Wirtschaft

Folge von Gesetzesänderung Zahl der Privatinsolvenzen fast verdoppelt

Die Befreiung von den Restschulden erfolgt neuerdings nach drei Jahren. Deshalb haben viele Schuldner die Privatinsolvenz hinausgezögert.

Die Befreiung von den Restschulden erfolgt neuerdings nach drei Jahren. Deshalb haben viele Schuldner die Privatinsolvenz hinausgezögert.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Im Vergleich zum Vorjahr gehen 2021 nahezu doppelt so viele Menschen finanziell in die Knie - insgesamt knapp 110.000 melden Privatinsolvenz an. Grund für den sprunghaften Anstieg ist eine Gesetzesänderung. Aber auch die Pandemie hinterlässt ihre Spuren.

Die Zahl der Privatpleiten in Deutschland ist erstmals seit zehn Jahren wieder gestiegen und hat sich 2021 nahezu verdoppelt. Nach Daten der Wirtschaftsauskunftei CRIF gab es 109.031 Privatinsolvenzen, 93,6 Prozent mehr als 2020. CRIF-Geschäftsführer Frank Schlein führte dies vor allem auf eine Gesetzesänderung zurück, die viele Betroffene abgewartet hätten. In diesem Jahr werden nach seiner Einschätzung vor allem die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie viele Verbraucher in Bedrängnis bringen. CRIF hält daher bis zu 110.000 Privatpleiten für möglich.

Viele Menschen, die Einkommenseinbußen durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit erlitten hätten, hätten versucht, mit eigenen Rücklagen oder privat geliehenem Geld durchzuhalten. "Die finanziellen Reserven vieler Betroffener sind aufgebraucht. Dazu kommen die stetig steigenden Miet- und Energiepreise", sagte Schlein. "Daher gehen wir auch 2022 von weiter hohen Privatinsolvenzzahlen aus."

Im vergangenen Jahr spielte nach seinen Angaben vor allem eine Gesetzesänderung eine Rolle, wonach Verbraucher einfacher nach drei statt wie bisher nach sechs Jahren von ihren Restschulden befreit werden können. "Die Betroffenen wollten ... die angekündigte Reduzierung der Laufzeit des Verfahrens von sechs auf drei Jahre nutzen und stellten den Antrag folglich erst im Jahr 2021", erläuterte Schlein.

Bremen am stärksten betroffen

Auch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie hinterließen den Angaben zufolge erste Spuren. Bei vielen Arbeitnehmern und Selbstständigen, die während der Pandemie ihre Arbeit ganz oder teilweise verloren hätten, seien finanzielle Polster irgendwann aufgebraucht gewesen. Ohne milliardenschwere Hilfspakete des Staates hätte es wahrscheinlich noch mehr Privatinsolvenzen gegeben, vermutet die Auskunftei.

Steigende Zahlen wurden den Angaben zufolge im vergangenen Jahr in allen Bundesländern verzeichnet. In sieben Ländern haben sich die Privatinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr sogar mehr als verdoppelt. Allen voran in Hamburg (plus 135 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (plus 132,2 Prozent). Den geringsten Anstieg gab es in Sachsen-Anhalt mit einem Plus von 39 Prozent.

Gemessen an der Zahl der Einwohner war Bremen am stärksten betroffen mit 247 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner. Es folgten Niedersachsen mit 180 und Hamburg mit 172 Insolvenzfällen je 100.000 Einwohner. Am geringsten waren die Zahlen in Bayern (86), Baden-Württemberg (99) und Thüringen (109). Absolut gesehen standen die Flächenländer Nordrhein-Westfalen (27.263), Niedersachsen (14.384) und Bayern (11.345) an der Spitze der Insolvenzstatistik.

Quelle: ntv.de, jog/AFP

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