Wirtschaft

Konjunkturfrühling im Herbst? ZEW-Index zieht deutlich an

In Deutschland steigt die Zuversicht: Die grö0te Volkswirtschaft der Eurozone nimmt Fahrt auf.

In Deutschland steigt die Zuversicht: Die grö0te Volkswirtschaft der Eurozone nimmt Fahrt auf.

(Foto: Reuters)

Finanzmarktprofis trauen Deutschland offenbar eine starke zweite Jahreshälfte zu: Der ZEW-Index des Mannheimer Instituts für Europäische Wirtschaftsforschung steigt im August um volle zwei Punkte mehr als erwartet. Eurostat liefert prompt einen Beleg: In der Eurozone legt die Industrieproduktion zu.

Die Konjunkturerwartungen von Finanzexperten und institutionellen Anlegern in Deutschland sind im August auf den höchsten Stand seit März 2013 gestiegen. Das Stimmungsbarometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zur künftigen Konjunkturentwicklung kletterte auf 42,0 Punkte. Im Vorfeld befragte Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Anstieg auf plus 40,0 Zähler gerechnet. Im Vormonat hatte der ZEW-Index ein Niveau von plus 36,3 Zähler erreicht.

Eine Notierung im positiven Bereich zeigt an, dass die Mehrheit der Befragten Finanzmarktprofis eine positive Konjunkturentwicklung voraussieht. Das ZEW-Barometer, das diesmal auf einer Umfrage unter 252 Analysten und institutionellen Anlegern beruht, gilt als Indikator für die Entwicklung der Wirtschaft in den kommenden sechs Monaten.

"Den zunehmenden Konjunkturoptimismus halten wir für gerechtfertigt", fasste Postbank-Ökonom Heinrich Bayer seine Eindrücke zusammen. "Zuletzt haben sich die sowohl die harten Konjunkturdaten als auch die Stimmungsindikatoren für Deutschland und die EWU verbessert, so dass sich die ZEW-Umfrage nahtlos in diese Serie einreiht."

Ralph Solveen von der Commerzbank blickte skeptischer auf die Entwicklung: "Angesichts seiner großen Volatilität ändert dies nichts daran, dass sich der ZEW-Indikator auf einem Niveau seitwärts bewegt, das eine gewisse Zuversicht der befragten Analysten signalisiert. Eine Euphorie in Hinblick auf die Konjunkturaussichten gibt es allerdings nicht, wofür trotz des wohl kräftigen Wachstums im zweiten Quartal auch kein Anlass besteht."

Uwe Dürkop von der Landesbank Berlin dämpfte die Erwartungen. "Mit Blick auf das ZEW-Barometer für Deutschland ist das ein kleiner positiver Akzent", sagte der LBVB-Ökonom. "Wir haben schon recht viel positive Nachrichten aus der Eurozone bekommen und rechnen mit einem Anstieg des BIP von 0,2 Prozent im zweiten Quartal. Die deutsche Wirtschaft dürfte um 0,6 Prozent gewachsen sein. Insgesamt ist da aber vielleicht schon ein bisschen viel Optimismus im Spiel. Ich würde für den ZEW-Indikator in den nächsten Monaten eher wieder ein paar Rückschlage erwarten."

Die ZEW-Experten selbst führtem den Indexanstieg unter anderem auf die Tatsache zurück, "dass sich in wichtigen Staaten der Eurozone ein Ende der Rezession abzuzeichnen scheint". Der Index der Lagebeurteilung stieg im Juli auf 18,3 Punkte von 10,6. Erwartet worden war lediglich ein Anstieg auf 12,0 Zähler. Die Konjunkturerwartungen für die Eurozone erhöhten im August um 11,2 Punkte auf 44,0. Der Indikator für die aktuelle Konjunkturlage im Euroraum erhöhte sich um 0,6 Zähler auf minus 74,1 Punkte.

Eurostat meldet mehr Ausstoß

Einen konkreten Beleg für die wirtschaftliche Lage im gemeinsamen Währungsgebiet steuert unterdessen die Europäische Statistikbehörde Eurostat bei: Die Industrieproduktion in der Eurozone hat sich im Juni unter anderem wegen der guten Entwicklung in Deutschland erwartungsgemäß erholt.

Vor allem bei Investitions- und Gebrauchsgütern wurde die Erzeugung gegenüber dem Vormonat wieder kräftig hochgefahren, nachdem sie im Mai verringert worden war. Die Produktion (ohne Bauwirtschaft) stieg den Eurostat-Daten zufolge gegenüber dem Vormonat um saisonbereinigt 0,7 Prozent. Volkswirte hatten einen Anstieg um 0,8 Prozent erwartet. Im Mai war die Industrieproduktion auf Monatssicht nach revidierten Angaben um 0,2 Prozent gesunken. Vorläufig war ein Minus von 0,3 Prozent berichtet worden. Auch im Vergleich zum Vorjahresmonat legte die Industrieproduktion im Juni zu, und zwar um 0,3 Prozent. Ökonomen hatten ein Minus von 1,3 Prozent prognostiziert. Im Mai war sie auf Jahressicht noch um 1,3 Prozent gesunken.

Die Eurozone kommt in Fahrt

Im zweiten Quartal legte die Produktion im Euroraum im Vergleich zum ersten Jahresviertel um 1,1 Prozent zu und wies damit den stärksten Quartalszuwachs seit dem Schlussquartal 2010 auf. Die Daten stützen die Erwartungen von Volkswirten, dass der Euroraum im zweiten Quartal die Rezession hinter sich gelassen hat. Für das zweite Jahresviertel wird ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) innerhalb der Eurozone von 0,2 Prozent erwartet. Es wäre das erste Wachstum seit Ende 2011. Zwischen Januar und März war das BIP noch um 0,3 Prozent gesunken. Die entsprechenden Daten werden zur Wochenmitte veröffentlicht.

Im Juni erhöhte sich die Produktion von Investitionsgütern im Euroraum gegenüber dem Vormonat um 2,5 Prozent, die von Gebrauchsgütern um 4,9 Prozent. Die Herstellung von Vorleistungsgütern stieg um 0,5 Prozent. Dagegen ging die Produktion von Verbrauchsgütern um 0,6 Prozent und die Energieerzeugung um 1,6 Prozent zurück. Für Deutschland meldete Eurostat ein Produktionsplus von 2,5 Prozent im Monatsvergleich. Der höchste Anstieg wurde für Irland mit einem Plus von 8,7 Prozent berichtet. In Frankreich sank die Erzeugung dagegen um 1,5 Prozent.

Börsianer bleiben gelassen

Die Reaktionen am Aktienmarkt fielen trotz allem verhalten aus: Die guten Zahlen vom ZEW und der Industrieproduktion sichern Händlern zufolge die Kursgewinne am Aktienmarkt lediglich ab. "Für einen neuen Kursschub reichen sie vermutlich nicht", meinte ein Marktteilnehmer. Der ZEW sei überraschend stark gestiegen, die Industrieproduktion dagegen etwas langsamer als erwartet. Positiv fiel dagegen an den Börsen auf, dass die die Mai-Zahlen zur Industrieproduktion nach oben revidiert wurden.

In einer ersten Reaktion auf die Daten gab der Bund-Future nach auf ein neues Monats-Tief. Die nächsten Impulse werden von den US-Einzelhandelsumsätzen erwartet und am Mittwoch von den Zahlen zum deutschen und französischen Wirtschaftswachstum. Der Dax notierte kurz nach Bekanntgabe der Daten 0,9 Prozent fester bei 8432 Punkten.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts

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