Wirtschaft

Umstrittene Börsensteuer Worum geht es?

Viele Köche verderben auch manchmal den Brei.

Viele Köche verderben auch manchmal den Brei.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Die für die Europäische Union angedachte Steuer auf Finanzgeschäfte ist und bleibt umstritten. Die Meinungsunterschiede zeigen sich auch bei den Beratungen der EU-Finanzminister in Brüssel. Aber worüber wird bei der Steuer eigentlich gestritten? Wer ist dafür und wer dagegen?

Worüber wird diskutiert?

Die EU-Kommission hat einen Vorschlag gemacht für eine Abgabe  auf Geschäfte zwischen professionellen Finanzinstituten wie Banken,  Versicherungen oder Investmentfonds. Ausgenommen sind Unternehmen  und Privathaushalte. Sie soll zu Jahresbeginn 2014 in Kraft treten  und für Geschäfte mit Aktien und Anleihen 0,1 Prozent betragen. Den  spekulativen Derivatehandel will die EU-Kommission mit einer Steuer  in Höhe von 0,01 Prozent belegen. Die Brüsseler Behörde rechnet mit  Erlösen in Höhe von rund 57 Milliarden Euro im Jahr. Eine EU-weite  Steuer kann nur einstimmig eingeführt werden.

Wer ist dagegen?

Großbritannien und Schweden führen die Kritiker der umstrittenen  Abgabe an. Schweden hat mit einer solchen Steuer in der  Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht und sie wieder  abgeschafft. Die britische Regierung sperrt sich gegen die Abgabe,  solange sie nicht weltweit eingeführt wird. Sie befürchtet, dass  der für die Wirtschaft des Landes außerordentlich wichtige  Handelsplatz London im Wettbewerb mit Börsen wie New York oder  Hongkong ins Hintertreffen gerät und Finanzunternehmen abwandern.

Wer befürwortet die Steuer?

Ganz besonders Deutschland und Frankreich, sie haben eine Gruppe  von sieben weiteren Euro-Ländern um sich gescharrt. Die neun Länder  haben in einem Brief an die dänische EU-Ratspräsidentschaft die  Einführung der Steuer gefordert, um einen «gerechten Beitrag» des  Finanzsektors zu den Kosten der Finanzkrise zu gewährleisten.  Frankreichs will ab August im Alleingang eine  Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,1 Prozent einführen.

Wie sieht eine mögliche Lösung aus?

Damit Finanzunternehmen die Abgabe nicht als Grund nehmen, ihren Sitz in ein Land außerhalb der EU zu verlegen, soll dem  Kommissionsvorschlag zufolge ein Standort-Prinzip gelten. Demnach  wird die Steuer auch erhoben, wenn von Auftraggeber und  durchführendem Finanzinstitut mindestens einer seinen Sitz in der  EU hat, auch wenn das Geschäft außerhalb der EU abgewickelt wird.  Doch Schweden und Großbritannien kritisieren aber auch, dass die Abgabe das Wirtschaftswachstum hemmt - und das gerade in Zeiten der  Krise.

 Und wenn die Steuer nicht in der gesamten EU gilt?

 Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich in der  Vergangenheit mehrfach dafür aus, die Steuer ohne Blockierer wie  Großbritannien und Schweden allein für die Eurozone einzuführen.  Doch auch Euro-Länder wie Luxemburg, Irland und die Niederlande  haben EU-Diplomaten zufolge Bedenken. Eine weitere Möglichkeit ist  aber eine «verstärkte Zusammenarbeit": Den EU-Verträgen zufolge  können neun oder mehr Mitgliedsländer ein Vorhaben auf eigene Faust  vorantreiben. Genau neun Länder haben den Brief an die dänische  Ratspräsidentschaft unterzeichnet.

Wie ist der Diskussionsstand in Deutschland?

In der Regierungskoalition ist die Steuer ein heikles Thema. Die  FDP lehnt ganz besonders eine Abgabe ab, wenn sie nicht EU-weit gilt. Die SPD will ihre Zustimmung im Bundestag zum europäischen Fiskalpakt von der Einführung einer solchen Steuer abhängig zu  machen. Der FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing kritisierte dies und  warnte, die Kosten würden von den Banken an ihre Kunden  weitergegeben. «Dass die Finanztransaktionssteuer vor allem die  Kleinanleger trifft, ist ein Märchen», erklärte hingegen die  Hilfsorganisation Oxfam. Erst bei hohen Summen oder sehr häufigem  Handeln seien Belastungen spürbar.

Quelle: ntv.de, AFP

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