Anschläge sinken, Exporte steigen Wirtschaft kehrt in den Irak zurück
03.03.2010, 12:09 Uhr
Ölraffinerie in Baiji
(Foto: picture alliance / dpa)
Die sinkende Zahl von Anschlägen und Entführungen verleiten deutsche Firmen dazu, wieder Geschäfte im Irak zu machen. Doch es gibt noch viele ungeklärte Fragen.
Angesichts der sinkenden Zahl von Anschlägen und Entführungen im Irak beginnt die Scheu deutscher Unternehmen vor Geschäften mit dem Golfstaat zu schwinden. "Die deutsche Wirtschaft, die auf ein langes und erfolgreiches Engagement zwischen Euphrat und Tigris zurückblickt, kehrt zurück", sagt der Nahost-Experte des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Felix Neugart. Von der Parlamentswahl im Irak am 7. März erhofft er sich weitere Impulse: "Ich glaube, dass die Wahlen ein wichtiger Meilenstein sind."
Noch gebe es aber eine ganze Reihe ungeklärter Fragen für die Wirtschaft, warnt der Experte. "Wenn die Wahlen eine stabile Regierung bringen, gibt es die Chance, da voranzukommen." Experten bezweifeln jedoch, dass Ministerpräsident Nuri al-Maliki oder einer seiner Herausforderer eine klare Mehrheit für ihre jeweiligen Wahlbündnisse erringen können. Wahrscheinlicher sei, dass dem Land ein wochen- oder gar monatelanges Tauziehen um die Bildung einer stabilen Regierung bevorsteht.
Deutsche Exporte um 90 Prozent gestiegen
Die deutschen Exporte in den Irak stiegen nach Angaben Neugarts im vergangenen Jahr um mehr als 90 Prozent auf 580 Millionen Euro. Allerdings rangiert das langjährige Krisenland damit immer noch auf den hinteren Rängen der Liste deutscher Exportpartner. "Verglichen mit den 80er Jahren, als wir umgerechnet vier Milliarden Euro Exporte hatten, ist der derzeitige Stand relativ gering."
Auch an den Rahmenbedingungen könne noch manches verbessert werden. "Wir brauchen im Irak ein Umfeld, in dem auch für den breiten Mittelstand Geschäfte möglich sind - und da gibt es noch einiges zu tun." Andererseits sei in jüngster Zeit vieles einfacher und besser für die Unternehmen geworden, etwa bei den staatlichen Hermes-Deckungen für Exportkredite im Kurzfristgeschäft. Die Bundesregierung könne allerdings noch mehr tun, mahnt Neugart. So müsse die Förderung des deutschen Wirtschaftsbüros in Bagdad und Erbil über das laufende Jahr hinaus gesichert und die Visa-Vergabe für irakische Geschäftsleute erleichtert werden. Auch gelte es, die Fördermöglichkeiten für die Außenwirtschaft auszubauen.
Land mit Potenzialen
Überbordend ist der deutsch-irakische Wirtschaftsverkehr derzeit nicht: In den aktuellen Nachrichten der Arabisch-deutschen Industrie- und Handelskammer (Ghorfa) taucht das Land nur sporadisch auf. Dabei hat das Land enorme Potenziale. Der Irak sitzt auf riesigen Erdölreserven und hat sich seit Ende 2009 mit der Vergabe einiger großer Förderlizenzen an ausländische Konzerne dem internationalen Energiemarkt geöffnet. 170 Milliarden Euro will die irakische Regierung in den kommenden Jahren investieren, um die Ölförderung auszubauen. Die EU bereitet derzeit bereits eine "strategische Energiepartnerschaft" mit dem Land vor.
Der Besuchsverkehr zwischen Wirtschaftsdelegationen beider Länder funktioniert inzwischen wieder, könnte aber intensiviert werden. Voraussetzung dafür wäre vor allem innere Stabilität und Sicherheit - und in dieser Hinsicht verheißt ein Blick auf die Internetseite der deutschen Botschaft im Irak nichts Gutes. "Achtung: Die Botschaft Bagdad ist für den Besucherverkehr geschlossen", heißt es dort in roter Schrift. Gleich darunter prangt der Hinweis: "Vor Reisen in den Irak wird gewarnt."
Immerhin unterzeichnete Ende Januar der deutsche Autokonzern Daimler ein Kooperationsabkommen in Bagdad. Dagegen gibt es bei den deutschen Importen aus dem Irak noch viel Luft nach oben. Mit rund 86 Millionen Euro lagen sie im vergangenen Jahr um satte 50 Millionen Euro unter dem Vorjahresvolumen.
Quelle: ntv.de, Gernot Heller, rts