaatlichung der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) "unabsehbare Schäden" abgewendet worden. Eine Insolvenz der sechstgrößten Bank Österreichs hätte katastrophale Folgen für ganz Österreich sowie die angrenzenden Regionen gehabt, teilte der sozialdemokratische Kanzler nach dem Bekanntwerden einer Einigung über die Zukunft der angeschlagenen Tochter der deutschen BayernLB mit. Die Verstaatlichung schütze Arbeitsplätze, Spareinlagen und Gehaltskonten und erhalte die Funktionsfähigkeit der Kärntner Wirtschaft, sagte Faymann.
Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon verteidigte den milliardenschweren Beitrag der BayernLB zur Rettung der angeschlagenen Alpentochter. "Der Sanierungsbeitrag der BayernLB war dazu notwendig", meinte Fahrenschon. "Damit ist es gelungen, gemeinsam mit der Republik Österreich und den übrigen Altaktionären eine für Österreich und Südosteuropa systemrelevante Bank zu stabilisieren", sagte Fahrenschon.

Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon bei seiner Ankunft in Wien.
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Die BayernLB braucht kein frisches Geld, um die Abschreibung von 2,3 Mrd. Euro auf ihre österreichische Tochter zu decken. "Uns entsteht kein zusätzlicher Kapitalbedarf durch die Abschreibung", sagte ein Sprecher der Bank. Deutschlands zweitgrößte Landesbank wurde vergangenes Jahr selbst vom Freistaat Bayern mit einer Geldspritze von rund zehn Milliarden Euro gestützt.
Die BayernLB teilte mit, Österreich übernehme den Anteil der BayernLB an der HGAA in Höhe von 67,08 Prozent zum symbolischen Preis von einem Euro. Die BayernLB verzichtet zudem auf bestehende Forderungen gegenüber der HGAA in Höhe von 825 Mio. Euro.
Auch die Österreichische Nationalbank (OeNB) begrüßte die Einigung. Sie hätte eine massive Gefährdung für die Privatkunden wie auch die gesamte Wirtschaft Österreichs zu einem kritischen Zeitpunkt vermieden, teilte die Bank mit. "Diese Lösung ist zweifellos im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher, da eine Insolvenz mit deutlich höheren Kosten für den Steuerzahler verbunden gewesen wäre", sagte OeNB-Chef Ewald Nowotny.
Dramatische Nachtverhandlung
Zuvor hatten Abgesandte aus Wien und München in einer dramatischen Nachtsitzung im Wiener Finanzministerium um die Eckpunkte der Rettungsaktion gerungen. Wie das Finanzministerium der Alpenrepublik kurz vor Öffnung der Schalter der ehemaligen Kärntner Landesbank bekannt gab, soll die angeschlagene österreichische BayernLB-Tochter HGAA nun komplett verstaatlicht werden.
Der Bund müsse die Bank zur Gänze übernehmen, da die bisherigen Eigentümer sie nicht mehr haben wollten, sagte der österreichische Finanz-Staatssekretär Andreas Schieder auf einer Pressekonferenz. Alle beteiligten Parteien hatten am Wochenende bei einem Krisengipfel in Wien über die Zukunft der von der Insolvenz bedrohten Bank beraten. Am Ende soll sich auch der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, eingeschaltet haben. Die HGAA gilt als "systemrelevant", ihr Zusammenbruch hätte weitreichende Folgen gehabt.
Die sechstgrößte Bank der Alpenrepublik war unter anderem wegen ihres Geschäftes in Süd- und Südosteuropa in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Der Milliardenverlust schlug an die selbst schwer von der Finanzkrise getroffene BayernLB durch. Die Eigentümer hatten Wochen über eine Lösung gestritten, die Einigung kam am Montagmorgen nach 17-stündigen Verhandlungen kurz vor Öffnung der Schalter zustande. Im Fall eines Scheiterns war ein Ansturm der Sparer auf ihre Konten befürchtet worden.
Wiens Finanzminister Pröll sprach von der schwierigsten Situation, die es für die Bankenlandschaft in den letzten Jahrzehnten gegeben habe. Es habe die große Gefahr einer Insolvenz bestanden. In der Nacht hatte sich unter anderem der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, in die Rettungsbemühungen eingeschaltet.
Brüssel schaut genau hin
Die EU-Kommission steht nach eigenen Angaben in engem Kontakt mit Deutschland und Österreich über die Verhandlungen zur Verstaatlichung HGAA. Es sei aber noch zu früh für eine Stellungnahme dazu, welche Folgen das für den Umstrukturierungsplan der bisher an der HGGA beteiligten BayernLB habe, erklärte die Pressestelle von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts