"Ganz ehrlich, wir wissen es nicht" Wintershall bangt um Libyen
31.03.2011, 11:36 Uhr
In der libyschen Wüste warten Kämpfer auf den Gegenstoß der Pro-Gaddafi-Truppen.
(Foto: REUTERS)
Der Krieg in Libyen behindert die Geschäfte der BASF-Tochter Wintershall: Der größte deutsche Öl- und Gas-Lieferant hält dennoch an seinen Zielen für 2011 fest. Neue Pipeline-Projekte sollen die Energieversorgung Europas sicherstellen. An einem davon ist Wintershall künftig direkt beteiligt.

Das Anschlussstück schwebte Anfang März in die Grube: Die Anbindung an die Ostsee-Pipeline steht kurz vor ihrer Fertigstellung.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der größte deutsche Erdöl- und Gasproduzent Wintershall sieht Unsicherheiten im künftigen Libyen-Geschäft. "Ganz ehrlich, wir wissen nicht, ob wie und wann es für uns in Libyen weitergeht", sagte Vorstandschef Rainer Seele am Firmensitz in Kassel. 2010 sank zwar der Umsatz von Wintershall um 565 Mio. Euro auf 10,8 Mrd. Euro. Der Gewinn jedoch verbesserte sich von 712 Mio. auf 923 Mio. Euro.
Die unsicheren Aussichten in Nordafrika halten Wintershall-Chef Seele nicht von seinen Zielen für das laufende Jahr ab. Trotz der Krise in Libyen werde das Unternehmen 2011 Umsatz und Gewinn weiter steigern, teilte das Unternehmen mit.
Erst vor kurzem hatte die Öl- und Gastochter des Chemieriesen BASF den . Die Kasseler BASF-Sparte beteiligt sich demnach zu 15 Prozent an der vom Gas-Riesen Gazprom dominierten South Stream AG, die vor allem mit dem europäischen Projekt Nabucco unter Beteiligung von RWE konkurriert.
Das Engagement bei South Stream wirft neues Licht auf die derzeit laufenden Bemühungen, die energieintensiven Volkswirtschaften Europas stärker an die Förderregionen in Russland anzubinden.
Zu den wichtigsten Projekten zählen neben South Stream, Nabucco, der Ostseepipeline auch zwei weniger prominente Röhren im Mittelmeer. Ein Überblick über die aktuellen Vorhaben:
South Stream
Diese 15,5 Mrd. Euro teure Pipeline, an der sich die BASF-Tochter beteiligen will, soll Ende 2015 in Betrieb gehen. Die Röhre soll unter dem Schwarzen Meer jährlich bis zu 63 Mrd. Kubikmeter russisches Gas nach Europa leiten. Dabei wird die Ukraine umgangen, wo es im Rahmen des sogenannten Gasstreits wiederholt zu Problemen mit dem Transit kam.
Gestartet wurde das Projekt South Stream 2007 von Gazprom und dem italienischen Energiekonzern Eni. Auch der österreichische Versorger OMV ist daran beteiligt. Mit einem Einstieg des französischen Stromriesen EDF wird noch 2011 gerechnet.
Gazprom hat zudem auch andere ausländische Partner zur Kooperation aufgefordert. Mitte März war ein Versuch Russlands gescheitert, sich mit der Türkei auf eine Verlegung der Pipeline durch türkische Gewässer zu einigen. Die Türkei ist maßgeblich an dem rivalisierenden Projekt Nabucco beteiligt.
Nabucco
Die Konkurrenz-Pipeline zu South Stream ist ein knapp 8 Mrd. Euro teures Projekt, mit dem sich Europa aus der Abhängigkeit von russischem Gas lösen will. Mit Nabucco soll der Rohstoff aus Aserbaidschan und Zentralasien über die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich geliefert werden. Der österreichische Versorger OMV ist an dem in Wien ansässigen Konsortium beteiligt.
Der deutsche Energiekonzern RWE mischt ebenfalls mit, genauso wie Versorger aus der Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Erstes Gas soll 2015 durch die 3300 Kilometer lange Leitung strömen. Das Volumen soll letztlich auf bis zu 31 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr aufgestockt werden. Über die Lieferverträge mit Aserbaidschan, Turkmenistan und dem Irak wird noch verhandelt.
Ostsee-Pipeline Nord Stream
Die 7,4 Mrd. Euro teure Leitung soll jährlich bis zu 55 Mrd. Kubikmeter Gas über 1224 Kilometer vom russischen Wyborg nach Greifswald transportieren. Dahinter steht das Nord-Stream-Konsortium, als dessen Aufsichtsratschef Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder auftritt. Auch an der Ostsee-Pipeline ist die BASF-Tochter Wintershall beteiligt.
Eon Ruhrgas und GDF Suez aus Frankreich sind ebenfalls Nord-Stream-Partner. Die mehrheitlich von Gazprom getragene Pipeline soll - wie South Stream - die Abhängigkeit von Transitländern wie der Ukraine beim Gasexport verringern. Erstes Gas soll Ende 2011 strömen, Ende 2012 soll die Leitung ihre volle Leistung entfalten.
Interconnector Turkey-Greece-Italy (ITGI)
Diese Pipeline ist eine Ergänzung einer bestehenden Verbindung, die bereits Gas von Aserbaidschan in die Türkei und nach Griechenland liefert. Das Projekt kostet 1,25 Mrd. Euro und soll 2015 fertiggestellt werden. Die Röhre soll um ein noch fehlendes Stück zwischen Griechenland und Italien ergänzt werden.
Trans Adriatic Pipeline (TAP)
Bei diesem Projekt, an dem unter anderem E.ON Ruhrgas beteiligt ist, soll kaspisches Gas über Griechenland und Albanien nach Italien geliefert werden. Federführend ist Edison aus Italien.
Quelle: ntv.de, dpa/rts